Abberufung gefordert

E-Mails bringen Justiz-Sektionschef in Bedrängnis

Politik
16.05.2020 15:56

Ein jüngst aufgetauchter E-Mail-Verkehr zwischen dem Leiter der Sektion Strafrecht im Justizministerium und dem Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, bei dem es um „eine nachhaltige Lösung“ des „Problems“ Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaf ging, hat zu lautstarken Forderungen nach personellen Konsequenzen an der Spitze der Justiz geführt. Für die Opposition ist Sektionsleiter Christian Pilnacek nach seinen nächtlichen Mails aus dem Vorjahr, als der Konflikt um die Eurofighter-Ermittlungen hochkochte, untragbar geworden. Die grüne Justizministerin Alma Zadic müsse nun die Vertragsverlängerung des Spitzenbeamten verweigern, fordern die FPÖ und die NEOS.

Aber worin bestand das „Problem“ Korruptionsstatsanwaltschaft? Wenige Stunden davor hatte deren Leiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda in einem ORF-Interview schwere Vorwürfe gegen Pilnacek und den Leitenden Oberstaatsanwalt Johann Fuchs erhoben. Die beiden hätten das Eurofighter-Verfahren abgewürgt, so Vrabl-Sanda. Laut dem Nachrichtenmagazin „profil“, das sich auf Screenshots beruft, habe daraufhin Fuchs geschrieben, der WKStA gehe es vor allem um die „Verteidigung der Komfortzone möglichst ohne Einflussmöglichkeit der Dienst- und Fachaufsicht“. Er habe eine „Reaktion auf die Grenzüberschreitungen“ der Behörde gefordert. Es bedürfe „gemeinsamer Strategien“, um dieses „sich ständig aufbauende Problem nachhaltig zu lösen“.

Pilnacek: „Die Leistungen der WKStA hinterfragen“
Pilnacek habe die damals eben erst anlaufende Mediation per Mail als „gescheitert“ bezeichnet, den mangelnden „Flankenschutz“ aus den eigenen Reihen beklagt und gefordert: „Ich denke, man muss jetzt aktive und breite Öffentlichkeitsarbeit betreiben und insgesamt die Leistungen der WKStA hinterfragen.“ Auf „profil“-Anfrage verwies Pilnacek darauf, dass er seine Mails „in dieser Angelegenheit gelöscht“ habe und daher „die Inhalte im Detail nicht mehr nachvollziehen“ könne. Inzwischen sei die Mediation erfolgreich absolviert worden.

FPÖ: „Pilnacek Exekutor türkiser Parteipolitik“
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sieht nun einen neuen, „nicht für möglich gehaltener Tiefpunkt in der österreichischen Rechts- und Justizgeschichte“ erreicht. Er erinnert auch an den Angriff von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gegen die WKStA: „So manches erscheint da plötzlich in einem ganz neuen, anderen Licht und es erhärten sich einmal mehr Hinweise, dass es sich bei Christian Pilnacek um den Exekutor türkiser parteipolitischer Anliegen und Wünsche an die Justiz handelt, welche offensichtlich die ÖVP-Hierachie bis ganz hinauf zum Kanzler selbst geäußert und sogleich auch deren Umsetzung besprochen wird.“

NEOS: „Pilnacek hält seine Hand schützend über die ÖVP“
Dass Pilnacek seine Hand schützend über die ÖVP halte, werde mit jedem Tag klarer, meint auch Stephanie Krisper von den NEOS. Dazu passe, dass dem Ibiza-Untersuchungsausschuss weiterhin unzählige Aktenteile fehlten. Zadic müsse die Reißleine ziehen. „An einer Enthebung Pilnaceks aus seinem Amt führt in Anbetracht der zahlreichen Verfehlungen jetzt kein Weg mehr vorbei“, fordert Krisper. Nun müsse Jusitzministerin Zadic bis Ende Mai entscheiden, ob der Vertrag Pilnaceks verlängert oder die Position neu ausgeschrieben wird, meinen sowohl FPÖ als auch NEOS.

SPÖ will unabhängigen Bundesstaatsanwalt
Die SPÖ fordert gar die Einsetzung eines weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalts. „Es scheint bis in die Kreise der Regierung den dringenden Wunsch zu geben, die Aufdeckungen dieser Behörde flachzuhalten oder zu verunmöglichen“, meint SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim.

Statt weiterer Diskreditierungen benötige die WKStA finanzielle und personelle Stärkung sowie die Garantie einer unabhängigen Ermittlungstätigkeit.

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