Begleiter abgestürzt

Kaltenbrunner berichtet vom Drama am K2

Oberösterreich
07.08.2010 10:26
Nach dem Bergdrama am K2, bei dem der Begleiter der Bergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner am Freitag zu Tode kam, hat sich die 39-Jährige jetzt per Telefon in der Heimat gemeldet. Demnach stürzte der unangeseilte Schwede Fredrik Ericsson in die Tiefe, als er einen Haken einschlagen wollte und dabei den Halt verlor. Da eine Bergung zu gefährlich ist, soll sein Leichnam nun in den Bergen verbleiben.

Die tragischen Geschehnisse laut Kaltenbrunners deutschem Ehemann Ralf Dujmovits aus dem K2-Basislager in chronologischer Reihenfolge: "Um ca. 8.10 Uhr meldete sich Gerlinde mit Entsetzen: Fredrik sei an ihr vorbei gestürzt und sie steige sofort ab, um nach ihm zu schauen. Kurze Zeit später meldete sie sich wieder, dass sie nur einen der beiden Ski, die Fredrik mit sich trug, gefunden hätte. Wahrscheinlich sei Fredrik in Richtung der großen Flanke rechts des Aufstiegs von Lager III zur Schulter gestürzt. Bei der eingeschränkten Sicht sei nichts Genaueres zu erkennen gewesen." Ericsson habe beim unangeseilten Vorsteigen im tiefen Schnee an einer Felsinsel seitlich des Flaschenhalses zur Standplatzbereitung einen Haken einschlagen wollen, sei dabei wahrscheinlich "einfach weggerutscht" und habe sich nicht mehr abfangen konnte.

Der 35-jährige Ericsson stammte aus der Nähe der nordschwedischen Stadt Umea. Unmittelbar nach seiner Schulzeit wanderte er nach Norwegen aus, um dort als Skilehrer zu arbeiten. Sich selbst bezeichnete Ericsson in einem Interview mit dem "Västerbottens-Kuriren" im Dezember 2008 als waghalsig, aber nicht ohne Ängste: "Man ist schon unsicher und hat die ganze Zeit Angst. Oder jedenfalls oft. Wenn man das nicht ist, wird man vielleicht unvorsichtig", konstatierte er damals.

Unverletzte Kaltenbrunner auf dem Weg ins Basislager
Um 18.15 Uhr Ortszeit meldete sich die unverletzte Kaltenbrunner, der der K2-Gipfelsieg zum wiederholten Male verwehrt blieb, dann erneut via Satellitentelefon. Sie sei nun auf dem Weg ins Basislager, müsse aber aufgrund von Steinschlag, Seilriss und Standplatzausbrüchen noch zuwarten. Da die Bergung des verunglückten Schweden Ericsson überaus gefährlich geworden wäre, äußerte dessen Vater den Wunsch, seinen Sohn an "dieser Stelle mit Blick zu seinen Lieblingsbergen zu lassen", wie auf Kaltenbrunners Website vermeldet wurde.

Zwischenzeitlich war der russische Bergsteiger Yura Ermachek von der Schulter in Richtung Lager 3 abgestiegen und konnte die knapp 800 Meter hohe Flanke seitlich der Aufstiegsroute einsehen. Die dramatischen Berichte auf der Website: "Und tatsächlich konnte er etwa 400 Meter schräg horizontal aufwärts von Lager 3 auf 7.200 Metern Höhe den reglosen Körper von Fredrik und wahrscheinlich seinen Rucksack erkennen. Der sehr erfahrene Yura stieg noch weiter ab und überzeugte sich, dass eine Querung der riesigen Flanke hin zu Frederick mit extremen Risiken wie Schneebrettgefahr und Eisschlag verbunden wäre."

Skyrunner Stangl: "Gesundheit wichtiger als der Gipfel"
Wegen der abzusehenden Gefahr hatte ein anderer Begleiter Kaltenbrunners den Aufstieg bereits zuvor abgebrochen. Der steirische Skyrunner Christian Stangl war auf dem Weg zum Gipfel des K2. Nachdem es in der Nacht zu schneien begonnen hatte, entschloss sich der Bergsteiger am Freitag, ins Basislager zurückzukehren. Kurz nach 8 Uhr hatte sich Stangl via Satellitentelefon in der Heimat gemeldet und die Situation an Ort und Stelle geschildert: "Es schneit, die Lawinen gehen ab - und die relativ hohen Temperaturen lösen die Steine aus den Hängen. Wir hatten beim Aufstieg schon extrem viel Glück, dass uns kein Steinschlag erwischt hat - jetzt kehre ich um. Mir ist meine Gesundheit wichtiger als der Gipfel."

So schnell wie möglich packte er sein Zeug zusammen und machte sich auf den Rückweg ins Basislager. Anders als der Rest der Bergsteiger will Stangl noch am Berg bleiben. "Die meisten fahren heim, zwei Kasachen bleiben da", mit ihnen will er einen neuerlichen Aufstieg wagen. "Vielleicht geht es sich noch aus" - vorausgesetzt das Wetter passe.

Stangl war am K2 im August 2008 nur knapp einem Drama mit mehreren Toten entgangen. Wenn der Steirer und sein Kamerad Thomas Strausz damals eine Stunde früher aufgebrochen wären, hätte sie eine Eislawine mitgerissen.

Messner: "Höllisch gefährliche Angelegenheit"
Der K2, mit 8.611 Metern zweithöchster Gipfel der Erde, ist der "Horror-Berg". 80 Menschen mussten bisher bei Besteigungsversuchen ihr Leben lassen. Bergsteigerlegende Reinhold Messner bezeichnete den K2-Aufstieg am Freitag als eine "höllisch gefährliche Angelegenheit". "Die Engstelle zwischen Fels und senkrechtem Eisabbruch ist durch immer wieder herausbrechende Eisplatten gekennzeichnet", so Messner.

Für Kaltenbrunner sei der Tod des Kameraden natürlich ein tragisches Erlebnis und könne daher zum Abbruch des Versuches geführt haben. "Die Leiden, die sie jetzt zu ertragen hat, gehören aber zum Bergsteigen dazu", betonte der Südtiroler.

Wie es mit Kaltenbrunner nun weitergeht, war am Freitag noch völlig unklar. "Wichtig ist jetzt einmal, dass sie das Basislager erreicht", so ihre Pressesprecherin Kathrin Furtner. Weitere Pläne bezüglich des Abstiegs ins Tal und der Heimreise nach Österreich seien noch nicht geschmiedet. Man müsse außerdem damit rechnen, dass es dabei aufgrund der schweren Überflutungen in Pakistan zu Verzögerungen komme.

"Meine Welt brach zusammen"
Für besondere Anteilnahme sorgte die Todesnachricht in Ericssons Heimat Umea. Zahlreiche Poster kondolierten schon am Samstag via Internet der Familie und den Freunden von "Frippe", wie sein Spitzname im Freundes- und Bekanntenkreis lautete.

Die Todesnachricht auf der persönlichen Homepage Ericssons schrieb sein Freund David Schipper, der schon davor einen Großteil der Blogs über die Expedition auf Basis von Satellitentelefonaten mit dem Schweden geschrieben hatte: "Ich wurde heute frühmorgens von einem Anruf der Freundin von Trey (Cook, einem der Bergkameraden Ericssons, Anm.) geweckt. 'Frippe ist tot.' Meine Welt brach zusammen."

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