Tragödie in Enns

Vatermord: Schlussakt einer traumatischen Kindheit

Oberösterreich
08.03.2020 07:00
Der mutmaßliche Vatermord von Enns – was steckt dahinter? Die „Krone“ sprach mit dem Linzer Anwalt Karl Puchmayr, der den Verdächtigen Christian P. (43) aus Linz verteidigt – und schildert, wie eine traumatische Kindheit in dem tragischen Schlusspunkt einer tödlichen Auseinandersetzung gipfelte.

Es war ein Drama mit Anlauf, eine Tat wie aus einer griechischen Tragödie: In der Einvernahme bei der Polizei sagte der Verdächtige Christian P.: „Mein Vater war, seit ich ihn bewusst kenne, ein Tyrann. Er hat sowohl meine Mutter als auch mich regelmäßig körperlich und seelisch misshandelt. Alles hat nach seinem Kopf gehen müssen. Die Menschen in seiner Umgebung waren ihm nicht wichtig. Selbst mit seinem Bruder war er zerstritten.“ Tatsächlich ließ der Vater Josef P. (78) seine Ehefrau Renate erstmals in das Wagner Jauregg-Spital zwangseinweisen, als der Sohn acht Jahre alt war. Dieser sagte bei der Polizei: „Meine Mutter ist seit meinem achten Lebensjahr krank, wobei sich die Symptome immer steigerten. Richtig schlimm wurde es vor einem Jahr. Meine Mutter leidet seit 1985 unter Depressionen und anderen Krankheiten.“ Laut seiner Aussage kümmerte sich überwiegend Christian P. seit fünf bis sechs Jahren um seine Mutter, weil der Vater die Pflege vernachlässigte.

Vater kaufte sich drittes Auto
Am Faschingsdienstag eskalierte es, nachdem die Eltern den Sohn, der vor zehn Jahren ein Burn-out hatte, seither arbeitslos ist, in Linz besuchten. Christian P. ging mit seiner Mutter zum Arzt, der Vater kaufte sich inzwischen sein drittes Auto. Gegen 17 Uhr, da waren die Eltern wieder in Enns, rief der Sohn beim Vater an, stritt sich mit ihm wegen medizinischen Behandlungen für die Mutter. Christian P. hatte zuhause acht Halbe Bier getrunken, ein Promille intus. Gegen 18…Uhr fuhr er nach Enns, stritt mit dem Vater, weil dieser zwar ein neues Auto kaufte, es aber ablehnte, 150 Euro für einen Wahlarzttermin für die Ehefrau zu bezahlen. Der 78-Jährige drehte dem Sohn den Rücken zu. Christian P. wollte ihn laut eigener Angabe umdrehen, packte den Vater an den Schultern, der dem Sohn daraufhin mit der Hand ins Gesicht schlug. Eine finale Demütigung. Der Sohn packte den Vater mit beiden Händen am Hals und drückte solange zu, bis dieser zu Boden ging. Dann rief Christian P. Rettung und Polizei, sagte: „Ich hab meinen Vater ermordet.“

„Keine Tötungsabsicht“
Verteidiger Karl Puchmayr, der mit der Familie verwandt ist, sagt: „Ich gehe von einer Affekthandlung aus. Es bestand meines Erachtens keine Tötungsabsicht. Es wird auch spannend, was im Obduktionsgutachten steht. Josef P. könnte ja auch einem Herzinfarkt oder einem Zuckerschock erlegen sein. “ Ein psychiatrisches Gutachten von Adelheid Kastner soll überprüfen, ob Christina P. zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war und ob er ein Fall für eine Einweisung in eine Sonderanstalt ist.

Christoph Gantner, Kronen Zeitung

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