Fall Ashtiani

Iran: Empörung über “Beichte” im Staatsfernsehen

Ausland
12.08.2010 11:52
Das iranische Staatsfernsehen hat eine öffentliche "Beichte" der zum Tode durch Steinigung verurteilten Sakineh Mohammadi Ashtiani ausgestrahlt. Darin gesteht die Frau Ehebruch und eine Verwicklung in die Ermordung ihres Mannes. Ihr Anwalt behauptet jedoch, sie sei durch Folter zu den Aussagen gezwungen worden. Die TV-Sendung hat internationale Empörung ausgelöst. Asthianis Unterstützer befürchten, dass die Behörden nun eine baldige Vollstreckung des Todesurteils planen.

Den Angaben zufolge legte Ashtiani mit zittriger Stimme im staatlichen iranischen Fernsehen ein Geständnis ab. In ihrer Muttersprache Azeri - einer Turksprache - gab die 43-Jährige den ihr vorgeworfenen Ehebruch und auch die Verwicklung in die Ermordung ihres Mannes durch ihren angeblichen Liebhaber, ihren Cousin, zu.

"Im Gefängnis geschlagen und gefoltert"
Ihr jetziger Rechtsanwalt Houtan Kian sagte CNN, seine Mandantin sei zuvor im Gefängnis "schwer geschlagen und gefoltert" worden, bevor sie sich schließlich zu dem Auftritt in der Sendung bereit erklärt habe. Ihre beiden 22- und 17-jährigen Kinder seien durch das Interview traumatisiert, berichtete der Verteidiger.

Amnesty International verurteilte den Auftritt der zweifachen Mutter in der TV-Sendung. Durch die "sogenannte Beichte" der Frau im Fernsehen sei die angebliche Unabhängigkeit der Justiz im Iran "zerfetzt" worden, wird die Menschenrechtsorganisation in der britischen Zeitung "Guardian" zitiert. Sie hätte bereits zuvor 99 Peitschenhiebe als Strafe erhalten.

Steinigung auf westlichen Druck ausgesetzt
Sakineh Mohammadi Ashtiani wurde von einem iranischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt - wegen angeblichen Ehebruchs und zusätzlich wegen Mordes an ihrem Ehemann im Jahr 2006. Ihre beiden erwachsenen Kinder bestreiten, dass sie sich überhaupt einer Straftat schuldig gemacht hat.

Der Fall der zweifachen Mutter hatte in der westlichen Welt für heftige Kritik gesorgt. Der Chef der iranischen Justizbehörden setzte die Steinigung daraufhin Mitte Juli vorerst aus, sie wurde inzwischen in eine Hinrichtung durch Erhängen umgewandelt. Dessen ungeachtet wurde gegen ihren damaligen Anwalt Mohammad Mostafaei Ende Juli Haftbefehl erlassen. Dieser ist mittlerweile nach Oslo geflohen.

Mord angeblich durch Stromschlag
In dem Interview sagte Ashtiani nun, sie habe die Ankündigung ihres Cousins, ihren Ehemann zu ermorden, zunächst für einen Witz gehalten. "Er trat in mein Leben, umgarnte mich mit seinen Worten und sagte: 'Ich bringe ihn für dich um, er ist so ein schlechter Mann. Ich kümmere mich um dich'", sagte sie.

Später habe sie gesehen, dass ihr Cousin elektronisches Zubehör gekauft habe - und dann habe er ihren Mann durch einen Stromschlag umgebracht. Sie sei bei dem Mord selbst zugegen gewesen. "Er kündigte es mir vorher an, damit ich meine Kinder zu ihrer Großmutter schicken konnte."

Unterstützer befürchten nun baldige Vollstreckung
Ashtianis Anwalt Kian befürchtet nun, dass die Behörden eine schnelle Vollstreckung des Todesurteils anstreben. In dem mutmaßlich erzwungenen Interview erhob die Iranerin auch Vorwürfe gegen ihren früheren Anwalt. Mohammed Mostafaei warf sie vor, ihren Fall überhaupt öffentlich gemacht zu haben. Der Verteidiger habe "in ihrem Namen gelogen", sagte sie im iranischen Staats-TV. Für Mostafaei steht allerdings fest, dass seine frühere Mandantin diese Aussage nur machte, "um ihr Leben zu retten".

Und auch die Tatsache, dass die Iranerin vor laufender Kamera den Vorwurf an westliche Medien richtete, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen, werteten Beobachter als Hinweis auf eine Aussage unter Zwang.

Das Interview wurde ausgestrahlt, nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton sich besorgt über das Schicksal der Frau geäußert hatte. Ihr Sprecher hatte angekündigt, das Thema Menschenrechtsverletzungen im Iran werde nun auch bei den Verhandlungen mit der Regierung in Teheran über das umstrittene Atomprogramm zur Sprache kommen.

Dass Ashtiani zu dem Auftritt gezwungen wurde, steht auch für Mina Ahadi vom "Komitee gegen Steinigung" fest: Es sei nicht das erste Mal, dass der Iran ein unschuldiges Opfer dazu gebracht habe, eine Beichte im Fernsehen abzulegen, und diese als Grundlage für die Verhängung der Todesstrafe zu nutzen. Vor allem in den ersten zehn Jahren nach der Islamischen Revolution 1979 sei dies häufig vorgekommen.

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