"Im unteren Bereich"

“Chili”-Formate kosten den ORF zehn Millionen Euro

Adabei
04.08.2010 14:33
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat die Mitglieder des ORF-Stiftungsrats per Post über Vertragsdetails des umstrittenen Society-Formats "Chili" mit Dominic Heinzl informiert. Die Jahresgesamtkosten für die von Heinzls Chili TV angelieferten Formate betragen für den ORF demnach 3,3 Millionen Euro. Da der Vertrag mit Chili TV auf drei Jahre bis Ende 2012 läuft, belaufen sich die Gesamtkosten demnach auf zehn Millionen Euro. Auf ORF-Maßstäbe umgelegt sei Heinzl aber kostengünstig wie kaum ein anderes Format mit Außendrehs, heißt es.

Wrabetz weist in dem Schreiben darauf hin, dass die Minutenkosten für "Chili" und "Backstage" mit 350 bzw. 260 Euro "im untersten Bereich der ORF-Auftragsproduktionen angesiedelt" seien. Andere ORF-Eigenproduktionen kosten zwischen 370 und 3.700 Euro pro Minute. Auf krone.at-Nachfrage hieß es aus dem ORF, Heinzl produziere "sehr effizient" und trotz Außendrehs praktisch auf dem Preisniveau einer Studio-Nachmittagstalkshow, das bei rund 250 bis 350 Euro pro Minute liege.

Die von Wrabetz angesprochenen 3.700 Euro pro Minute als Höchstbetrag kommen bei Eigenproduktionen mit Außendrehs, großem Produktionsteam, vielen Kameras und Live-Übertragung mit Ü-Wägen vor, hieß es vom Küniglberg gegenüber krone.at. Gemeint sind damit allerdings nicht Eventproduktionen wie Skirennen oder der Life Ball.

Übrigens: US-Sitcoms wie "Mein cooler Onkel Charlie" werden häufig auf zehn Jahre eingekauft, kommen dem ORF bei der Erstausstrahlung auf vergleichsweise teure 400 Euro pro Minute, kosten aber bei der Wiederholung nur mehr einen Bruchteil dessen, womit sie letztendlich günstiger als Eigenproduktionen sind.

Heinzls Gesamt-Minuten-Output soll gleich bleiben
Die nun geplanten Änderungen bei "Chili" - das Society-Format kommt nach der Sommerpause in verkürzter Form und auf einem neuen Sendeplatz wieder, "Backstage" entfällt, dazu gibt es zwei neue "Chili"-Sendungen am Sonntag und im Dienstag-Spätabend (mehr dazu siehe Infobox) - sieht Wrabetz einerseits durch die Rechtsansicht des Bundeskommunikationssenats veranlasst, die bei "Chili" und "Backstage" von einer einheitlichen Sendung und "Unterbrecherwerbung" zwischen den beiden Sendungen ausgeht. "Andererseits durch das Faktum, dass 'Backstage' und 'Chili' die Quotenerwartungen auf dem bisherigen Sendeplatz nicht erfüllen konnten", so der ORF-Chef.

Die Jahresgesamtkosten von "Chili" veranschlagt Wrabetz mit netto 2,5 Millionen Euro bei durchschnittlichen Kosten der sendefertigen Minute von 348 Euro. Für "Backstage" liegen die Jahresgesamtkosten bei 650.000 Euro bzw. 258 Euro pro sendefertiger Minute, und die "Heinzl Spezials" schlagen bisher mit 150.000 Euro Jahresnettogesamtkosten zu Buche. Die sendefertige Minute liegt hier bei durchschnittlich 556 Euro. Macht in Summe jährliche Netto-Gesamtkosten von 3,3 Millionen Euro. In diesen Preisen seien alle Personalaufwendungen, Urlaube, Krankenstände, Produktionsaufwendungen und Honorare enthalten.

Nach den geplanten Programmänderungen werde der Vertrag mit Chili TV nun auf die neuen Formate hin adaptiert, der Gesamt-Minuten-Output bleibe aber gleich, so Wrabetz.

Durchschnittlich 140.000 schauen "Chili"
"Chili" erreichte seit dem Start im Jänner des Jahres auf dem bisherigen Sendeplatz um 19.35 Uhr durchschnittlich 140.000 Seher und Marktanteile von 7 Prozent (12+) und 9 Prozent (12-49 und 12-29) mit einem Durchschnittsalter von 46 Jahren. Damit sei "Chili" in Reichweiten und Marktanteilen stärker gelaufen als "Hi Society" auf ATV im gleichen Zeitraum des Vorjahres (129.000 Reichweite, Marktanteile in der Altersgruppe 12 plus 6 Prozent, 12 bis 49 Jahre 7 Prozent, 12 bis 29 5 Prozent). Das Durchschnittsalter der "Hi Society"-Seher auf ATV sei bei 51 Jahren gelegen, heißt es in der Info an den Stiftungsrat weiter.

Mitglieder des Stiftungsrats hatten zuletzt Aufklärung über Kosten und Entwicklung des Formats gefordert. Das Society-Format soll auch eines der Themen der nächsten Stiftungsratssitzung am 9. September sein.

Heinzl punktete gegen Gottschalk
Gegen seinen neuen Rivalen in der Event-Berichterstattung beim Beach Volleyball Grand Slam am Wörthersee hat Heinzl übrigens punkten können. "Heinzl am Wörthersee", die ORF-Sondersendung rund um das Turnier, erreichte am Sonntag um 22.20 Uhr durchschnittlich 232.000 Zuschauer, das ATV-Special mit dem deutschen Moderatorenriesen Thomas Gottschalk, "Mit Thomas Gottschalk beim Beachvolleyball", am Dienstagabend (Beginnzeit 20.15 Uhr) erreichte im Schnitt 120.000 Seher.

Wegen der unterschiedlichen Sendeplätze lassen sich die Zuseherzahlen zwar nur bedingt vergleichen, die ATV-Disco-Rabauken von "Saturday Night Fever", Molti, Spotzl und Konsorten, hängten Gottschalk am selben Sendeplatz mit Ausnahmen jedoch ebenfalls ab. Die zweite Staffel des jungen Reality-Formats verfolgten im Schnitt 138.000 Seher.

Die Marke "Heinzl" zieht unterdessen auch auf ATV nur mehr wenige Zuschauer an: Der Privatsender hat in der Sommerpause von "Chili" derzeit um 17.25 Uhr ein "Hi Society Best of Dominic Heinzl" im Programm. Das Zuschauerinteresse an dieser Programmierung ist mäßig: Knapp 11.000 Seher verfolgten die Sendung am Montag, 12.000 waren es am Dienstag.

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(Bild: kmm)



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