Umstrittene Hilfe

Behörden greifen immer häufiger auf Google Earth zurück

Web
17.08.2010 10:53
Während Googles Ankündigung, seinen Street-View-Dienst noch heuer auch in Deutschland einzuführen, dort eine neue Datenschutzdebatte ausgelöst hat, gehören Geo-Dienste in anderen Ländern längst zum Alltag. Immer öfter greifen sogar Behörden auf das kostenlose Angebot im Internet zurück. Griechische Steuerfahnder nutzten die von Google bereitgestellten Satellitenbilder beispielsweise im Kampf gegen den Staatsbankrott: Sie durchsuchten Google-Earth-Aufnahmen nach nicht angemeldeten Swimmingpools und spürten so Steuersünder auf.

Um nicht zugelassene Schwimmbäder ging es den Behörden auch in der Stadt Riverhead im US-Bundesstaat New York. Mit Hilfe der Satellitenbilder konnten Sean Walter, Chef der Stadtverwaltung, und seine Beamten 250 nicht genehmigte Schwimmbäder ausfindig machen, 240 davon hätten sich daraufhin beim Bürgermeisteramt gemeldet und die Sicherheitszertifizierung nachgeholt.

Er sei ein Verfechter der Datenschutzrechte, sagte Walter, doch in diesem Fall habe er der Nutzung des Internetdienstes zugestimmt, um für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu sorgen. "Wir haben einen Angestellten bei der Stadt, der auch ein Freund von mir ist, dessen Sohn mit dem Gesicht nach unten im Pool gefunden wurde", erzählt er. "Es geht ihm gut, aber ich will an keiner Beerdigung eines Kindes teilnehmen, das in einem Pool ertrunken ist."

Angst vor "Big Brother"
Lillie Coney, Vizedirektorin des Electronic Privacy Information Centers, einer Organisation, die sich für eine Stärkung des Datenschutzes einsetzt, macht sich indes Sorgen darüber, dass Gemeinden die Satellitenbilder auch nutzen könnten, um andere Vergehen aufzudecken. "Es gibt eine Menge Verordnungen, bei denen sie angewendet werden könnten", sagt sie. Beispielsweise könnten Behörden in Kalifornien auf den Luftbildern prüfen, ob ein Hausbesitzer seine Büsche zu nah am Haus gepflanzt habe oder entgegen den Vorschriften sein altes Auto im Hof parke.

Donna Lieberman von der New Yorker Bürgerrechtsorganisation New York Civil Liberties Union (NYCLU) teilt ihre Vorbehalte. Es gebe andere Möglichkeiten, die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen, "ohne gleich Big Brother zu spielen". Selbst wenn solche Aktionen legal seien, sage einem das Bauchgefühl, dass eine freiheitliche Gesellschaft so nicht vorgehen dürfe.

Nicht für alle Ordnungshüter geeignet
Dabei sind die kostenlosen Dienste, wie sie von Google mit Earth und Maps angeboten werden oder Microsofts Bing Maps nicht für alle Ordnungshüter ein geeignetes Werkzeug. Google aktualisiert einige ausgewählte Bilder nur alle paar Wochen. Andere stehen jahrelang unverändert online.

Um Entwicklungen wie den illegalen Bau von Swimmingpools zu beobachten, benötige man aber häufiger neue Bilder, die dann mit älteren abgeglichen werden müssten, sagte Bill McCaffrey, Sprecher des Baudezernats der Stadt Chicago. Deshalb seien die Luftfotos nur ein Hilfswerkzeug. "Solange wir keine aktuelleren Fotos bekommen, verzichten wir auf deren Nutzung", erklärte McCaffrey.

Die Polizei könne durch die Dienste sicherstellen, dass sie eine Hausdurchsuchung auch auf dem richtigen Anwesen durchführe, verteidigt Joe Pollini, Professor am John Jay College of Criminal Justice, die Geo-Dienste im Web. "Für die meisten Dienststellen ist es ein Hilfsmittel vor einem Einsatz. An Ort und Stelle übernehmen ihre eigenen Flugzeuge die Luftüberwachung", so Pollini.

Bei Geheimdiensten sehr beliebt
Allerdings nutzen auch die US-Bundesbehörden Google. Die Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog erklärte, ihr lägen Dokumente vor, aus denen hervorgehe, dass die Bundespolizei FBI seit 2007 über 600.000 Dollar (470.000 Euro) im Zusammenhang mit Google Earth ausgegeben habe. Die Drogenfahnder der DEA sollen demnach über 67.000 Dollar (52.000 Euro) dafür ausgegeben haben. Nun hat Watchdog einen Antrag an den US-Kongress gestellt, der klären soll, auf welche Art Polizei und Geheimdienste Google nutzen.

Die Bürgerrechtsorganisation NYCLU klagte auf weitere Informationen über das Programm. "Wir leben in einer Welt, in der es immer heißt, dass Kameras die Sicherheit erhöhen", sagt Lieberman. "Das klingt zwar gut, ist aber eine unbewiesene Annahme. Es gibt keine Beweise dafür, dass das stimmt."

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