Bewegungsprofile

Datenübergabe von A1 für Experte „vertretbar“

Web
25.03.2020 08:59

Dass der Bundesregierung in der Vorwoche anonymisierte Bewegungsdaten von A1-Kunden zur Verfügung gestellt wurden, um dem Krisenstab eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die in der Corona-Krise ausgerufenen Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden, hat für Diskussionen unter Datenschützern gesorgt. Für den Wiener Datenschutzexperten Günther Leissler war dieser Schritt rechtlich vertretbar.

Mit A1 hatte das größte Telekomunternehmen des Landes Bewegungsprofile von Handy-Nutzern im gesamten Bundesgebiet weitergegeben. Das Unternehmen betonte, dass sich anhand der übermittelten Daten keinerlei Rückschlüsse auf den einzelnen Benutzer ziehen hätten lassen. Jedes Handy habe für das Tracking eine zufällig generierte Nummer zugewiesen bekommen, die nach 24 Stunden wieder frisch vergeben wurde. Damit sei Anonymität gewährleistet gewesen. Dessen ungeachtet kritisierten Datenschützer und die Opposition diese Maßnahme und orteten eine mangelnde Rechtsgrundlage bzw. meldeten grundrechtliche Bedenken an.

Günther Leissler, Experte für Datenschutzrecht und Vorsitzender der AG Datenschutz im Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, geht davon aus, dass A1 beim Datensammeln auf ein Clustermodell zurückgegriffen hat. „Das verhindert, dass einige ausgewiesen werden, sondern zeigt, wie wir uns als Masse verhalten.“ Unter der Voraussetzung, dass bei diesem Vorgang Anonymisierung gegeben war, „war das etwas, das durchaus vertretbar war“, sagte Leissler am Dienstag. In der Corona-Krise finde - was den Datenschutz betrifft - ein Paradigmenwechsel statt, der das Allgemeinwohl in den Vordergrund rücke.

Nutzung persönlicher Daten mit EU-Recht vereinbar
Auch die EU-Kommission hält es aus datenschutzrechtlicher Sicht für möglich, sensible persönliche Daten im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verwenden. Prinzipiell sei die Verarbeitung persönlicher Daten mit Bezug zur Gesundheit laut EU-Datenschutzvorgaben zwar verboten, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde. Der Schutz der öffentlichen Gesundheit könne aber ein rechtliches Motiv für eine Ausnahme von dieser Regel sein.

Die statistische Auswertung anonymisierter Massendaten ist demnach ohne Weiteres mit der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar. Und auch der Austausch und die Auswertung personenbezogener Daten sei „aus Gründen des Gemeinwohls“ möglich, sagte der Kommissionssprecher. Die jeweilige nationale Gesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten müsse den rechtlichen Rahmen für eine derartige Abweichung von der DSGVO definieren.

App als „Ausweis“ in China
Viele asiatische Länder und besonders China gehen bei der Auswertung persönlicher Daten mit neuen Technologien zur Bekämpfung von Covid-19 noch deutlich weiter. Die chinesischen Technologie-Riesen Alibaba und Tencent haben Handy-Anwendungen entwickelt, die auf Basis von Bewegungs- und Interaktionsprofilen das Risiko einer Infizierung mit dem Virus bewerten und farblich darstellen. In mehreren Städten müssen sich Menschen mittlerweile mit dieser App „ausweisen“, um etwa die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu dürfen.

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