Kritik an Sonderflug

Platter stellt „Erntehelfer-Konzept“ infrage

Tirol
17.04.2020 13:45

Nach der Kritik am Einfliegen von rumänischen Erntehelfern für Tirol und Kärnten nach Innsbruck hat Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) derartige Aktionen für die Zukunft infrage gestellt. Man werde sich überlegen müssen, ob man hier nicht „andere Konzepte benötigt“, sagte Platter am Freitag bei einer Videopressekonferenz. Zuvor hatten die Oppositionsparteien FPÖ und SPÖ diese Aktion kritisiert. Einer jener 143 Arbeiter war am Donnerstag positiv auf das Coronavirus getestet worden. Für die FPÖ heize der „ÖVP-Erntehelferimport“ die Ansteckungsgefahr in Tirol weiter an, hieß es in einer Aussendung.

Laut Platter müsse man vielmehr danach trachten, vermehrt Mitarbeiter aus dem eigenen Land für diese Tätigkeiten zu bekommen. Den Fall des nun positiv auf das Coronavirus getesteten Arbeiters sah Tirols Landeschef aber nicht als Anlass für Kritik, dass Wirtschafts- über Gesundheitsinteressen gestellt würden. Dies sei damit „nicht in Verbindung zu bringen“, sehr wohl aber damit, künftig so viel wie möglich im eigenen Land abzudecken und zu produzieren. Die Krise müsse dazu führen, dass in verschiedenen Themenbereichen Lehren gezogen werden, meinte Platter.

Zusätzliche Personen einer Gefahr ausgesetzt?
Freitagvormittag warteten bereits FPÖ und SPÖ mit Kritik an dieser Aktion auf. Der Flug sei erfolgt, „obwohl die Grenzen eigentlich dicht sein sollten“, sagte FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. 19 enge Kontaktpersonen wurden nach dem Testergebnis unter Quarantäne gestellt. Für Belakowitsch ist aber „nicht auszuschließen“, dass sich bei Ankunft und Transfer in die Unterkünfte „zusätzliche Personen einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt“ hätten.

„In Branche stimmt etwas nicht“
FPÖ und SPÖ zeigten beide Unverständnis darüber, dass man Arbeitskräfte aus dem Ausland überhaupt benötige. „In der Branche stimmt etwas nicht, wenn man trotz 560.000 arbeitslos gemeldeter Menschen und einer bundesweiten Anwerbeaktion nicht genug einheimische Arbeitskräfte findet“, so Elisabeth Fleischanderl, SPÖ-Gesundheitssprecherin im Tiroler Landtag. Sie führte dies auf das „dramatisch niedrige Lohnniveau“ sowie die „vorherrschenden Arbeitsbedingungen“ zurück. Wirtschaftsinteressen würden erneut vor der Gesundheit der Menschen stehen, meinte sie.

„Warum nicht Asylwerber für Erntearbeit?“
Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger fragte sich außerdem, warum nicht Asylwerber von der Landwirtschaftskammer für die Erntearbeit eingesetzt würden.

Keine weiteren Flüge geplant
Am Freitag hieß es seitens der Tiroler Landwirtschaftskammer gegenüber der APA, dass keine weiteren derartigen Flüge geplant seien. Die Erntehelfer wurden am Mittwoch in maximal mit fünf Personen besetzten Kleinbussen bzw. unter Wahrung der Sicherheitsabstände in einem Bus in die Mitarbeiterunterkünfte der 17 Tiroler Gemüsebaubetriebe in den Bezirken Innsbruck-Land, Schwaz, Innsbruck und Landeck sowie nach Kärnten gebracht. Der Flug wurde von den Betrieben selbst organisiert und bezahlt. Für die Unterkünfte, die Arbeit im Freiland oder auch in überdachten Bereichen würden zudem strenge, vom Gesundheitsministerium und Landwirtschaftsministerium gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer ausgearbeitete Sicherheits- und Hygienestandards gelten, hieß es.

„Profis werden gebraucht“
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte zuletzt erklärt, dass ein Einfliegen von Tausenden Erntehelfern und Saisonniers aus Osteuropa - wie etwa in Deutschland - derzeit nicht im Fokus stehe. Wenn landwirtschaftliche Betriebe Stammpersonal und Fachkräfte einfliegen wollen, dann müsse es die Branche selbst organisieren. Seitens des Landes Tirol und der Tiroler Landwirtschaftskammer hatte es indes geheißen, dass man solche „Profis“, die sowohl am Feld als auch in der Verarbeitung tätig sind, brauche, um den Handel mit heimischen Lebensmitteln zu bedienen.

Landwirtschaftskammer-Österreich-Chef Josef Moosbrugger sah das Einfliegen von Erntehelfern aus Osteuropa hingegen skeptisch. „Das sehen wir österreichweit kritischer, es ist aber eine Entscheidung der Regionen“, so Moosbrugger Anfang April.

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