Flughafen-Chefin:

„Wir sind hier nicht in der Hexenjagd“

Salzburg
21.02.2020 09:00

Flughafen-Chefin Bettina Ganghofer erklärt im großen „Krone“-Interview die Auswirkungen der Klimakrise auf den Salzburg Airport, ihr eigenes Flugverhalten und warum sie mit der Lufthansa glücklicher ist als mit der Austrian.

Frau Ganghofer, Klima-Krise, Flugscham, Korruptionsvorwürfe bei Airbus, Flugverbote bei Boeing. Die Luftfahrt-Industrie erlebte schon bessere Zeiten. Welche Auswirkungen hat das auf den Flughafen Salzburg?

Aus meiner Sicht keine. Auf diesen Nischenmarkt, dazu gehört Salzburg, wirken sich weder Hypes noch Krisen unmittelbar aus. Dafür sind wir viel zu konstant mit der Nachfrage. Ich denke auch, dass wir hier insgesamt ein gutes Marktumfeld haben, was das Aufkommen angeht und immer noch eine tolle Destination sind für Leute, die Österreich bzw. die Salzburger Region besuchen wollen.

Was kann der Flughafen Salzburg im Kampf gegen den Klimawandel tun?

Es gibt vier Handlungsfelder und Maßnahmen, um das „CO2 Zero Emissions 2050 Programm“ zu erreichen. Energieversorgung, Gebäudetechnik, Fuhrpark und flughafenspezifische Anlagen wie die Umrüstung auf Befeuerung von Start- und Landebahn auf LED-Technologie.

Jugendliche und junge Erwachsene besetzen das Thema Umwelt. Was können Sie als Flughafenchefin in einer CO2-Diskussion einem Jugendlichen, der für die Beschränkung des Luftverkehrs ist, entgegensetzen?

Endlich hat das Thema, dass seit den 80er-, 90er-Jahren vor sich hin gärt, eine Gruppe gefunden, die tatsächlich gehört wird. Das bringt mehr als sämtliche Klimakonferenzen oder grüne Parteien oder sonst wer vermögen kann. Und da sind ja sehr viele seriöse Personen dabei. Diese Frage ist deutlich komplexer zu lösen. Es geht nicht darum, alles zu verbieten und zu beschränken. Ich kann sagen, ich verbiete Netflix und ich beschränke Twitter usw. - das alles hinterlässt auch CO2-Abdrücke. Wie kann ich in Zukunft vernünftig damit umgehen? Dafür braucht es Aufklärung, Forschung, Entwicklung und neue Markteinführung, um das Ganze zu verbessern. Wenn der Mensch sich eine solche Krise geschaffen hat, hat er in der Regel mit vernünftigen Lösungen Antworten gefunden und Antworten müssen wir entwickeln und nicht Verbote, weil wir sind hier nicht in der Hexenjagd.

Haben Sie Ihr Flugverhalten hinterfragt?

Nein. Mir ist sehr bewusst, was das Effizienteste und Praktischste ist, und manchmal ist es praktischer zu telefonieren oder sich ins Auto zu setzen. Also ehrlich, die Frage hat sich für mich nie gestellt. Ich hab nicht verstanden, wenn ich in der gleichen Zeit nach Wien komme und ich aufstehen und arbeiten kann, dann setz ich mich lieber in den Zug als in den Flieger. Aber das tun ja alle anderen auch, in den Flieger nach Wien sitzen ja kaum Leute, die nur nach Wien wollen. Für mich steht der Gedanke people planet profit im Focus, das schließt selbstverständlich auch das Thema Umwelt mit ein. Es braucht in einem Wirtschaftsunternehmen Profit um nachhaltig wirtschaften zu können und in Umwelttechnologien investieren zu können. Ökologie und Ökonomie müssen hier im Gleichgewicht sein. Alles was überzogen in eine Richtung geht, funktioniert nicht.

Wie kann die Luftfahrt mit dem Thema Umwelt umgehen?

Fluggesellschaften sind konservative Gebilde, die in den letzten 30 Jahren immer gescheut haben zu sagen, in welchen Bereichen sie außer der Fliegerei noch sehr gut aufgestellt sind. Ich glaube, dass die Airlines dieses Informationsdefizit, was sie in den letzten 30 Jahren neben der Fliegerei noch gut gemacht haben, auch nicht mehr aufholen können. Leider stehen sich da viele Fluggesellschaften selber im Weg, der Zug ist abgefahren und viele tolle Botschaften gehen damit völlig unter. So wie: „Wir haben es geschafft, in den letzten 30 Jahren den Spritverbrauch pro Passagier um die Hälfte zu senken. Ich brauch nicht mehr 6,5, sondern nur mehr drei Liter“. Diese Botschaften sind untergegangen und heute will das letztendlich keiner mehr hören, weil sie haben den Buhmann bereits gefunden!

Rund 230 Flugbewegungen jeden Samstag im Februar. Welchen Anteil am Jahresergebnis haben diese vier Tage?

Für uns ist der Samstag eine extreme Herausforderung. Das ist ein sehr wichtiger Tag, im Wesentlichen für die Region. Die Leute aus ganz Europa entscheiden sich für Salzburg, um dort ihren Winterurlaub zu verbringen. Und das machen sie gerne und sie kommen immer wieder.

Ist der Flughafen an diesen Tagen voll ausgelastet?

An diesen Wintercharter-Samstagen geht nichts mehr, da sind wir voll - egal ob es jetzt die Piste angeht, wo die Flugzeuge hier parken können, in den Prozessen Sicherheit, Gepäckausgabe, Zoll, Passport-Kontrolle. Das ist das Maximale.

Welche Destinationen fehlen aktuell, wo besteht Handlungsbedarf?

Wünsche gibt es viele, aber schön wäre ein bisschen Italien und Spanien, Benelux und Russland würde ich im Sommer auch gerne sehen. Und vergessen wir die Golfstaaten nicht - ein sehr wertvoller Markt. Die genannten Destinationen kann ich mit einem Kurz-und Mittelstreckenflugzeug gut bedienen, die Flugzeit muss noch passen.

Wie stehen die Chancen, dass neuen Destinationen hinzukommen?

Wir brauchen in der Regel zwischen drei und fünf Jahre, um eine Destination zu entwickeln. Das wird immer unterschätzt und das hängt von unseren Wunschkunden, Wunschfluggesellschaften und von der Flugzeugverfügbarkeit ab. Ich muss dazu sagen, es gibt ideale Muster, die wir gerne sehen. Der A320 neo ist so ein extrem leiser Jet, der gut passt.

Der Terminal 1 ist schon in die Jahre gekommen. Renovierung oder Neubau - was bevorzugen Sie?

Ich hatte das nicht so richtig auf dem Schirm, als ich mich hier um diese Stelle beworben habe. Ich wusste um die Pistensanierung und dass es noch Infrastruktur-Projekte gibt. Wir haben 1,8 Millionen Quadratmeter und über 60 Gebäude auf diesem Grundstück stehen, die wir betreuen, instand halten, warten müssen. Wir haben halt mit dem Terminal 1 letztendlich 16 Einzelgebäude, die seit den 1960er-Jahren entstanden sind. Das ist in der Sicherheit, im Brandschutz, in allen möglichen Sachen nicht ideal und völlig unflexibel, nicht effektiv wirtschaftlich betreibbar. Und ich möchte künftig gerne, dass wir hier Klima-Smart sind. Wir müssen auch schauen, ob der Flughafen das wieder verdienen kann, was er da ausgibt. Und wie im privaten Bereich auch ein paar Wünsche ad acta legen und uns auf das Notwendigste konzentrieren. Das Notwendigste ist immer noch teuer genug.

Das Fluggastaufkommen erreichte 2007 den Topwert, blieb seither unerreicht. Wie erklären Sie sich das?

2007 war das absolute Spitzenjahr, danach kam die große Weltwirtschaftskrise. Wir haben in der Branche festgestellt: In Krisen fällt erst einmal sehr viel Verkehr weg. Wenn er sich aufbaut, dann nicht bei den regionalen Flughäfen, sondern bei den Hubs. Das ist ein strategisches Spiel. Bis 2007 gab es zudem sehr viele Fluggesellschaften, die 80 bis 100 Sitzer hatten. Die gibt es mittlerweile nicht mehr. Das ist nicht wirtschaftlich. Die kleinen regionalen Fluggesellschaften sind fast alle weg: Dazu Flyniki, Air Berlin, Germania, Wow Air, Monarch. Und Norwegian steckt in der Krise.

Austrian ist auf der Strecke nach Frankurft Vergangenheit, die Lufthansa fliegt seit 1. Jänner 2020 - Schmerzt der Wechsel? Ein Imageverlust?

Im Gegenteil. Die Lufthansa ist ein Geschenk auf der Strecke nach Frankfurt für uns. Weil sie ihre Kapazitäten aus Frankfurt flexibler einsetzen können. Große Nachfrage, großes Flugzeug, kleine Nachfrage, kleines Flugzeug. Das Produkt Lufthansa ist ein hochwertiges, kommt gut am Markt an und hat ein sehr hohes Image. Auf der Frankfurt-Strecke ist das von der Entwicklung positiv zu sehen.

Dass die AUA die Strecke nach Wien einstellen wird?

Kein Imageverlust. Nicht für den Flughafen. Die AUA muss für sich eine Strategie finden, ob sie eine Wien-Fluggesellschaft ist. Dort verbindet sie von Wien aus die Welt. Und hofft, dass irgendwie Gäste von Wien aus mit irgendeinem System weiterkommen. Der Flughafen Salzburg hat nur einen Kurzstrecken-Flug und das ist Wien. Es gibt keine Anbindung mit der ÖBB aus den Regionen. Der Zug nach Wien ist nur für 20 Prozent der Fluggäste interessant. Die anderen 80 Prozent von Rosenheim, Zell/See usw. fahren nicht in die Stadt Salzburg, um dann mit dem Zug nach Wien zu fahren. Das Produkt passt dann nicht, außer eben für den Salzburger selber.

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