WKO-Obmann:

„Kein Geld der Welt ist ein Menschenleben wert“

Österreich
22.03.2020 07:06

Wegen der Corona-Krise bangen derzeit 60.000 Gastronomiebetriebe in Österreich um ihren Fortbestand. Der WKO-Spartenobmann für Tourismus und Freizeitwirtschaft in Niederösterreich, Mario Pulker, geht davon aus, dass derzeit 95 Prozent der Betriebe in Österreich geschlossen haben. Der WKO-Funktionär ist selbst Gastronom und hat deshalb Verständnis für die existenziellen Sorgen seiner Mitgliedsbetriebe, richtet aber im Gespräch mit krone.at am Samstag einen eindringlichen Appell an seine Wirte: „Kein Geld der Welt ist ein Menschenleben wert.“

Einige Gastronomiebetriebe wollten sich nach Inkrafttreten des „Covid-19-Gesetzes“ durch das Anbieten von Selbstabholung ein neues wirtschaftliches Standbein aufbauen. Doch seit Donnerstag ist auch das Abholen von Speisen und Getränken in den allermeisten Fällen nicht mehr erlaubt, nur noch die Zustellung.

Die Verwirrung bei den österreichischen Wirten ist groß. Ein Gastronom sagte zu krone.at: „Man hat im Supermarkt, beim Bäcker und mittlerweile sogar beim Gärtner die Möglichkeit, sich seine Ware selbst abzuholen, nur in der Gastronomie wird dies verboten.“

Wie sieht die Gesetzeslage nun aus?
Gemäß Paragraf 1, Absatz 1, des neuen „Covid-19-Gesetztes“ ist „das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten untersagt“. Der sogenannte „Gassenverkauf“ ist verboten. Das umfasst auch Drive-ins von Schnellrestaurants, Vorplätze von Imbissbuden und Gastgärten. Auch das Durchreichen von Speisen und Getränken durch ein Fenster oder eine Tür sind untersagt, weil das laut Gesundheitsministerium, eine „Umgehung der Verordnung“ darstelle. 

Eine Nachschärfung der zunächst auferlegten Beschränkungen wurde laut Spartenobmann Pulker notwendig, weil es innerhalb von wenigen Tagen wiederholt zu Verstößen gegen die Vorgaben gekommen sei.

Pulker: „Gesundheit geht vor Profit“
„Sie können sich vorstellen, dass es bei 60.000 gastronomischen Betrieben in Österreich natürlich auch einige Mitglieder gibt, die Vorgaben zu locker nehmen. Die Polizei hat hier innerhalb kurzer Zeit einige Verfehlungen beobachtet und Anzeigen erstattet. Darauf hat der Gesetzgeber nun schnell reagiert. Denn eines ist ganz klar, Gesundheit steht vor Profit.“

Zivilrechtliche Haftung der Gastronomen
Ein wesentlicher Punkt ist für den Spartenobmannn aber auch, dass Gastronomen jederzeit zivilrechtlich geklagt werden können: „Wenn ein Gast sagt, er hat sich bei der Speisenabholung in einem Gasthaus mit dem Coronavirus infiziert, weil dort nicht ordentlich desinfiziert wurde, ist der Gastronom persönlich haftbar. Ich glaube, das sollten die Betriebe wissen.“

Man muss sich natürlich auch die Frage stellen, wie viele Mitarbeiter oder Betriebseigentümer haben keinen Corona-Test gemacht und arbeiten dann selbst in der Küche. Da sehen wir ein großes Bedrohungspotenzial“, so Pulker, der selbst 30 Mitarbeiter in seinem derzeit geschlossenen Betrieb beschäftigt. 

Spartenobmann appelliert an Mitgliedsbetriebe
Pulker bittet seine Mitgliedsbetriebe aufgrund der derzeitigen Lage um Verständnis: „Man hat ja auch eine Verantwortung der eigenen Familie gegenüber. Jeder hat einen Vater, eine Mutter oder Großeltern, und kein Geld der Welt ist ein Menschenleben wert. Das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen.“

Lage in Südtirol: „Hier geht es um das nackte Überleben“
Er stehe in ständigem Kontakt mit Obleuten aus anderen europäischen Ländern und habe deshalb eine andere Sicht auf die Situation: „Da hast du dann kein Verständnis mehr für Leute, die sagen, ich kann meine Speisen nicht mehr verkaufen.“ Als Beispiel nannte Pulker den Südtiroler Hotelier Manfred Pinzger, der ihm lange Nachrichten über die Lage in Italien geschrieben habe, wie zum Beispiel: „Hier geht es nicht mehr um einen Verdienstentgang, sondern um das nackte Überleben“, zitierte er Pinzger.

Regierung agiert in der Krise „vorbildhaft“
Ein Lob möchte Pulker aus der Sicht des Tourismus an die Regierung richten, die seiner Meinung nach „vorbildhaft“ agiere und die auftretenden Probleme schnell einer Lösung zuführe. „Die Regierung handelt hier wirklich mit Voraussicht, im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern. Wenn die Corona-Krise erst einmal vorbei ist, werden wir einige Grenzen wohl weiterhin zu lassen müssen.“

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