Mit Gegenentwurf

Kurz kontert Merkels und Macrons Milliarden-Plan

Politik
19.05.2020 22:07

Es regt sich ziemlicher Widerstand gegen die deutsch-französische Initiative für ein 500-Milliarden-Euro-Programm zur wirtschaftlichen Erholung der EU nach der Corona-Krise. Österreich, die Niederlande, Dänemark und Schweden pochen nämlich darauf, dass die EU rückzahlbare Kredite an betroffene Staaten vergibt und keine Zuschüsse aus dem gemeinsamen Haushalt. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat nun einen Gegenentwurf angekündigt.

„In den nächsten Tagen werden wir einen Vorschlag mit eigenen Ideen vorlegen. Wir glauben, dass es möglich ist, die europäische Wirtschaft anzukurbeln und dennoch eine Vergemeinschaftung der Schulden zu vermeiden“, meinte der Bundeskanzler am Dienstag gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Wie viele andere EU-Staaten sei man überrascht von dem Vorschlag von Merkel und Macron gewesen. „Es ist natürlich legitim, dass zwei Länder, noch dazu so große, etwas vorschlagen. Entschieden werden muss es aber unter allen Mitgliedstaaten der EU“, betonte Kurz.

Österreich sei bezüglich des Gegenvorschlags in Abstimmung mit den Niederlanden, Dänemark und Schweden, einer Gruppe von wirtschaftsstarken und sparsamen Ländern, „der wir uns zugehörig fühlen“, sagte Kurz. Auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bekräftigte am Dienstag die ablehnende Haltung Österreichs. „Die Finanzierung von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen lehnen wir nach wie vor ab. Es braucht Investitionen in die Zukunft statt Kostenabdeckung für die Schulden der Vergangenheit“, teilte Blümel mit.

Angst vor „Büchse der Pandora“ in Deutschland
Der Vorstoß ist aber selbst in Merkels Unionsfraktion umstritten. „Wir müssen sehr kritisch prüfen, ob damit nicht durch die Hintertür eine gesamtschuldnerische Haftung eingeführt werden soll“, sagte der CSU-Wirtschaftsexperte Hans Michelbach der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich halte das für falsch“, sagte auch der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch zu Reuters, der bereits seine Ablehnung ankündigte. „Zwar bedeutet der Plan keine gesamtschuldnerische Haftung, sondern ein quotale Haftung gemäß des Anteils an der EU-Wirtschaftskraft“, führte er aus. „Die Schaffung einer eigenständigen Verschuldungsoption der EU öffnet aber die Büchse der Pandora. Dies halte ich für grundfalsch und trage es deshalb nicht mit.“ Ablehnend äußerten sich auch der Wirtschaftsrat der CDU und die Mittelstandsvereinigung BVMW.

Scharfe Kritik kam zudem von der AfD. „Noch schneller als befürchtet ist die Kanzlerin wieder vor den Begehrlichkeiten Frankreichs und der überschuldeten Süd-Staaten in die Knie gegangen“, sagte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel zu Reuters. „Das ist ein Dammbruch, der das geltende Recht auf den Kopf stellt.“ FDP-Chef Christian Lindner warnte auf Twitter vor einem Einstieg in eine „Schuldenunion“.

Erstes Paket soll demnächst starten, aber einige Details noch offen
Wie viel Rückhalt der 500-Milliarden-Euro-Plan sonst im Kreis der 27 Länder hat, blieb aber offen. Kommissionsvize Dombrovskis begrüßte den Vorschlag und bekräftigte, dass die Kommission am 27. Mai ihr eigenes Konzept präsentieren werde. Danach brauche man rasch einen Kompromiss. „Die Zeit ist kurz, deshalb müssen wir uns schnell einigen“, sagte Dombrovskis.

Knapp zwei Wochen vor dem Start des bereits im April beschlossenen ersten EU-Pakets ist dieses auch noch nicht endgültig geschnürt. Beim geplanten Programm der Europäischen Investitionsbank für Unternehmenskredite seien noch Details offen, teilte Dombrovskis nach einer Videokonferenz der EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Dienstag mit. Er hofft auf eine „schnelle Einigung“.

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