Von Chef angezeigt:

„Das ist ein persönlicher Krieg gegen uns beide“

Tirol
01.03.2020 08:00

Sie sehen es als ihre Pflicht, für die Interessen ihrer Kollegen einzustehen und über Missstände aufzuklären - auch öffentlich: Oliver Wille und Erich Kleinhans sind Personalvertreter und Gewerkschafter in der Justizanstalt Innsbruck. Doch genau wegen ihrem Schritt an die Öffentlichkeit wurden sie vom ihrem Vorgesetzten angezeigt. Nun sprechen die beiden Klartext. Der Anstaltsleiter hingegen verteidigt sein drastisches Vorgehen. 

Mit ihrem Einsatz haben sie bisher so einiges erreicht. Im Oktober 2019 sorgten sie zum Beispiel für die Umsetzung von abgetrennten stationären Behandlungszimmern für Häftlinge an der Klinik Innsbruck, die seit etlichen Jahren langersehnt waren und nun für Erleichterung sorgen – die „Krone“ berichtete ausführlich.

„Er hat uns nicht persönlich davon in Kenntnis gesetzt“
Doch was in ihren Augen Engagement ist, stößt ihrem Vorgesetzten, Anstaltsleiter Reinhard Potocnik, sauer auf. „Er hat bereits mehrere Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft Innsbruck übermittelt – etwa zur Prüfung einer eventuell strafrechtlich relevanten Verfehlung. Doch darüber persönlich in Kenntnis gesetzt hat er uns kein einziges Mal – obwohl wir ihn tagtäglich sehen. Wir haben das durch Zufall oder über anonyme Anrufe erfahren“, sagen Wille und Kleinhans.

Das sei ein ganz schlechter Stil. „Nur weil wir aufzeigen wollen, geht er böswillig gegen uns vor. Er führt einen persönlichen Krieg gegen uns, mit der Arbeit hat das nichts mehr zu tun“, stellen Wille und Kleinhans klar.

Amtsmissbrauch? „Wir haben nichts gemacht“
Hat der Anstaltsleiter recht mit seinem Vorwurf? „Natürlich nicht. Wir haben keinen einzigen Amtsmissbrauch begangen. Vor allem in unserer Funktion wissen wir sehr wohl, dass das nicht erlaubt ist. Wir haben nur nach außen getragen, was sich innerhalb der Gefängnismauern abspielt, um die Gesellschaft wachzurütteln. Mit Verlaub, die Wahrheit ist sogar beim Kaiser erlaubt“, zeigen sich die Personalvertreter und Gewerkschafter verärgert.

Dass an den Unterstellungen nichts dran sei, beweise auch die Tatsache, dass die Causa von Seiten der Staatsanwaltschaft bereits kurz nach Einlagen ad acta gelegt wurde – wie im Übrigen auch in weiteren Fällen.

„Unser eigener Chef geht gegen uns vor“
Spannend ist an dieser Stelle die Frage, welche Aussagen das Amtsgeheimnis angeblich verletzt haben sollen. Dazu zählen: „Vor wenigen Tagen besuchten einige Insassen ein Kabarett. Dabei wurden sie von Beamten bewacht, gegen 23 Uhr waren sie wieder in der Anstalt“ sowie „In diesem Monat sind wir gleich wenige Leute, weil einige von uns auf Ausbildung sind.“

Doch dem noch nicht genug. „Unser Chef soll prinzipiell wegen jedem Zeitungsartikel, in dem wir namentlich erwähnt waren, Anzeigen gegen uns erstattet haben“, betonen die beiden Justizwache-Beamten. Wille und Kleinhans sind sehr enttäuscht: „Anstatt dass der Anstaltsleiter froh wäre, zwei Personalvertreter zu haben, die für Verbesserungen und ein gutes Klima sorgen wollen, stellt er sich gegen uns. Er steckt wohl noch mit anderen unter einer Decke.“

Anstaltsleiter verteidigt sein drastisches Vorgehen
“Bei der Ausübung meiner dienstlichen Aufgaben lasse ich mich ausschließlich von sachlichen Überlegungen leiten“, betont Reinhard Potocnik, Leiter der Justizanstalt Innsbruck, und weist den Verdaht einer persönlichen Fehde gegenüber den zwei Personalvertretern vehement von sich. Zudem seien die Ersuchen um strafrechtliche Prüfung nicht anonym eingebracht worden.

„Die im seinerzeitigen Artikel bekannt gewordenen Informationen waren für mich Resultat der amtlichen Tätigkeit eines Justizwache-Bediensteten, weshalb die Preisgabe dieses Faktenwissens für mich den Verdacht der Verletzung der Amtsverschwiegenheit darstellte. Ich sah mich daher verpflichtet, im Sinne des Gesetzes zu handeln“, erklärt Potocnik.

Dass die Causa eingestellt wurde, habe von seiner Seite uch keinerlei Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis mit den Personalvertretern und Gewerkschaftern. 

„Sie wurden informiert“
Apropos Verhältnis: „Jedes Ersuchen um strafrechtliche Prüfung wird offiziell und nicht anonym eingebracht. Sowohl Herr Abteilungsleiter Kleinhans als auch Herr Revierinspektor Wille wurden von mir jeweils persönliche über das Ersuchen um strafrechtliche Prüfung informiert. Und auch das Ministerium wurde davon in Kenntnis gesetzt“, betont Potocnik. 

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