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KW 14 – die wichtigsten Neuerscheinungen der Woche

Musik
04.04.2020 06:00

Musik als Lebenselixier - besonders für das Wochenende, wo man hoffentlich auch Zeit dafür hat. Wir haben für euch wieder die besten Alben und Veröffentlichungen der Woche zusammengesammelt. Quer durch alle Genres ist hier garantiert für jeden was dabei. Viel Spaß dabei!

(Bild: kmm)

Ad Infinitum - Chapter I: Monarchy
Ein ungeschriebenes Gesetz im Musikgeschäft besagt seit jeher, dass allerhöchste Vorsicht geboten ist, wenn irgendjemand mit Superlativen um sich wirft. Von einer „neuen Ära“ ist da die Sprache, oder vom „Beginn eines neuen symphonischen Zeitalters“. Um die Fakten einmal klarzustellen. Ad Infinitum sind eine ambitionierte, vierköpfige Combo aus Montreux, die auf Pomp, Gloria, Bombast und reichhaltige Melodien setzen. Das anfängliche Soloprojekt der ausdrucksstarken Sängerin Melissa Bonny gräbt in Songs wie „Infected Monarchy“, „Marching On Versailles“ oder „Fire And Ice“ unzweideutig an den Weggabelungen der menschlichen Geschichte und trägt so dermaßen viel klanglichen Kitsch auf, dass man die Kariesbehandlung förmlich spürt. Das Ganze ist hochwertig produziert und perfekt, aber so seelenlos und beliebig, dass es manchmal fast schon wehtut. 2,5/10 Kronen

All Time Low - Wake Up, Sunshine
Fans hymnischer Pop-Punk-Hymnen erinnern sich sicher noch an den 2017er-Output von All Time Low. „Last Young Renegade“, dieses überraschend glattpolierte, etwas aus der Norm gehende Werk, dass auch die in den USA und England immens erfolgreichen Amerikaner fast aus der Bahn warf. In den letzten drei Jahren haben sich Frontmann Alex Gaskarth und seine unveränderten Bandkollegen darauf konzentriert, wieder „back to the roots“ zu gehen. Zu Zeiten von „Nothing Personal“ oder „Dirty Work“, wo man drauf und dran war die Blink-182- und Sum-41-Fackel würdig weiterzutragen. „Wake Up, Sunshine“ ist tatsächlich mehr als ein würdiger Schritt in die richtige Richtung, befinden sich mit „Some Kind Of Disaster, “Getaway Green„ oder “Trouble Is„ doch massig Songs, die an das heilige Genre-Triumvirat Sonne, Strand und ewige Jugend erinnern. Funfact am Rande: Die auf der Karriereleiter längst viele Stufen über ihnen stehenden 5 Seconds Of Summer überholen die vier Jugendfreunde damit wieder mühelos. Der perfekte Soundtrack für ein “American Pie„-Remake. 8/10 Kronen

Wilma Archer - A Western Circular
Der Brite Will Archer hat sich in den letzten Jahren zu einer Art Wunderkind im elektronischen Undergroundkosmos herausgepeilt. Der im nordbritischen Newcastle upon Tyne geborene Multiinstrumentalist firmierte sieben Jahre lang unter dem Namen Slime, bis sich die Rechte mit der bekannten deutschen Punkband spießten. Unter Wilma Archer veröffentlicht er nun nach zwei Singles eine Art “Debütalbum„, das sich einmal mehr über jegliche Genregrenzen hinwegsetzt und die breitflächige Vision des Musikers kundtut. “A Western Circular„ ist ein über weite Teile entspanntes, zurückgelehntes Werk, das sich zwischen Rap (“Last Sniff„ mit MF DOOM), Songwriterkunst (“Cheater„ mit Sudan Archives) und smoothen Jazz (“Scarecrow„) bewegt und von kurzen Instrumentals ummantelt wird. Die Indie-Gaststars machen das krude Werk zum Erlebnis für Kunstbeflissene ohne Berührungsängste. Eingängigkeit darf man sich aber nicht erwarten. 6,5/10 Kronen

August Burns Red - Guardians
Den Metalcore als Subgenre der harten Zunft hat man nach seinen Hochzeiten rund ums Millennium und danach schon des Öfteren zu Unrecht totgesagt, doch wie in allen anderen Bereichen auch, trennt sich auch hier nach dem großen Trend die Spreu vom Weizen. Die wirklich guten, talentierten bleiben übrig, dahinter dünnt sich das Feld aus. August Burns Red schießen mit “Guardians„ mittlerweile ihr achtes Album in den Orbit und ändern schon aus Prinzip möglichst wenig bis gar nichts an ihrem Erfolgsrezept. Knallharte Breakdowns, schwindelerregende Gitarrensoli und temporäre Griffbrettwixereien, die auch der toleranten Musiklehrerzunft ein freudiges Grinsen auf das Gesicht zaubern werden. Aufgrund des knackigen Songwritings verzeiht man ihnen auch leichter, dass sie sich früher schon mal in die Ecke der Weihnachtsalben verirrten. Doch wer frei von Sünde ist, werfe den ersten Stein. Nur schade, dass es mit dem Nova-Rock-Auftritt wohl nichts wird. 7/10 Kronen

Born Ruffians - Juice
Manchmal reicht eine halbe Stunde absolut aus, um das richtige Statement zu setzen. So etwa bei der kanadischen Indierock-Band Born Ruffians, die mit “Juice„ bereits ihr sechstes Studioalbum bewerben und dabei nichts an Spielfreude und Kreativität eingebüßt haben. Schon in der Eröffnungssingle “I Fall In Love Every Night„ werden Trompeten und Saxofon aufgefahren, was für eine Drei-Mann-Band mehr als unüblich ist. Den Schwung nimmt die Band auf “Breathe„ und “Dedication„ gut mit, bis ihnen im mittleren Drittel doch etwas die Luft ausgeht und die Kompositionen in die Beliebigkeit rutschen. Mit dem Schlussdoppel “Hazy Wave„ und “Wavy Haze„ finden die Born Ruffians aber noch einmal in die Spur zurück und beweisen, dass sie die Unbekümmertheit ihres Debüts “Red, Yellow & Blue„ (2008) gut mit der Pop-Lastigkeit von “Ruff„ (2015) vermischen können. Aus der Zeit gefallen, aber kurzweilig. 6,5/10 Kronen

Anna Burch - If You’re Dreaming
Man muss das Kind beim Namen nennen - die Coronakrise ist eine gute Zeit für talentierte Singer/Songwriter, denn wenn das Leben schon mit unfreiwilliger Melancholie durchzogen ist, dann will man diese Melancholie auch gerne bewusst teilen. Und wenn es nur mit der eigenen Gedankenwelt ist. Anna Burch aus Detroit hat das Erfolgsrezept ihres Debüts “Quit The Curse„ (2018) mehr als akkurat in die Gegenwart transferiert und liefert mit “If You’re Dreaming„ ein fantastisches Klangkleinod aus Indie-Pop, Folk und Slacker-Zitaten ab. Wo die musikalische Umsetzung großteils sehr lebensbejahend und positiv ausfällt, drehen sich die Texte zuweilen um düstere Themen wie Beziehungsängste, persönliche Unsicherheiten und Illusionslosigkeit. Neben der meist reduzierten Instrumentierung ist vor allem die zarte Stimme Burch’s ein Gewinn für die Songs, die mal von der Gitarre, mal vom Piano getragen werden. Highlights: “Go It Alone„ und “Party’s Over„. 8/10 Kronen

Herr D.K. - Beleuchtet den Hintergrund
Henning von Hertel aus Hamburg. Deutscher geht es nicht mehr, mag der seichte Scherzbold sich denken, doch im Gegensatz zu diesem - zugegeben - einfach gestrickten Wortspiel sind die Songs auf seinem Debütalbum alles andere als simpel und naiv. Herr D.K., wie sich von Hertel als Künstler nennt, beleuchtet also den Hintergrund und erzählt wahlweise aus seinem oder aus anderen Leben. Für seine 26 Jahre zeigt sich der Songwriter sehr gereift und verpackt seine von Schmerz, Sorgen, aber auch Hoffnung pendelnden Texte in sanften Indie-Pop mit Folk-Schlagseite. Musikalisch greift er dabei in die Vollen. Bläser, Heimorgel, Hawaii-Gitarre oder ein Rhodes-Piano - alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird für die Songdienlichkeit missbraucht. Manchmal wird das Alles etwas zu pathetisch, aber für ein Erstwerk ist “Beleuchtet den Hintergrund„ eine schöne Zusammenstellung von zehn Kapiteln voller Melancholie. 7/10 Kronen

Empress Of - I’m Your Empress Of
Kollaborationen mit den Dirty Projectors, Khalid oder Blood Orange, erfolgreich auf Tour im Windschatten von Größen wie Lizzo, Maggie Rogers, Florence And The Machine oder Jamie Lidell. Die aus Honduras stammende Lorely Rodriguez aka Empress Of ist im Pop-Business längst keine Unbekannte mehr. In Europa firmiert sie noch undankbar unter “ferner liefen„, doch in den USA ist man den Latin-Pop-Hymnen mit viel Elektronik und einem untrüglichen Gespür für Dream Pop schon längst verfallen. “I’m Your Empress Of„ ist bereits das dritte Album der selbstbewussten Sängerin, die sich modernen Soundbildern widmet und damit einzigartig geschickt zwischen Mainstream und Underground herumirrt. Herumirren in vollem Bewusstsein, wohlgemerkt, denn Empress Of will ihre sanften Indie-Wurzeln auch auf dem neuen Werk nicht ganz kappen, auch wenn Songs wie “Bit Of Rain„, “Love Is A Drug„ oder die Single “Give Me Another Chance„ nach dem großen Durchbruch schreien. Der Weg ist jedenfalls der richtige. 7,5/10 Kronen

Nils Frahm - Empty
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Etwa, dass man als Künstler in Corona-Krisenzeiten seinen Fans auch einmal ein Überraschungsgeschenk macht. Das haben nicht nur Nine Inch Nails mit gleich zwei Alben gemacht, auch der deutsche Star-Pianist Nils Frahm hat mit “Empty„ aus dem Nichts heraus ein Album in die Öffentlichkeit geworfen. Wie bei Trent Reznor haben sich die Songs auch hier über Jahre angesammelt. Genauer gesagt acht Jahre ist es her, als Frahm sie komponierte und daraus den Soundtrack für einen Kurzfilm von Benoit Toulemonde bastelte. Nachdem er sich den Daumen brach und eine Zwangspause einlegen musste, gerieten die Stücke in Vergessenheit, bis er sie nun ohne Ankündigung über Nacht veröffentlichte. Er selbst beschreibt sie als “tröstliche Untermalung für turbulente Zeiten„. Und fürwahr: Entspannung wird hier großgeschrieben. 7/10 Kronen

Ren Harvieu - Revel In The Drama
Plattenvertrag bei Island Records mit 18, karrierefördernde BBC “Sound Of 2012„-Erwähnung, ein fulminantes Debütalbum namens “Through The Night„, das allen die Münder offenstehen ließ und dann die Schicksalswelle. Ein schwerer Verkehrsunfall samt gebrochenen Rücken und langer Reha, Verlust des Plattenvertrags und das Beziehungsende mit dem Manager und Mentor. Die Termini himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt scheinen für Ren Harvieu erfunden worden zu sein. Nach gut sechs Jahren der körperlichen und seelischen Heilung gibt es nun mit “Revel In The Drama„ ein überraschendes Comeback, auf dem sie samt ihrer opernhaften Goldstimme und viel Pathos all die Erlebnisse ihres noch jungen, aber aufregenden Lebens abarbeitet. Als “Adele noir aus Manchester„ hat sie der “Rolling Stone„ damals bezeichnet - mittlerweile wandelt sich auch auf den glamourösen Spuren Lana del Reys. Der Überhang an Pathos ist verständlich, aber enervierend. Dennoch schön, dieses Talent wieder im Geschäft zu haben. 7,5/10 Kronen

Tiemo Hauer - Gespräche über die Vor- und Nachteile des Atmens
Der Songtitel “Halb Whisky, halb Mensch„ ist schon recht früh am Album die perfekte Standortzuschreibung für das Stuttgarter Stimmraubein Tiemo Hauer. Gerade 30 Jahre jung, aber nun bereits fünf Alben alt und in der deutschen Pop-Landschaft mit Niveau ein nicht mehr wegzudenkender Charismatiker. Dass ein Albumtitel namens “Gespräche über die Vor- und Nachteile des Atmens„ mitten in der Corona-Krise suboptimal ist - geschenkt. Man kann nicht alles vorausahnen und sollte in solchen Fällen auch nicht päpstlicher als der Papst sein. Die zwischen Rio Reiser und Faber mäandernde Tiefstimme erzählt Geschichten von ersten Dates, Nazis, vergänglicher Liebe und privaten Verfehlungen. Manchmal klingt er dabei wie ein Frühpensionist, dessen Vita bereits sämtliche Erfahrungswerte sprengt. Meist reicht eine sanfte Piano- oder Gitarrenakzentuierung zur Bekräftigung der Geschichten, den Rest macht der Text selbst. Feine Klangkunst für die regnerische April-Melancholie. 8/10 Kronen

Hikee Bikini - Stutti Bonboni EP
Hochtrabende Pressetexte dürfen niemals dafür sorgen, dass man den Fokus für die Musik an sich aus den Augen verliert. Wenn man das in Wien beheimatete und angeblich auf Sri Lanka zusammengefundene Kollektiv von Hikee Bikini ebendort recht vollmundig als “irgendwas zwischen Frank Zappa und Britney Spears„ bezeichnet, muss man unweigerlich die Euphorie-Stopptaste betätigen. Die 5-Track-EP “Stutti Bonboni„ ist aber trotz allem ein feines Werk sympathischer Großspurigkeit, was sich vor allem aus dem Synthie-behangenen Barock-Pop auf “Loving You„ heraushören lässt. Mit “Bubble„ und dem humorigen “Wiener Dog„ gibt es zumindest noch zwei Tracks, die mit ihrer 80er-lastigen Avantgardepop-Lastigkeit hervorstechen. Das macht Spaß und Lust auf mehr. Aus der EP-Release-Show Anfang Mai im Wiener Rhiz wird wohl nichts werden, aber warten wir auf einen Nachtragstermin. 7/10 Kronen

Kadebostany - Drama: Act 1 EP
Manche Künstler haben eine derart ausufernde Vision und Fantasie ihres eigenen Seins, dass man selbst höchst konzentriert sein muss, um dieser Imagination folgen zu können. Der französischstämmige Schweizer Guillaume de Kadebostany hat sich für seine Umsetzung von Pop die fiktive Republik Kadebostany erschaffen, firmiert dort als Präsident und kreiert mit jedem neuen Output eine völlig neue Soundwelt. Auf Ibiza gab es 2019 nicht nur österreichische Republiksverschleuderer, sondern auch Schweizer Ideenreichtum. Dort kam Guillaume die Idee für sein neues Konzept “Drama„, das er nun mit einer 4-Track-EP und zahlreichen Gaststimmen zwischen Russland, Schweiz und der Ukraine startet. Die Songs haben Hymnencharakter und weisen eine nachvollziehbare Pop-Theatralik auf. Der Mainstream wartet eigentlich schon hinter dem nächsten Vorhang. Wünschen wir ihm dafür das Beste. 7,5/10 Kronen

John Carroll Kirby - Conflict
Der blonde Hüne mit dem wallenden Haar ist Kalifornier durch und durch, was man ihm nicht nur ansieht, sondern auch anhört. John Carroll Kirby ist einer der beliebtesten Pianisten und Produzenten an der US-Westküste und hat in den letzten Jahren schon mit Größen wie Harry Styles, Blood Orange, Dita von Teese, Jonathan Wilson oder Beyoncé-Schwester Solange zusammengearbeitet. Wenn neben der durchaus lohnenswerten Brotarbeit auch mal Zeit für Eigenkompositionen bleibt, dann flüchtet er sich gerne in eine Welt aus Elektronik, Atmosphäre und Jazz, die einen wesentlichen Beitrag zur Entschleunigung seines flotten Lebens darstellt. Vor seinem in drei Wochen regulär erscheinenden Studioalbum veröffentlicht er nun überraschend “Conflict„. Die Songs sind allesamt auf dem Piano eingespielt, bereits mehr als ein Jahr alt, sollen den Hörern in der Zeit der Krise aber Halt und Hoffnung geben. Ein feiner Zug, der Freunde ruhiger Klänge erquicken wird. 7/10 Kronen

The Lovely Eggs - I Am Moron
Mit ihrer kruden, aber ungemein kurzweiligen Mischung aus Garage, Punk, Indie, Lo-Fi und noisigem Psychedlic Pop waren die Lovely Eggs schon immer ein Fall für die aufgeschlossene Hörergarde. Was das Vollblutmusikerehepaar Holly Ross und David Blackwell seit mittlerweile fast 15 Jahren in den Orbit feuert, entzieht sich möglichst jeder Kategorisierung und hat vor allem eines im Sinn - polit- und gesellschaftskritisch sein, ohne die ganze Zeit mit dem Zeigefinger zu fuchteln. Der Vorgänger “This Is Eggland„ (2018) hat die disperse Beziehung zur britischen Heimat schon aufgeworfen, auf “I Am Moron„ kennen die zwei Idealisten aber überhaupt kein Halten mehr. Ihren Sound zur Insel-Revolution würzen die lieblichen Eier manchmal mit Space Rock, manchmal mit aggressiven Punk-Shouts und manchmal eindeutigen Sex-Pistols-Verbeugungen. “You Can Go Now„, “The Mothership„ und “Still Second Rate„ lassen wenig Fragen offen. Kindisch? Ja. Wichtig. Ja! Manchmal muss man dem Establishment eben auch ins Gesicht furzen. 6/10 Kronen

Nduduzo Makhathini - Modes Of Communication
Den Geschmack von Blue Note braucht man nicht zu hinterfragen, das ist weitgehend kein Geheimnis. Mit Nduduzo Makhathini hat das renommierte Label nicht nur den ersten Südafrikaner ever gesignt, sondern auch eines der zukunftsträchtigsten Jazzpianisten-Talente. Wie famos der 37-Jährige sein Werk beherrscht, zeigt das Album “Modes Of Communication: Letters From The Underworld„ in beeindruckender Art und Weise. Nachdem Makhathini schon beim legendären Shabaka Hutchings auffiel, eröffnet er hier sein ausprägendes Talent in besonderer Form. Die Einflüsse seiner afrikanischen Heimat vermengt er mit progressivem Klavierspiel und den hohen Standards der internationalen Jazz-Welt. Die mit vielen Gästen auf genommenen Tracks sind verspielt und ausgefeilt und werden von einer durchwegs spirituellen Ader getragen. Ein wilder Ritt durch die Komplexität des Möglichen, der mit einem feinen Gespür für die nötigen Spannungsbögen einhergeht. 8/10 Kronen

Ashley McBryde - Never Will
Bei den Grammy-Nominierungen im Country-Bereich ist sie schon seit zwei Jahren Fixstarterin und nebenbei begeistert Ashley McBryde auch immer mehr europäische Fans von ihrer Kunst. Die 36-Jährige aus Arkansas ist durchaus so etwas wie das personifizierte Nashville. Hemdsärmelige Songs, Geschichten aus der Arbeiterschicht und dazu noch klassischen, unverfälschten Country als musikalische Unterlage setzt sie so gewinnbringend ein, dass sie in ihrer Heimat unwegdenkbar ist. “Never Will„ ist das vierte Album, das zweite für den Branchenriesen Warner, und knüpft mit seiner akkuraten Umsetzung perfekt an die Vorgänger an. Zwischen raubeinig und warmherzig findet sie immer die richtige Tonlage, um dem Working Class Hero aus dem Herzen zu singen. Besonders emotional: der Closer “Styrofoam„, geschrieben von ihrem 2018 verstorbenen Bruder Clay. Klassischer Country der Oberliga. 7/10 Kronen

Mystery Jets - A Billion Heartbeats
Eher unüblich, dass ein Musiker auf einem aktuellen Promofoto stolz mit Krücken posiert. Das Bild ist aber ein Mahnmal für die Gegenwart der britischen Indie-Rocker Mystery Jets. Eigentlich hätte “A Billion Heartbeats„ schon im vergangenen September erscheinen sollen, doch Sänger Blaine Harrison musste sich nach einer schweren Entzündung einer Notfall-OP unterziehen und so wurde der Release um ein halbes Jahr verschoben. Als ob das Pech nicht schon reichen würde, verließ Anfang Februar auch noch Gründungsmitglied William Rees die Band und nun verhindert das Coronavirus eine adäquate Promotour. Doch auf das Album können die Londoner dennoch stolz sein. Songs wie “Petty Drone„, “Endless City„ oder der “Campfire Song„ zeigen die Band deutlich gereift. Anstatt der jugendlichen Ungezwungenheit tritt nun akzentuiertes Songwriting, das zwar etwas von seiner Spontanität verloren, dafür aber an Professionalität gewonnen hat. Inhaltlich hat sich Harrison von den Protestmärschen junger Menschen gegen den Brexit inspirieren lassen, den er quasi von seiner Wohnung am Trafalgar Square beobachten konnte. Hätten die Songs noch etwas mehr Ecken und Kanten, wäre “A Billion Heartbeats„ ein echtes Highlight geworden. 7,5/10 Kronen

Peach Pit - You And Your Friends
Und noch einmal Indie aus Kanada - ganz schön dichte Woche dafür. Peach Pit haben zumindest den viel zu seltenen Branchenvorteil der Selbstironie. Als „Chewed Bubblegum Pop“ belieben sie ihren eigenen Sound zu beschreiben. Musikkritiker würden eher eine Vermischung aus nordamerikanischem Indie Rock, Surf Rock und sanften Psychedelic-Einflüssen verorten. Was das Quartatt aber noch berühmter machte als ihre Musik ist die Tatsache, dass sie seit Tag eins stets dieselben Bühnenklamotten tragen - bei jedem Konzert! Auf den Nachfolger des Überraschungsdebüts „Being So Normal“ mussten Fans ziemlich lange warten, dafür wird „You And Your Friends“ aber auch niemanden enttäuschen. Mehr denn je vergraben sich die Burschen in zerbrochene Beziehungen („Feelin‘ Low“, „Shampoo Bottles“), Jugendnostalgie und zwischenmenschliche Verirrungen. Sanft und gechillt plätschert der Sound dahin, die großen Highlights bleiben aber aus. 5,5/10 Kronen

Peel Dream Magazine - Agitprop Alterna
Joe Stevens ist ein verbissener Musikfanat aus New York City, der sich mit seinem Soloprojekt vor zwei Jahren in Szene setzte und mit dem Debütalbum “Modern Meta Physic„ gleich einmal für ordentliches Rascheln im Underground sorgte. Die Mischung aus 90s-Dream-Pop, Shoegaze, My Blood Valentine und Yo La Tengto verzückte Nostalgiker und Geschmackvolle gleichermaßen. Mittlerweile hat er sich eine Band zusammengesucht und - reziprok zu den Ungarn - eine Diktatur zur gemäßigten Demokratie geformt. “Agitprop Alterna„ ist mehr Gemeinschaftsprojekt und auch musikalisch wesentlich mutiger und vielseitiger ausgefallen. Nicht nur die vermehrt auftretende weibliche Stimme der mittlerweile wieder geschassten Jo-Anne Hyun gibt dem Sound mehr Farbe, die durchwegs kurzen Kompositionen legen auch an Härte, Dynamik und Psychedelik zu. Mit der Single “Pill„, “NYC Illuminati„ oder “Too Dumb„ beweist die Truppe, dass man auch ohne klanglichen Spannungsaufbau für Kurzweil sorgen kann. An die Veränderung muss man sich aber gewöhnen. 7/10 Kronen

Public Enemy - Loud Is Not Enough
Vielleicht der beste Aprilscherz der Musikgeschichte (so er wirklich wahr ist): Anfang März wird bekannt, dass Hip-Hop-Legende Chuck D seinen alten Kumpanen Flavor Flav aus Public Enemy wirft. Der angebliche Grund: Flav störte sich daran, dass Bernie Sanders für seinen US-Wahlkampf mit der Teilnahme von Public Enemy werben darf und übergab die Sache seinem Anwalt. Daraufhin folgte die Trennung. Einen knappen Monat später, genau am 1. April, kündigen sie unter dem Banner Public Enemy Radio mit “Loud Is Not Enough„ aus dem Nichts heraus ein neues Studioalbum an. Nun also alles nur Show, wie Chuck D in einem Podcast bekanntgab. Inspiriert von Orson Welles‘ Kultfilm “Der Krieg der Welten„, wo er die Menschen schon 1938 breitflächig in die Irre führte. Chapeau, wenn das Ganze wirklich so geplant war, doch Flavor Flav dementierte bereits. “Loud Is Not Enough„ kommt ohne große Highlights aus, überzeugt aber mit der kantigen Old-School-Attitüde, die man im Rap heute so sträflich vermisst. Oder um es in anderen Worten zu sagen - ein neues Public-Enemy-Album ist immer richtig. 7/10 Kronen

Pure Reason Revolution - Eupnea
Manchmal muss man die Uhren wieder zurück auf Null stellen, um einen adäquaten Neubeginn zu schaffen. Prog-Rock-Fans erinnern sich bestimmt noch mit Schaudern an die Ausläufe von Pure Reason Revolution zurück. Ihr drittes und bis dahin letztes Album “Hammer And Anvil„ war 2010 fast eine astreine Pop-Platte, die mit den Anfängen der Bands nichts mehr zu tun hatte. Ein Jahr später war Schluss mit der Band und die Mitglieder zerstreuten sich in alle Richtungen. Knapp zehn Jahre später haben sich Jon Courtney und Chloe Alper wieder zusammengerauft und die späte Kehrtwende geschafft. “Eupnea„ ist ein verfrickeltes, wohldurchdachtes und perfekt zwischen Anspruch und Unterhaltung changierendes Stück, das in drei kürzeren und drei längeren Kapiteln wieder back to the roots geht. Das bedeutet, dass sich dichte Riffwände wie in “Silent Genesis„ mit Hit-tauglichen Songs wie “Maelstrom„ paaren können, ohne dass es zu abstrakt wirkt. Die fette Produktion und ausufernde Spielfreude tragen das Ihre dazu bei, dass man sich hierin richtig fallen lassen kann. 8,5/10 Kronen

Purity Ring - Womb
Synthie-Pop, Space-Pop, Dream-Pop, Chill-Wave - wie auch immer man die Soundstrukturen des kanadischen Duos Purity Ring nennen möchte, es trifft in gewisser Weise alles zu. Sängerin Megan James und Produzent Corin Roddick bevorzugen den Terminus “Future-Pop„, was ihnen wohl vorwiegend eine mediale Eigenständigkeit attestieren soll. In Übersee haben sie mit ihrem Zweitwerk “Another Eternity„ (2015) für ordentlich Aufregung gesorgt, doch mittlerweile ist sehr viel Zeit vergangen. Untätig war das Duo gewiss nicht, unter anderem produzierte man drei Songs für das letzte Album von Pop-Superstar Katy Perry, doch mit “Womb„ müssen sich die beiden Klangkünstler aus Edmonton, Alberta erst wieder einmal ins Rampenlicht zurückspielen. Dystopische Texte, die sich um die Suche nach Trost und Frieden in der Welt sehnen, verschmilzen mit zeitgemäßer Elektronik, der es aber leider oft an Abwechslung und Spannung fehlt. So ist “Womb„ zwar hochqualitativ umgesetzt, plätschert aber auch oft etwas schal dahin. Da wäre mehr drin gewesen. 6/10 Kronen

Richard Russell - Friday Forever
Wer kenn die Szenerie nicht. Also die Coronakrise weggerechnet. Eine harte Arbeitswoche hat sich endlich dem Ende zugeneigt, die Bars tauchen sich in schummriges Licht, die Tanzflächen werden langsam geöffnet und Menschen strömen in Scharen in das Nachtleben, um sich für einen Abend aus der harschen Realität zu befördern. XL-Recordings-Chef Richard Russell hat mit unterschiedlichen Musikern wie Maria Somerville, Aitch, Ghostface Killah oder Penny Rimbaud ein zwischen Rap, Pop und Avantgarde befindliches Album aufgenommen, das sich um eine Nacht zwischen 21.46 Uhr und dem Hangover ab dem Aufwachen um 11.59 Uhr am nächsten Tag dreht. Eine interessante und musikalisch vielseitige Reise in eine Welt, mit der sich so gut wie jeder identifizieren kann. Russell bleibt der unangefochtene König der Indie-Verschrobenheit. 6,5/10 Kronen

Nina Simone - Fodder On My Wings (Reissue)
Was wurde über diese Frau noch nicht gesagt oder geschrieben? Nina Simone gehört zweifellos zu den größten Legenden der Popkultur. Sie hat sich nicht nur als Sängerin einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert, sondern auch als Aktivistin. Auch 17 Jahre nach ihrem Tod ist ihr musikalisches Vermächtnis von unvergleichlicher Brillanz und wartet nur darauf wieder- oder neu entdeckt zu werden. Dem Label Verve ist es zu verdanken, dass wir nun erneut in den Genuss von “Fodder On My Wings„, einem fast schon vergessenen Werk der Amerikanerin, kommen. 1982 wurde das Album für ein kleines französisches Label eingespielt und niemals großflächig verkauft. Simone lebte damals erst kurz in Paris und war von Depressionen geplagt, ihre Kreativität aber ungebrochen. Ein Werk der Widersprüche und Kontraste, der Harmonie und Verschrobenheit, das mit seinen afrikanischen Rhythmen und der zeitlosen Instrumentierung bis heute nachhallt. Ohne Bewertung

Slow Leaves - Shelf Life
Ihn als schüchtern zu bezeichnen, würde fast noch zu kurz kommen. Der kanadische Musiker Grant Davidson befindet sich schon einige Jahre im Musikbusiness, nach Interviews oder Wortspenden muss man aber auch im Internet mit der Lupe suchen. Viel lieber konzentriert er sich auf seine Musik und verzaubert damit seine Fans. Der aus Manitoba, Winnipeg stammende Gitarrist setzt dabei ganz auf die klassischen Klischees seiner Heimat. Sein zurückgelehnter Folk-Pop mit Singer/Songwriter-Anleihen riecht förmlich nach Ahornsirup und frisch geschlagenem Holz. Den reduzierten Flanellhemdensound zieht er auch auf seinem dritten Slow-Leaves-Album “Shelf Life„ weiter. Ein bisschen Tim-Buckley-Entrücktheit da, etwas Nick-Drake-Romantik dort, dazu noch eine kräftige Dosis Lokalkolorit und feinsinnige Texte über Sein und Wesen. Persönliche Reflexion trifft auf literarische Tragik. Nostalgie auf zeitgenössische Akkuratesse. Der Herbst in Klang gegossen. 8/10 Kronen

Testament - Titans Of Creation
Ein leichtes Leben hat Testament-Frontmann Chuck Billy wahrlich nicht. Nachdem er vor einiger Zeit seinen 2001 diagnostizierten Krebs überstanden hat, hat ihn zuletzt Covid-19 in die Quarantäne gefesselt. Der bullige Lockenkopf scheint aber auch diesem Rückschlag zu trotzen und konzentriert sich nach einer erfolgreichen Tour, die auch nach Wien führte, lieber auf das neue Album “Titans Of Creation„. Nachdem Slayer in Pension gingen und Metallica längst nur mehr ein Abklatsch ihrer selbst sind, liegt es eben an den Thrash-Legenden der zweiten Liga. Auf dem vierten Album der “zweiten Bandphase„ zeigen die Kalifornier einmal mehr, warum der Bay-Area-Thrash noch lange nicht pensionsreif ist. Alex Skolnick zaubert mitunter seine besten Gitarrenriffs hervor, Steve DiGiorgios Bassspuren tönen im Vordergrund Gene Hoglan trommelt sich die Seele aus dem Leib. Ein Riff-Stakkato trifft auf das nächste und Billy röhrt gewohnt souverän. Zwei, drei Songs weniger hätten es getan, ansonsten ein mehr als feines Thrash-Manifest. 8/10 Kronen

Tetema - Necroscape
Wir wissen - wo Mike Patton draufsteht, dort ist eine gehörige Portion Irrsinn darin. Wenn das Faith No More- und Mr. Bungle-Masterbrain sich auf neue Musik versteift, dann kann man schwer davon ausgehen, dass es krude und abgedreht ist. Mit seinem Wahnsinnsprojekt Tetema veröffentlicht er nun das längst fällige Zweitwerk nach dem 2014er Debüt und macht gar keine Anstalten, auch nur irgendwie in eine irgendwie nachvollziehbare Spure geraten zu wollen. Gemeinsam mit dem australischen Vollblutkünstler und Pianisten Antony Pateras setzt er klassische Kompositionen in einen zeitgenössisch-avantgardistischen Stil, der jeder vernünftigen Beschreibung spottet. Da wird bewusst daneben geschrammelt, geflüstert, geschrien, geächzt und gekeucht. Patton holt einmal mehr alles aus sich raus und verstört einmal mehr auf allerhöchstem Niveau. So in etwa muss es klingen, wenn man Wut rauslassen will, physisch aber nicht in der Lage dazu ist… 6,5/10 Kronen

Thundercat - It Is What It Is
Mit dem allseits gefeierten Album “Drunk„ hat sich Stephen Bruner aka Thundercat vor drei Jahren selbst ein musikalisches Denkmal gesetzt. Der heute 35-Jährige Bassist hat darauf Tradition und Moderne, Jazz, Fusion und Electronica so geschickt verknüpft, dass weder der in mondänen Bars sitzende Innenstadthipster, noch altgediente Musiklehrer ihre Nase rümpfen konnten. In den turbulenten Corona-Tagen erscheint nun mit “It Is What It Is„ der heiß ersehnte Nachfolger, der gar nicht erst versucht, aus der eingeschlagenen Spur zu springen. Unter der kohärenten Produktion von Flying Lotus gibt es abgedrehten Jazz (“Interstellar Love„), Disco-Funk (“Black Qualls„ mit u.a. Childish Gambino) und auch ein paar entspannte Stücke (“Dragonball Durag„), deren Humor man nicht zwingend teilen muss. Thundercat liefert einmal mehr ein versatiles, sehr spannendes Werk ab, das sich den steigenden Frühlingstemperaturen sehr gut anpasst. 8/10 Kronen

Yves Tumor - Heaven To A Tortured Mind
“Gospel For A New Century„ heißt der Opener am brandneuen Album des genialen Yves Tumor. Was sich in erster Linie ziemlich großspurig anhört, ist auch mit vollem Selbstvertrauen erschaffen. Auf dem mittlerweile vierten Album hat Experimentalkünstler Sean Bowie aus Florida endgültig die richtige Gemengelage aus von ihm Altbekannten und diversem Visionären gefunden. Horn-Sektionen, avantgardistische Klangwelten, zugängliche Pop-Strukturen, elektronische Improvisationen und futuristische Minimal-Anleihen führen eine friedliche Koexistenz und werden von einer kompositorischen Schönheit getragen, für die andere Songwriter zumindest ein Bein geben würden. Bedrohlicher Funk und maschinelle Industrial-Parts finden sich ebenso ein und wirken trotz der wirr klingenden Kombination zu keiner Sekunde unausgegoren oder verschroben. Die R&B- und Britpop-Elemente der älteren Alben finden sich natürlich auch wieder, doch über allem dominiert eine gewisse Wärme, die sich mit überbordender Coolness nicht ausschließt. Ein Juwel! 9/10 Kronen

Viagra Boys - Common Sense EP
Mit ihrem Debütalbum “Street Worms„ waren die Viagra Boys vor zwei Jahren eine der wichtigsten Newcomer der Gitarrenszene. Mit ihrer Mischung aus Post-Punk, Dadaismus und ausgestrecktem Mittelfinger brachten sie dringend benötigten frischen Wind in eine angestaubte Szene. Die Anarcho-Schweden aus Stockholm setzen auf der spontanen 4-Track-EP einmal mehr auf pubertär-schwarzen Humor, knackiges Songwriting und Tanzbarkeit. Laut Frontmann Sebastian Murphy ist dieses Album ein erster Appetizer auf etwas, das im Laufe dieses Jahres noch folgen wird. Wenn das zweite Werk auch nur annähernd die Frische des Debüts mit dem Material dieser abgedrehten EP vermischt, dann darf man sich auf ein Underground-Meisterwerk freuen. Ohne Bewertung

Villagers Of Ioannina City- Age Of Aquarius
Ioannina ist ein Provinz in der Region Epirus und beherbergt neben seiner südlich-sommerlichen Entschlacktheit auch die derzeit vielleicht spannendste Band aus Griechenland. Die Villagers Of Ioannina City machen dort schon seit 13 Jahren Musik, aber erst das eigentlich schon letzten Herbst veröffentlichte Zweitwerk “Age Of Aquarius„ brachte sie breitflächig auf die Landkarte. Der Metal-Riese Napalm Records bringt das Werk nun weltweit in die Läden und lässt Liebhaber verquerer und esoterischer Klänge damit freudig im Kreis tanzen. Das Quintett kann man am besten unter dem Oberbegriff Heavy Rock einordnen, weil die Anteile von Metal und Hard Rock sich mit Klarinetten, Psychedelischem und den Klängen (nicht dem Inhalt!) des Okkult-Rock paaren. Dazu singt Frontmann Alex in wundervoller Klarheit. In seiner naturbelassenen Gelassenheit könnte man die Villagers als das südländische Pendant der für den Amadeus nominierten Our Survival Depends On Us durchgehen lassen. 8,5/10 Kronen

Violent Soho - Everything Is A-Ok
In manchen Ländern ticken die Uhren noch anders. Während man sich hierzulande in den oberen Chart-Regionen meist zwischen Gangsta-Rap, Schlager oder Volks-Rock’n’Roll entscheiden muss, dominiert in Australien noch echter Rock. Zumindest vor vier Jahren war das so, denn dort eroberten Violent Soho mit ihrem durchaus sperrigen “Waco„ tatsächlich den Thron. Wenn man bedenkt, dass das junge Quartett aus Brisbane eigentlich gerne im 90er-Grunge á la Nirvana, TAD oder Alice In Chains wildert und diese Sperrigkeit mit poppigen Melodien und einer zeitgemäßen Produktion anreichert, verwundert das noch mehr. Den Slacker-Sound hat sich die Truppe auch nach längerer Kreativpause erhalten, wodurch “Everything Is A-Ok„ sehr kurzweilig ertönt. Inhaltlich sorgt sich das Gespann u.a. um die Dominanz von Social-Media-Plattförmen, warum sich im Internet jeder zur Marke machen will und wie sich die menschlichen Verbindungen verrohen. Teenage-Angst galore also auch im steigenden Alter. Das Punk- und Alt-Rock-Feeling sitzt, für eine propere Grunge-Verbeugung fehlt es Violent Soho aber am erlebten Schmerz. 7,5/10 Kronen

M. Ward - Migration Stories
Wer sich jetzt im ersten Moment nicht ganz sicher sein sollte, wer M. Ward ist - der Amerikaner ist so etwas wie eine amerikanische Folk-Ikone. Der “Rolling Stone„ jubelt seine Kunst seit Jahren in den Himmel, u.a. mit Conor Oberst formte er die Supergroup Monsters Of Folk, er kreierte sechs Alben mit der beliebten Schauspielerin Zooey Deschanel und teilte die Bühnenbrette mit Mavis Staples, Norah Jones oder Lucinda Williams. Daneben bleibt auch genug Zeit für Solomaterial. Auf seinem zehnten, in Montreal aufgenommenen Werk “Migration Stories„ vermischen die Grenzen zwischen Realität und Fiktion wieder so wunderbar entspannt, wie es nur beim Musiker aus Portland der Fall sein kann. Die offenkundige Politkritik an den Mechanismen seiner Heimat trägt er mit gewohnt intensiver Stimme und völlig reduzierter Instrumentierung vor. Klanglich befindet sich das Ganze irgendwo zwischen Sonnenuntergang und Apokalypse und weiß gerade deshalb so zu begeistern. 8,5/10 Kronen

Thomas Whitmer - Songs From The Golden One
Thomas Withmer ist bekennender Fan der Kult-Poppunker Blink-182 und in den USA mit seiner einstündigen HBO-Comedy „The Golden Hour“ einem erklecklichen Anteil der Bevölkerung durchaus bekannt. Hinter seinem Humor steckt aber auch viel Tragik, denn der Stand-Up-Comedian verarbeitet auf dem dazugehörigen Album die Trauer über den Verlust seiner geliebten Mutter, die schlussendlich auch einen prägenden musikalischen Einfluss auf ihn hatte. Das konzeptionelle Werk dreht sich somit um seine Lebensgeschichte und ist mit deinen theatralischen Elementen durchaus wie ein Musical aufgebaut und erinnert eher weniger an ein klassisches Musikalbum. Pop, Spoken Words, Autotune und melancholische Passagen haben die Überhand auf dem Werk, das auf jeden Fall herber ausgefallen ist, als man es vielleicht vermuten würde. 6/10 Kronen

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