Trotz Coronavirus

Tiroler Chirurgin rettet in London Kinderleben

Tirol
05.04.2020 10:00

Eine wahre Heldin des Alltags ist die Tirolerin Natalie Vallant (35). Sie arbeitet als Chirurgin in zwei Kinderkrankenhäusern in London und ist trotz Corona für die kleinen Patienten da. Kritik übt sie an den Maßnahmen in Großbritannien.

Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus hat Großbritannien am 23. März eine Ausgangssperre verhängt. Der Weg zur Arbeit ist seither nur noch bei systemrelevanten Berufen erlaubt. In diese Kategorie fällt die Arbeit der 35-jährigen Natalie Vallant aus Maurach am Achensee. Sie ist als Chirurgin in zwei Londoner Kinderkrankenhäusern im Transplantationsbereich tätig und lebt seit fünf Jahren in dieser Stadt. „Als es sich abgezeichnet hat, dass das Coronavirus ein Problem wird, hat Großbritannien im Vergleich zu Österreich zu spät reagiert“, sagt Vallant.

Viele ihrer Ärztekollegen in der Heimat legten ihr nahe, die Heimreise anzutreten. „Ich hätte nichts lieber als das gemacht, doch es ist nicht so einfach. Ich trage hier Verantwortung gegenüber all jenen Kindern, die ich betreue. Ich würde mich schlecht fühlen, wenn ich mein Team im Stich lassen würde“, sagt die 35-Jährige.

Hinzu kommt die private Situation in Tirol. „Ich habe keine Wohnung. Mich bei meinen Eltern einquartieren kann ich nicht, da sie schon über 60 Jahre alt sind. Das Risiko, dass ich das Virus in mir trage und sie anstecken könnte, ist zu groß“, schildert sie. Sie müsste für zwei Wochen bei Freunden Unterschlupf finden, was sie in Zeiten der Isolierung nicht riskieren wolle.

„Zudem weiß bisher niemand, wie lange dieser Zustand anhalten wird. Ich hätte somit in Österreich keinen Job und wäre nicht versichert, die Miete in London müsste ich aber weiterbezahlen“, sagt die Chirurgin.

Dialyse: Zugangs-OPs für Kinder lebensnotwendig
Sie hat sich damit abgefunden, in London zu bleiben und zu arbeiten. „Innerhalb der Krankenhäuser hat sich die Lage verändert. Bei uns wurden alle Transplantationen vorerst für einen Monat abgesagt. Wir führen nur noch lebensnotwendige Eingriffe durch, wie etwa Zugangs-OPs für die Dialyse. Denn vor allem Kinder würden bei akutem Nierenversagen relativ schnell sterben“, erläutert die Ärztin.

Diese Eingriffe werden so durchgeführt, als wären die Patienten am Coronavirus erkrankt - und zwar als Vorsichtsmaßnahme. „Die Abläufe werden dadurch sehr erschwert, die OPs dauern länger und wir müssen Masken sowie Vollvisiere tragen“, erklärt die 35-Jährige. Derzeit fehlen vier Oberärzte, sie befinden sich wegen Symptomen in Quarantäne. „Prinzipiell gibt es für uns Coronavirus-Screening-Tests. Doch keiner weiß, wie und wo man derartige Tests erhält“, so Vallant.

Messerstechereien wegen Mitarbeiterpässen?
Vor der Ausgangssperre initiierten Cafés und Restaurants eine tolle Aktion für das medizinische Personal. „Mit unserem Mitarbeiterpass haben wir als Dankeschön für unseren Einsatz etwa kostenlose Heißgetränke erhalten“, erinnert sich Vallant, „doch daher waren diese Mitarbeiterpässe auch bei Nicht-Berechtigten sehr begehrt. Kollegen sollen die Pässe geklaut worden sein, es soll sogar Messerstechereien gegeben haben.“

Auch in den sozialen Medien, in denen die Chirurgin aktiv ist, kommt es teils zu unangenehmen Szenen. Vallant: „Es gibt Personen, die sensationsgierig sind und mich mit Fragen bombardieren. Das ist bedenklich.“ Hat die Medizinerin selbst Angst, am Virus zu erkranken? „Diesen Gedanken verdränge ich, weil ich ein junger, gesunder Mensch bin. Ich bin aber vorsichtig, verzichte etwa auf die U-Bahn und fahre mit dem Rad 45 Minuten pro Strecke zur Arbeit“, verrät sie.

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