500 Stück in Tirol

Ausbreitung des Bibers führt zu Krach am Bach

Tirol
09.03.2020 13:30

Aufgestaute Bäche, abgenagte Bäume, mächtige Dämme: 200 Jahre nachdem der Biber in Tirol ausgerottet wurde, hat er sich wieder angesiedelt. Was Naturschützer freut, verärgert so manche Anrainer. In ganz Tirol kann insgesamt von über 500 Bibern ausgegangen werden. 

Rechts und links vom Bach hat der Biber Bäume umgeackert – zwanzig, dreißig Zentimeter dicke“, klagt ein Anrainer am Innsbrucker Lohbach und zeigt auf die Spuren des Nagers. Zwei Dämme stauen das Wasser je einen Meter auf, dazwischen ist ein gutes Dutzend Stämme angenagt und umgestürzt. Die Kosten für den Schutz einer Trauerweide hätten die Anrainer selbst abdecken müssen, beschwert sich der Pensionist.

„Biber ernähren sich im Winter von der Rinde der oberen Äste, deshalb schneiden sie die Bäume um“, erklärt Monika Eder-Trenkwalder, Landes-Biberbeauftragte für den Bezirk Innsbruck Stadt. Die Dämme schichten sie auf, damit der Zugang zu ihrem Bau unter Wasser geschützt liegt. Amphibien, Insekten und viele andere Tiere profitieren von den Teichen, erklärt die Biologin. Manche Anrainer freuten sich über das kleine Stück Natur in der Stadt, erzählt sie: „Viele Eltern gehen abends mit den Kindern ,Biber schauen’.“

Ausbreitung von Ost nach West flussaufwärts
Um 1990 sind die Nager aus Bayern eingewandert, nachdem sie 200 Jahre lang in Tirol ausgestorben waren. Flussaufwärts am Inn entlang haben sie sich ausgebreitet. Gab es im Jahr 2010 noch 58 Reviere im ganzen Land, sind es heute rund 160. Nach EU-Recht sind die Tiere streng geschützt.

Neben umgeschnittenen Bäumen ist die Verwässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen ein großes Thema, weiß Philipp Larch, Beauftragter für den Bezirk Kitzbühel: „In trockenen Sommern ist es für die Landwirte ein Vorteil, aber im Frühling, bei Hochwasser, haben sie natürlich keine Freude mit einem Damm.“ Meist ließen sich die Probleme lösen, etwa durch ein Rohr, das den Wasserpegel absenke.

Naturschutz steht dem Naturschutz im Weg
So sollte auch ein Konflikt am Völser Gießen gelöst werden: Ein Damm, der im Laichschongebiet den Bach versperrte, sollte für die Fische wieder passierbar werden. Dort habe die Methode aber nicht gewirkt, erzählt Luis Töchterle, Geschäftsführer der Fischereigesellschaft Innsbruck: „Das Wasser schießt mit so einem Druck raus, da kann kein Fisch dagegen schwimmen.“

Dabei sieht Töchterle das grundlegende Problem nicht beim Biber: „In strukturarmen Gebieten ist er ein Segen für die Fische, weil sie sich unter Bäumen, die ins Wasser gestürzt sind, vor Feinden verstecken können“, erläutert er. Ist ein Damm im Weg, schwimmen die Fische den nächsten Seitenarm hoch. „Aber bei uns gibt es an fast allen Seitengewässern des Inns keine Laichmöglichkeit, weil die Bäche ausbetoniert sind.“

Anrainer kommen für Schäden selbst auf
Für Präventivmaßnahmen wie Rohre oder Drahtgitter kommt das Land auf, für Schäden jedoch nicht. Hier gilt wie bei anderen Wildschäden: Die Betroffenen zahlen die Kosten selbst. Anrainer seien nach anfänglicher Freude häufig verärgert, erzählt Egon Bader, Biberbeauftragter für den Bezirk Reutte. Dort gibt es zehn bis zwölf Reviere. „Es ist wie so oft beim Naturschutz“, meint er. „Es freuen sich die, die weit von den Revieren entfernt wohnen.“

In Kufstein, wo der Nager 61 Reviere bewohnt, sieht der Beauftragte Wilfried Nairz die Situation entspannter: „Die meisten wissen inzwischen, dass der Biber hier heimisch ist, und schützen ihr Grundstück. “

Einen Biber abzuschießen oder umzusiedeln sei keine Lösung, erklärt Nairz: „Selbst, wenn es erlaubt wäre, würde es keinen Sinn machen. Das Revier ist dann frei und das nächste Jungtier macht es sich dort bequem.“ Der Bestand steige an, bis die Tiere einander bei Revierkämpfen tödlich verletzten, erläutert der Experte: „Die Population reguliert sich damit von selbst.“

Am Innsbrucker Lohbach scheint der Biber es sich dauerhaft gemütlich gemacht zu haben. Die Materialkosten für den schützenden Zaun, so teilt die Hausverwaltung mit, will das Land den Anrainern nachträglich erstatten.

Charlotte Rüggeberg, Kronen Zeitung

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