Flut im Kaschmir

In Indien vermisste Österreicher “wohlauf”

Ausland
07.08.2010 10:47
Die Hochwasserkatastrophe in Pakistan hat sich auf das Nachbarland Indien ausgeweitet. In Kashmir kamen am Freitag mindestens 130 Menschen ums Leben, 400 wurden verletzt. Sturzfluten zerstörten die Stadt Leh in der Himalaja-Region, wo sich auch eine österreichische Trekking-Gruppe aufhielt. Am Samstag gelang es der Botschaft in Neu Delhi, Kontakt zu den Touristen aufzunehmen. "Alle sind glücklicherweise wohlauf, es geht ihnen den Umständen entsprechend gut", freute sich Außenamtssprecher Harald Stranzl.

Neben der zunächst vermissten Trekkinggruppe, die offenbar ihre Tour an Ort und Stelle bei einem lokalen Anbieter gebucht hat, sind noch weitere neun Reisegruppen mit rund 90 Personen, darunter 60 bis 70 Prozent Österreicher, in Ladakh unterwegs. Laut Christian Hlade, Leiter des heimischen Veranstalters "Weltweitwandern", konnte auch zu diesen Kontakt aufgenommen werden. Sie seien nach allen vorliegenden Informationen ebenfalls wohlauf.

Der nach eigenen Angaben größte deutschsprachige Reiseveranstalter für diese Region unterstrich, dass es normal sei, dass man Bergwanderer nicht so schnell telefonisch erreichen kann. Derzeit sei in Ladakh Hochsaison für Trekkinggruppen, die entweder Tagestouren von festen Quartieren aus unternehmen oder im anderen Extremfall drei Wochen mit dem Zelt in diesem Himalaya-Gebiet unterwegs sind.

"Noch nicht alle Gesuchten gefunden"
"Es gelingt uns laufend, Kontakt zu weiteren Österreichern in der Region aufzunehmen, aber wir sind noch nicht ganz am Ziel. Wir haben noch nicht alle Gesuchten gefunden", erklärte Außenamtssprecher Stranzl. Laufend würden sich Angehörige melden, die ihre Lieben im Hochwassergebiet in Kaschmir vermuten.

Inzwischen wurde in Leh ein "Sammellager" eingerichtet, wohin sich die Österreicher wenden können, um dort bis zu einer möglichen Evakuierung der Europäer betreut zu werden. Eine Hotline für Angehörige in Österreich wurde unter der Telefonnummer 01/53115/4411 eingerichtet.

Hunderte Häuser von Springflut weggerissen
In der Umgebung der Stadt Leh im indischen Teil Kaschmirs hatten plötzliche Regenfälle in der Nacht zum Freitag eine Springflut ausgelöst. Hunderte Häuser wurden von den Fluten weggerissen, der Flughafen, Straßen und Telefonmasten beschädigt. Der Schlamm in Leh türme sich stellenweise drei Meter hoch, Busse seien zwei Kilometer weit mitgerissen worden, so Kuldeep Khoda, Polizeichef des Unionsstaats Jammu-Kaschmir.

Soldaten und Polizisten zogen Hunderte Menschen aus dem Schlamm und den Trümmern. Die Rettungsarbeiten wurden jedoch durch Erdrutsche erschwert. Wie viele Menschen obdachlos wurden, war zunächst unklar. Laut Khoda suchten allen in zwei staatlichen Notunterkünften mindestens 2.000 Menschen Zuflucht.

Spur der Verwüstung in Pakistan
In Pakistan mussten Hubschrauber mit Hilfsgütern für die Hochwasseropfer im Swat-Tal am Freitag wegen eines Sturms am Boden bleiben. Die Wassermassen bahnten sich ihren Weg flussabwärts und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Der heftigste Monsun seit Jahrzehnten hat vor allem den Indus anschwellen lassen, der normalerweise zur Bewässerung großer Ackerflächen dient. Ausgehend vom Nordwesten des Landes kostete die Flut bereits rund 1.600 Menschen das Leben, 650.000 Häuser wurden zerstört.

Mittlerweile bedeckt das Wasser laut Katastrophenschutzbehörde eine Fläche von 132.000 Quadratkilometern, bis zu 13 Millionen Menschen sind von den Überschwemmungen betroffen. Die Vereinten Nationen hatten zuvor von mehr als vier Millionen gesprochen. In einer Fernsehansprache bezeichnete Ministerpräsident Raza Yousuf Gilani die Überschwemmungen als die schlimmsten in der 63-jährigen Geschichte des Landes. Eine Besserung der Lage ist vorerst nicht in Sicht. Neuer Regen verschärfte am Samstag die Lage in den Hochwassergebieten. Für die kommenden Tage sagen Meteorologen sogar noch heftigere Niederschläge voraus.

Tausende Soldaten helfen den Opfern
Im Nordwesten kümmern sich rund 30.000 Soldaten um die Notleidenden, reparieren Brücken und errichten Notlager. In der südlichen Provinz Sindh wurden rund 200.000 Bewohner von niedrig gelegenen Dörfern in Sicherheit gebracht, wie der Leiter der Katastrophenbehörde, Saleh Farroqi, mitteilte. Etwa 500.000 Menschen hielten sich aber nach wie vor im dem Gefahrengebiet am Indus auf. Allein im Bezirk Sukkur in Sindh wurden laut Angaben der Marine innerhalb von 24 Stunden 70 Ortschaften überschwemmt.

Auch Hilfsgruppen der militanten Islamisten beteiligen sich an den Rettungsaktionen. Die Wohltätigkeitsstiftung Falah-e-Insaniat, die angeblich Verbindungen zu der Extremistengruppe Laschkar-e-Taiba haben soll, betreibt nach eigenen Aussagen zwölf medizinische Einrichtungen und versorgt täglich 100.000 Menschen mit Lebensmitteln. Mitglieder von Laschkar-e-Taiba, die der Al Kaida nahestehen soll, werden unter anderem mit dem Terroranschlag in Mumbai Ende 2008 in Verbindung gebracht, bei dem 166 Menschen starben.

Bei der Bewältigung der Flutkatastrophe in Pakistan will jetzt auch die NATO helfen. Das Militärbündnis werde "den Transport von Hilfsgütern organisieren", teilte die NATO am Samstag an ihrem Hauptquartier in Brüssel mit. Pakistans Premierminister Yusuf Raza Gilani hatte am Freitag einen Hilfsappell an die Staatengemeinschaft gerichtet, um mit den Folgen der Überschwemmungen fertigzuwerden.

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