Datenschützer besorgt

Gesichtserkennung: EU plant Datenverband

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24.02.2020 14:56

Neben Fingerabdrücken, DNA und Kennzeichen könnten in den Datenbanken europäischer Polizeibehörden schon bald auch Gesichter gespeichert und für den Abgleich mit anderen Ländern grenzüberschreitend ausgetauscht werden. Das geht aus internen Dokumenten der EU hervor, die jetzt durchgesickert sind. Eine federführende Rolle beim Vorantreiben der Pläne soll demnach Österreich spielen. Datenschützer sind alarmiert.

Wie die Investigativ-Plattform „The Intercept“ unter Berufung auf einen EU-Report vom November 2019 berichtet, der ihr von einem „besorgten“ Beamten zugespielt wurde, fordern die Polizeibehörden von zehn EU-Mitgliedstaaten unter österreichischer Führung die gesetzliche Einführung und Vernetzung nationaler Gesichtserkennungsdatenbanken in allen EU-Mitgliedstaaten. Zu diesem Zweck soll das sogenannte Schengen-III-Abkommen, das einen Informationsaustausch zwischen den Vertragsparteien zur Verhinderung und Verfolgung von Straftraten vorsieht, erweitert werden.

Obwohl bislang kein entsprechender Gesetzesentwurf vorliegt, sollen die Vorbereitungsarbeiten bereits im Gange sein. „The Intercept“ zufolge flossen rund 700.000 Euro in eine Studie der Beratungsfirma Deloitte über mögliche Änderungen des Schengen-III-Abkommens, wobei ein Teil der Arbeit die Gesichtserkennungstechnologie betrifft. Die EU-Kommission habe außerdem 500.000 Euro an ein Konsortium öffentlicher Einrichtungen unter der Leitung des Estnischen Instituts für Forensik gezahlt, um „die aktuelle Situation der Gesichtserkennung bei strafrechtlichen Ermittlungen in allen EU-Mitgliedstaaten zu erfassen“, mit dem Ziel, „auf den möglichen Austausch von Gesichtsdaten hinzuarbeiten“, so eine Projektpräsentation, die an nationale Vertreter in Brüssel geschickt wurde.

Sorge vor „politisch motivierter Überwachung“
„Dies ist sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene besorgniserregend, zumal einige EU-Länder sich zu autoritäreren Regierungen hinwenden“, wird Edin Omanovic von der Menschenrechtsorganisation Privacy International zitiert. Er befürchtet, dass eine gesamteuropäische Gesichtsdatenbank für „politisch motivierte Überwachung“ genutzt werden könnte.

Auch bei den NEOS ist man alarmiert: „Die zunehmende Speicherung von persönlichen Daten ist äußerst beunruhigend“, so der stellvertretende Klubobman Niki Scherak. „Auch in Österreich sehen wir anhand der geplanten Gesichtserkennungssoftware, dass die ÖVP nicht vor Datenspeicherung im großen Stil zurückschreckt und ihre Fantasie eines Überwachungsstaats immer stärker vorantreibt.“ Die Partei hat daher Anfragen an Innen- und Justizministerium gestellt, um dem angeblichen Datenverband für Gesichtserkennung auf den Grund zu gehen.

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