Frauen im Strafvollzug

Weibliche Pionierarbeit bei der Justizwache

Steiermark
06.03.2020 08:10

Die Steirerin Sandra S. war 1997 eine Pionierin bei der Justizwache. Seit ihrem Antreten hat sich im Strafvollzug einiges getan - Frauen sind allerdings immer noch in der Unterzahl.

Mehrere Jahre lang war Sandra S. schon in der Privatwirtschaft tätig, ehe ihr ein Bekannter die Arbeit bei der Justizwache schmackhaft machte. „Zweifelsohne hat er sicher ein wenig idealisiert“, gibt Sandra S. zu. Doch der Gedanke, in einer Haftanstalt zu arbeiten, ließ sie nicht mehr los. Bis sie schließlich im Jahr 1997 als eine der ersten drei Frauen in der Haftanstalt Graz-Karlau den Dienst als Justizwachebeamtin antrat.

„Angst, es könnte uns was passieren“
„Der damalige Anstaltsleiter hatte unglaubliche Angst um uns. Erst im Jahr zuvor hat es ja eine Geiselnahme gegeben, das saß noch allen in den Knochen. Außerdem sind einige Insassen hier, weil sie Frauen Gewalt angetan, sie missbraucht und vergewaltigt haben - und die viele Jahre lang keine Frau zu Gesicht bekommen haben. Man dachte, das könnte uns auch passieren“, denkt sie zurück. „Dass man uns als Frauen nicht wollte, damit hat das gar nichts zu tun. Die Frage, ob wir als Frauen geeignet sind, hat sich auch gar nie jemand gestellt.“

Auch unter den Insassen machte sich die weibliche Anwesenheit bemerkbar. „Der Verkauf von Deo, Duschgel und Haarshampoo ist eklatant gestiegen“, lacht S., „sie haben sich ordentlicher gepflegt. Früher waren die Wände mit anzüglichen Damenbildern zutapeziert. Plötzlich waren die weg, weil sich die Männer vor uns geniert haben. Das ist auch jetzt noch so. Zudem sind die Umgangsformen höflicher geworden.“

Leiterin einer Männer-Abteilung
Später leitete Sandra S. auch eine Abteilung in der Männer-Strafvollzugsanstalt. Ein Herr ist ihr ganz besonders in Erinnerung geblieben: Er hatte im Rausch seine Lebensgefährtin mit mehreren Messerstichen ermordet. Im Gefängnis bemitleidete er sich, weil seine Kinder nichts von ihm wissen wollten. Die Justizwachebeamtin drehte den Spieß um: „Ich erinnerte ihn daran, wie es wohl seinen Kindern geht, die sich nun in dem kleinen, beschaulichen Ort beschimpfen lassen müssen. Dass es ihnen eigentlich gerade viel schlechter ergeht als ihm, der in Haft sitzt.“ Kurze Zeit später bedankte sich der Gefangene für ihre Worte. Weibliche Intuition? „Möglicherweise“, lächelt sie.

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Als wir gekommen sind, ist der Verkauf von Deo und Duschgel eklatant in die Höhe geschnellt. Insassen haben sich wieder intensiver gepflegt.

Justizwachebeamtin Sandra S.

„Respekt vor der Uniform“
Noch nie wurde sie in ihrer Position als Frau in Frage gestellt. Weder von Kollegen, noch von Gefangenen. „Ich denke, dass die Insassen primär Respekt vor der Uniform haben. Zugegeben, bei manchen Insassen muss man sich diesen Respekt erarbeiten. Weil sie ihn zuvor einfach vor niemandem gehabt haben. Was aber nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.“

Künftigen Kollegen rät sie, sich intensiv zu informieren und zu überlegen, ob man die notwendigen Anforderungen erfüllen kann.

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