Tourismus-Chef:

„Arlberg ist nicht die Chinesische Mauer, aber…“

Vorarlberg
04.05.2020 09:05

Vorarlberg Tourismus-Geschäftsführer Christian Schützinger über Grenzöffnungen, aktuelle Dilemmas, Stammgäste, Flexibilität, neues Durchatmen und warum es wichtig ist, in Zukunft auch das „Exotische“ zu betonen.

Ostern 2020 war, bedingt durch die Corona-Krise, für den Vorarlberger Tourismus ein absolutes Null-Geschäft. Auch Pfingsten fällt (noch) ins Wasser. Dennoch wagt der Landestourismusdirektor auch einen positiven Ausblick in Richtung der kommenden Monate.

Herr Schützinger, ist der Sommer für den Vorarlberger Tourismus gelaufen, kommt die Wiedereröffnung der Hotellerie am 29. Mai zu spät?

Natürlich verlieren wir bereits einen Teil der Vorsaison. Das bedeutet, dass wichtige Einnahmen in der Kasse fehlen. Zu spät ist es nicht, es braucht aber ein sehr flexibles Konzept der Unternehmer.

Was heißt das konkret?

Die Betriebe werden noch besser und deutlicher überlegen, ob es sich für sie lohnt, bereits am 29. Mai aufzusperren. Es muss wieder Personal eingestellt werden, das zuvor in die Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit geschickt wurde, jedoch ohne zu wissen ob - besonders in Anbetracht der geschlossenen Grenzen zu Deutschland und der Schweiz - überhaupt Gäste kommen. Wir dürfen schon damit rechnen, dass wir eine stärkere Nachfrage aus Österreich haben werden, aber damit können wir natürlich unsere üblichen Gästezahlen nicht ersetzen. Hier stecken die Unternehmen tatsächlich in einem Dilemma.

Viele Österreicher können aktuell gar keinen Urlaub im eigenen Land buchen, da freie Kapazitäten fehlen...

Das ist ein sehr gutes Beispiel für dieses Dilemma: Wir haben eine durchaus akzeptabel gebuchte Sommersaison - vor Beginn der Corona-Krise. Zwar gab es jetzt einige Stornierungen, aber definitiv keine Storno-Welle. Viele Menschen, die ihren Sommerurlaub langfristig gebucht haben, sind Stammgäste. Die warten sehnsüchtig darauf, anreisen zu können. Da ist oftmals eine sehr enge Bindung zu den Gastgebern da. Das ist für die Betriebe aber doppelt schwierig, da jetzt auch Anfragen von neuen österreichischen Gästen kommen, die Betten aber eigentlich belegt sind. Stammgästen abzusagen ist eine sehr schwierige Entscheidung. Zumal man nicht weiß, wie sich die Sache mit den Grenzen entwickelt.

In Zukunft werden österreichische Gäste also eine wichtigere Rolle spielen. Für viele Ostösterreicher ist das Ländle, nicht nur geografisch gesprochen, immer noch sehr weit weg. Wie will man Gäste, etwa aus Wien oder Niederösterreich, ins Land holen?

Es geht genau um diese „Exotik“, darum, das eigene Land neu zu entdecken. Dieses Neue, dieses Exotische gilt es zu betonen. Da kann man dann durchaus damit kokettieren, dass es sich fast um einen anderen Kulturraum handelt. Der Arlberg ist jetzt zwar nicht die Chinesische Mauer, dennoch ist Vorarlberg für viele Österreicher ein unbekanntes Land. Genau das könnte jetzt vielleicht auch der Reiz sein. Wenn wir an die Zeit danach denken und alles ist gut, wäre es ein Ziel, dass das Bundesland Vorarlberg in Österreich für seine Qualitäten etwas bekannter ist und vielleicht auch das eine oder andere Klischeebild abgelöst werden kann.

Welche touristischen Werte werden in der kommenden Zeit besonders wichtig?

Es geht ums Durchatmen, dass wir uns aus den Zwängen, in denen wir uns aktuell befinden, befreien. Einen erfrischenden Blick in die Natur zu wagen - sich vielleicht auch den einen oder anderen Gedanken durch den Kopf gehen zu lassen nach dieser anstrengenden Zeit. Dazu braucht es die Ruhe. Die Weite. Gute, frische Luft. Es ist wohl auch eine Neuentdeckung für sich selbst.

In den nächsten Wochen soll die Entscheidung fallen, ob die Bregenzer Festspiele stattfinden. Wie schmerzhaft wäre eine Absage?

Das wäre auf jeden Fall ein harter Schlag. Aber auch hier spielen Grenzöffnungen eine entscheidende Rolle, da viele Festspielgäste aus dem Bodenseeraum, Stuttgart, der Ostschweiz kommen. Es braucht viel Mut und Zuversicht, damit wir in diesem Sommer die eine oder andere kulturelle Veranstaltung im Land anbieten können. Das ist schließlich auch ein wesentlicher Bestandteil für unsere Gäste. Das Zusammenwirken ist essenziell. Und wenn alle die Bücher zu machen, wird es dunkel!

Herr Schützinger, geben Sie uns abschließend einen positiven Ausblick auf den nächsten Winter...

Ich gebe Ihnen schon einen positiven Ausblick auf diesen Sommer. Ich glaube es wird doch eine beträchtliche Zahl an Unternehmen, an Veranstaltern geben, die sich mit der aktuellen Situation beschäftigen und genau diese Situation auch als Herausforderung sehen. Für den Winter bleiben auf jeden Fall die Grenzöffnungen ein zentrales Thema. Und: Wir können für uns sagen, dass wir uns nie als Ballermann-Region vermarktet haben. Das hat in der Vergangenheit zwar da und dort ein abschätziges Lächeln hervorgerufen. Aber vielleicht können wir daraus in der jetzigen Zeit sogar etwas Kraft mitnehmen.

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