18.03.2020 06:00

Die krone.tv-Reportage

Corona-Shutdown: Jetzt steht Österreich still

Es ist das Coronavirus, das den europäischen Kontinent und die ganze Welt derzeit in einen Ausnahmezustand versetzt. Es breitet sich rasant aus, es bringt, wie der Bundeskanzler wörtlich sagte, Krankheit, Leid und Tod über unser Land. Die krone.tv-Reportage über den Shutdown, der jeden, jede von uns trifft und Österreich zumindest für mehrere Wochen lahmlegen wird.

Der Shutdown verändert Politik, Gesellschaft, Kultur, jeden Einzelnen. Doch er ist notwendig, denn die Zahl der Corona-Infizierten steigt noch immer dramatisch an. Die kritische Tausender-Grenze ist längst überschritten.

Securitys mit Plastik-Visier kontrollieren Zugang im AKH
Die Stadt ist leer gefegt. Kaum Menschen auf den Straßen, vereinzelt führen Hundebesitzer ihre vierbeinigen Lieblinge Gassi. „Man freut sich, dass man einen Hund hat und raus darf“, meint eine junge Frau und quält sich ein Lächeln ab. Viele Lokale bieten provisorisch Essenslieferung an und kündigen dies mit Aushang an. Das größte und strategisch wichtigste Spital des Landes steht seit Sonntagfrüh unter besonderem Schutz. Vor dem Wiener AKH patrouillieren Securitys mit Plastik-Visieren, das Krankenhaus ist nur noch über Zutrittsschleusen betretbar. Ein Organisations-Team versucht, die eben eingeführte Maßnahme zu bewältigen.

„Ich habe eine Familie zu ernähren, meine Frau ist in Karenz“
„Sich die Füße vertreten“ ist ausdrücklich erlaubt. Ansonsten gelten strenge Ausgangsbeschränkungen, die Strafen bei Zuwiderhandeln sind abschreckend hoch. „Wegen Corona geschlossen“ - für die Wirtschaft ist das Virus der Super-GAU. Die Gastronomie kommt zum Erliegen. So auch das Altwiener Lokal Pürstner in der Innenstadt. Ronny W. ist hier Servicekraft. Er und seine Kollegen schließen das Lokal, alle Sessel stehen bereits kopfüber auf den Tischen. Alles wird ein letztes Mal geputzt. Ein letztes gemeinsames Mittagessen: „Wenn die Bürger gescheit sind, bleiben sie zu Hause. Also wer soll essen gehen?“, fragt der Familienvater. Die Zukunft scheint derzeit ungewiss. „Ich habe eine Familie zu ernähren, meine Frau ist in Karenz, ich habe zwei kleine Kinder und habe immer vom Trinkgeld gelebt, das ist weg. Keine Ahnung, wie es weitergeht.“ Einfach „durchkämpfen“.

„Miete, Personalkosten, Sozialversicherung ... - das läuft ja alles weiter“
Ronny W. richtet einen Appell an die Regierung: „Im Notfall: Wenn ihr fürs Spital einen Bettenschieber braucht, ich bin da.“ Sein Chef könne nichts dafür, Gehalt habe er immer pünktlich und auf den Cent genau bezahlt bekommen. „Der kann gar nix dafür, er muss Miete vom Lokal zahlen, Personalkosten, Sozialversicherung, Krankenkasse, Finanzamt. Das läuft ja alles weiter, bis wir mehr wissen. Der muss die Leute kündigen, es bleibt ihm nichts über.“ Bald kommt er heim zu seiner Frau und seinen Kindern, „um sie zu beruhigen“.

Gastronom erwartet sich Unterstützung wie bei Bankenkrise 2008
Auch Manuel Schmidt, Besitzer des Café Dresdnerhof in Wien-Brigittenau, weiß nicht, wie es weitergeht. Hamsterkäufe hält er für übertrieben. „Vielleicht werden frische Produkte ausgehen. Aber ob ich eine Haltbar- oder Frischmilch trinke, ist egal.“ Der Gastronom, der sich immer wieder für sozial Schwächere eingesetzt hat, versucht, auch diese schwierige Zeit positiv zu sehen. Erst in ein paar Wochen „werde ich vielleicht auch panisch“, erklärt er.

„Viele in unserer Branche haben horrende Mieten, da ist das ein Riesenproblem. Da muss man echt unter die Arme greifen. Ich erinnere 2008 an die Bankenkrise, wie man die gerettet hat mit Milliarden von Euros. Das erwarten wir uns auch von der Regierung.“ Vorrangig ist für Schmidt aber, „dieses Virus einzudämmen, jeder sollte sich an die Regeln halten“. Und wenn das gelungen sei, „muss man sich Gedanken über den wirtschaftlichen Faktor machen“. Er vertraut aber auf den Bundeskanzler, die Regierung und die harten Maßnahmen.

Jugendtherapeutin zählt auf die Kraft der Jugend
Die Kinder- und Jugendtherapeutin Dr. Martina Leibovici-Mühlberger kann der verordneten Ruhe auch viel Positives abgewinnen. Sie hat Vertrauen in die Jugend, dass diese vermehrt zu Hause bleibt und Risikogruppen, also Älteren, bei den Einkäufen und der Betreuung hilft. Damit habe man nun fast „einen Regulativ-Faktor“ für die Gesellschaft.

Leibovici: „Es scheint, als würden viele die Situation nutzen um innezuhalten, um einmal zu reflektieren: Was ist wirklich wichtig?“ Als Beispiel für ihre Zuversicht nennt sie die Begegnung mit einem neunjährigen Buben. Dieser meinte: „Jetzt sind alle verrückt mit dem Corona. Dabei muss man nur ruhig bleiben, sich nicht mit Tausenden Menschen treffen, die Oma etwas schützen - und dann wird das schon.“ Ihr Fazit ist optimistisch: „Ich zähle auf unsere Jugend, das muss ich ehrlich sagen.“

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