75 Jahre Befreiung

Im KZ Mauthausen fanden 100.000 Menschen den Tod

Österreich
29.04.2020 11:41

Rund 200.000 Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs in das KZ Mauthausen oder in eines seiner 49 Nebenlager deportiert - rund die Hälfte davon überlebte das nicht. Das Lager in Oberösterreich war das größte und eines der gefürchtetsten Konzentrationslager auf dem Gebiet des heutigen Österreichs. Am 5. Mai 1945 befreiten US-Soldaten die Überlebenden. Seit 1946 organisieren Opferverbände in Mauthausen und an verschiedenen Außenlagern Gedenk- und Befreiungsfeiern, die heuer wegen der Covid-19-Pandemie aber ausfallen müssen.

Bereits wenige Monate nach dem „Anschluss“ Österreichs wurde im Sommer 1938 mit der Errichtung eines Männerlagers begonnen. Häftlinge sollten in den angrenzenden Granitsteinbrüchen als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden. Am 8. August trafen die ersten 300 Gefangenen aus dem KZ Dachau ein, die das Lager aufbauten. Im Dezember standen die ersten vier Baracken, knapp 1000 Häftlinge waren interniert. Die Tötungsmaschinerie nahm ihre Arbeit auf.

Leichen wurden in Krematorien verbrannt
100.000 Menschen wurden erschlagen, erhängt, erschossen, vergast oder starben an Hunger oder Misshandlungen. Die Leichen wurden in eigenen Krematorien verbrannt, vorher nahm man ihnen noch alles Wertvolle ab, sogar das Gold aus den Zähnen. Die Deportation nach Mauthausen bedeutete für viele schon von vornherein den Tod, trugen ihre Akten doch den Vermerk „RU“ für „Rückkehr unerwünscht“. Ihre Arbeitskraft sollte bis zur Erschöpfung ausgenutzt werden.

Ab 1941 wurden die meisten zur Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie herangezogen. Bis Kriegsende entstanden so immer mehr Außenlager, in denen die Arbeitssklaven schufteten, Mauthausen mit einer Gaskammer entwickelte sich zu einem Todeslager. Bis 1943 wurde das KZ als Lager der Stufe III mit den härtesten Haftbedingungen geführt.

Juden, Roma und Sinti besonders betroffen
Menschen aus nahezu allen europäischen Ländern, aber auch von außerhalb Europas wurden wegen ihrer politischen Tätigkeit, ihrer religiösen Überzeugung, ihrer Homosexualität, aus „rassischen Gründen“ oder als Kriegsgefangene in das oberösterreichische Lager deportiert. Besonders betroffen waren Juden, Roma und Sinti, aber auch Tschechen, Russen, republikanische Spanier. Viele wurden im Steinbruch über die berüchtigte Todesstiege (Bild unten) gestoßen.

Von US-Soldaten Anfang Mai befreit
Als es keinen Zweifel mehr gab, dass der Krieg verloren war, flohen in der Nacht auf den 3. Mai 1945 SS-Angehörige aus Mauthausen und die Wiener Feuerschutzpolizei übernahm die Bewachung des KZ. Zwei Tage später trafen Einheiten der US-Armee in Mauthausen ein, am 7. Mai schließlich wurde das Lager von der 11. Panzerdivision der Dritten US-Armee unter dem Kommando des Colonel Seibel übernommen. Dies war die letzte Befreiungsaktion der alliierten Soldaten. Wegen Seuchengefahr brannten sie einen Großteil des KZ ab.

Der ehemalige Lagerkommandant Franz Ziereis wurde noch im Mai von amerikanischen Soldaten aufgestöbert und erschossen, dem als „Doktor Tod“ oder „Schlächter von Mauthausen“ bekannten KZ-Arzt Aribert Heim gelang es, sich abzusetzen. 61 Angeklagte mussten sich 1946 in einem US-Militärprozess in Dachau verantworten. Der Großteil wurde zum Tod verurteilt und hingerichtet, die übrigen bekamen lebenslange Haftstrafen. Gegen wie viele Personen insgesamt Verfahren wegen der Verbrechen in Mauthausen eingeleitet wurden, ist unbekannt.

Seit 1949 ist das KZ eine Gedenkstätte
Der Kernbereich des ehemaligen KZ wurde 1947 von sowjetischen Besatzungsbehörden an die Republik Österreich übergeben. Seit 1949 ist er Gedenkstätte, 2003 wurde auf dem Areal der ehemaligen SS-Unterkünfte und Werkstätten noch ein Besucherzentrum eröffnet. Im vergangenen Jahr kamen knapp 290.000 Besucher nach Mauthausen, darunter mehr als 70.000 Schüler.

Wegen der Covid-19-Pandemie mussten heuer die offiziellen Gedenkveranstaltungen an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und an vielen Orten ehemaliger Nebenlager abgesagt werden. Das bedeutet aber nicht, dass der Befreiung der Konzentrationslager durch die Alliierten heuer weniger Beachtung geschenkt wird als in den vergangenen Jahren.

Individuelles Gedenken ab 4. Mai möglich
Im Gegenteil. Um am historischen Ort Menschen individuelles und stilles Gedenken zu ermöglichen, sind ab 4. Mai alle Außenbereiche der KZ-Gedenkstätte Mauthausen täglich wieder zugänglich. Diese Form des individuellen Gedenkens wird auch in den Außenbereichen der Gedenkstätten Gusen, Ebensee und Melk möglich sein.

Allerorts gelten selbstverständlich die vom Gesundheitsministerium vorgegebenen Verhaltensregeln im öffentlichen Raum in Zeiten des Coronavirus. Entscheidend ist ein ausreichender Sicherheitsabstand von zumindest einem Meter.

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