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Grubinger: Österreich muss Kulturmacht bleiben

Salzburg
26.04.2020 08:00

Österreich ist, auch aufgrund seiner Größe, keine Wirtschaftsmacht. Es ist auch keine Militärmacht. Ehrlicherweise sind wir auch keine Sportmacht. Aber Österreich ist eine Kulturmacht!

Dank großer Meister, meist in der glorreichen Vergangenheit vor 1938 verwurzelt, konnten wir die ganze Welt verzaubern. Wenn sie wildfremde Menschen an irgendeinem entlegenen Ort dieser Welt fragen, was sie mit Österreich verbinden würden, werden die österreichischen Künste eine Rolle spielen. In diesen Tagen und Wochen steht alles auf dem Spiel. Die Kulturnation Österreich steht vor einem Desaster.

Jetzt wird den Künstlerinnen und Künstlern dieses Landes ihre bis zur Selbstausbeutung gelebte Selbstständigkeit ohne Netz und doppelten Boden zum Verhängnis. Da ist keine Vertretung, kein Sprachrohr da. Stattdessen eine Kulturpolitik, die überfordert, uninformiert und desinteressiert zu sein scheint. Die verunglückte Pressekonferenz von Werner Kogler und Ulrike Lunacek war nur der sichtbare Beweis dessen, was in der Szene längst vermutet wurde.

Man muss tief in das Metier eintauchen wollen, um zu verstehen, was es jetzt dringend braucht. Denn während fast alle Branchen unseres Wirtschaftslebens einen Zeithorizont des „Hochfahrens“ haben, steht das Kunst- und Kulturleben still. Und so wird es bleiben. Daher muss in diesem Bereich schneller geholfen werden. Was könnte man tun?

Zuerst feststellen, woran es fehlt. Die Kunstszene ist verschiedenartig. Jede Sparte benötigt individuelle Lösungen. Ein Allheilmittel gibt es nicht. Wenn nach sechs Wochen Krise die verantwortliche Staatssekretärin immer noch fast jede Frage mit „Wir arbeiten an einer Lösung“ beantworten muss, dann läuft etwas falsch.

Da müssen Experten ran! Österreich hätte dafür Topleute. Sie könnten Lösungen erarbeiten. Sie kennen die Künstler und ihre Bedürfnisse, kennen die Häuser und ihre Infrastruktur, sind international vernetzt und meist selbst auch als Künstler aktiv.

Nehmen wir als Beispiel meinen Bereich: die Musik. Nur damit an dieser Stelle kein Missverständnis entsteht: Ich will für mich persönlich gar nichts. Dank dieser glücklichen Situation aber sehe ich es als meine Pflicht, für jene einzutreten, die jetzt schnelle Hilfe benötigen. Zunächst geht es darum, die akute Not zu lindern. Die bereits existierenden Hilfen sind träge, bürokratisch und unzureichend. Mein Vorschlag ist die radikale Version: ein fixes staatliches Einkommen für jene, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nun eine Art Berufsverbot haben. Selbstverständlich sollte das nicht nur für Künstler gelten, sondern für alle betroffenen Berufsgruppen. Diese Maßnahme startet am 15. Mai und endet mit dem Ende der Verordnung, die österreichweit das Veranstaltungsverbot regelt.

Begleitend dazu könnte man wissenschaftlich untersuchen, wie sich dieser neue Weg der sozialen Absicherung auf das Arbeitsleben jedes Einzelnen auswirkt. Das könnte Aufschluss geben, um politische Entscheidungen, die uns in den nächsten fünf bis zehn Jahren befassen werden, mit Erfahrungen zu bereichern. Will man diesen Weg nicht gehen, sollte der Staat als Veranstalter und Vermittler tätig werden. Künstler österreichweit an die Schulen schicken, neue Projekte im Digitalbereich ermöglichen, Steuerbefreiung für Projekte im Zuge dieser Programme gewährleisten, österreichweite Veranstaltungen im Rahmen der epidemiologischen Möglichkeiten veranstalten. Ein einzigartiges Investitionsprogramm der Kunstnation!

Dazu Planungssicherheit. Nichts ist giftiger als nicht zu wissen, wann Proben, Konzerte, Tourneen, Spezialprojekte stattfinden können. Also sollte man jetzt die Karten auf den Tisch legen und die Möglichkeiten bis zum Einsatz eines Impfstoffes offen artikulieren. Alles andere verursacht Unsicherheit und kostet die Institutionen Ressourcen und Geld.

Und noch ein Appell: Die angedachte Trennung von Profi- und Hobbymusikern ist Unsinn. Wir brauchen praxisbezogene Regeln, innerhalb derer Veranstaltungen möglich sind. Ein ausgeklügeltes Konzept in Verbindung mit einem hohen Anteil an Eigenverantwortung aller Besucher kann so vieles möglich machen. Nun sollten die kleinen Veranstalter zum Zug kommen. Sie können im Sommer jene Erfahrungswerte sammeln, die von den großen Kulturtankern genutzt werden können. Wenn Tourismusministerin Köstinger ausländische Urlauber zu uns locken will, werden wir etwas bieten müssen. Denn über allem steht die Kunst als verbindende Kraft, wir werden bald spüren, wie nötig wir sie haben. Wir Künstler könnten Lösungen erarbeiten, die einer Kulturmacht würdig sind.

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