Nonnen erzählen

Gemeinsam statt einsam durch die Fastenzeit

Tirol
26.02.2020 17:00
Wie wird im Kloster gefastet? Und was können wir alle davon lernen? Gespräch mit den Tertiarschwestern Notburga und Gertrud aus Hall.

Wie verbringen Sie im Kloster mit ihren Mitschwestern die Zeit bis zur Karwoche?

Wir sind im Haus 41 Schwestern. Nach dem lustigen Fasching, den wir auch mit viel Freude feiern, ist der Aschermittwoch wieder so etwas wie ein Neubeginn. Wir nehmen die sehr einfachen Mahlzeiten im Schweigen ein und damit beginnt eine ruhigere Zeit. Das sieht man auch in unserer Kirche, die in diesen Wochen nicht mit Blumen geschmückt ist. Was jeder Schwester in dieser Zeit an Verzicht gut tut, das entscheidet sie selber. Gemeinsam haben wir beschlossen, am Mittwochabend nur eine Suppe zu essen und dafür mehr für soziale Projekte zu spenden. Wir Schwestern bemühen uns um ein intensiveres Gebetsleben und pflegen vor allem die Kreuzwegandacht, eine typisch franziskanische Gebetsform.

Fasten ist unter dem Schlagwort Detox (Entgiften) wieder modern. Um schlank und fit zu sein. Trifft das das Wesen des Fastens?

Für uns trifft das nur einen Teilaspekt, wenn auch einen wichtigen. Die Erfahrung eines „Weniger“ ist für uns in unserer Konsumwelt, in der immer von allem zu viel vorhanden ist, heilsam, und lässt uns wieder dankbarer genießen, was uns geschenkt ist. Für uns bedeutet Entgiftung auch etwas Ganzheitliches, im Bemühen um Versöhnung erleben wir auch eine wohltuende seelische Entgiftung. Außerdem gehört für uns zum Fasten auch die Solidarität mit den wirklich Armen.

Was raten Sie einem Menschen, der zu Ihnen kommt und sagt: Ich würde gerne loslassen, Ballast abwerfen, ich fühl mich orientierungslos. Aber ich weiß nicht, wo ich beginnen soll?

Hilfreich ist hier sicher ein Rückzug an einen Ort der Stille mit spiritueller Begleitung. Das Bewusstsein, dass ich das nicht alleine bewältigen muss, sondern es voll Vertrauen Gott hinhalten kann, ist zudem sehr entlastend. Das schrittweise Erleben, dass im Loslassen ein Mehr an Lebensmöglichkeiten entdeckt werden, macht immer mehr Lust auf diesem Weg hin zum Leben in Fülle. Eine gute Möglichkeit ist es, diesen Weg mit einer Gruppe – zum Beispiel bei Exerzitien im Alltag – gemeinsam zu gehen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Gibt es bei den Tertiarschwestern in Hall die Möglichkeit, an Exerzitien teilzunehmen oder eine Zeit im Kloster zu verbringen?

Für Frauen gibt es die Möglichkeit des Mitlebens für eine bestimmte Zeit und zu den Quellentagen, einmal im Monat, laden wir Frauen und Männer ein. Das sind Tage, an denen wir uns Zeit für unsere Begegnung mit dem liebenden Gott nehmen und uns beschenken lassen von seinem Wort.

Ein Kloster ist für viele ein unbekannter Ort. Kaum jemand kann sich das Leben dort vorstellen, wenige entscheiden sich dafür. Sterben Ordensgemeinschaften aus?

Wir glauben, dass es Ordensgemeinschaften immer geben wird, vielleicht wird sich die Form ändern. Ordensleben ist nämlich eine verheißungsvolle Art zu leben, um Freude, Sinn und Fülle zu erfahren. Was wir unserer Gesellschaft als Alternative anbieten können: Auf das „Immer-noch-mehr“ antworten wir mit einem zufriedenen „Genug“!

Ein Gegenentwurf, den immer mehr suchen.

Ja! Auf die Ausbeutung der Erde antworten wir mit einem einfachen Lebensstil, der die Ressourcen dieser Welt schont. Auf Beliebigkeit und Unverbindlichkeit antworten wir mit einer lebenslangen Bindung. Auf Vereinzelung und Vereinsamung antworten wir mit einem Leben in Gemeinschaft. In einer Welt des Vordergründigen leben wir in Ausrichtung auf Gott hin. In einer Welt, die immer lauter wird, genießen wir regelmäßige Zeiten der Stille. In unserer Zeit, in der die Zerstörung der Umwelt ein immer brennenderes Thema wird und uns vor die Alternative stellt, entweder unseren Lebensstil radikal zu ändern oder unsere Lebensgrundlagen zu verlieren, ist unser einfacher klösterlicher Lebensstil so aktuell wie nie.

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