„Sie bringen uns um!“

Wut in Mexiko nach Morden an Mädchen (7) und Baby

Ausland
19.02.2020 23:13

Nach den Morden an einem siebenjährigen Mädchen und einem fünf Monate alten Baby kocht die Wut der Bevölkerung in Mexiko, wo jeden Tag im Durchschnitt zehn Frauen getötet werden, über. Schon nachdem vor eineinhalb Wochen die bestialische Bluttat an einer 25-Jährigen durch ihren Ehemann für einen Aufschrei gesorgt hatte, gingen feministische Gruppen als Protest gegen die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen in dem Land auf die Straße (siehe auch Video oben). Vor dem Nationalpalast in Mexiko Stadt skandierten sie „Sie bringen uns um!“. Mexikos Präsident sieht die Schuld für die hohe Zahl an Femiziden bei der neoliberalen Politik seiner Vorgänger.

Das siebenjährige Mädchen, dessen Name lediglich mit Fatima bekannt ist, wurde zuletzt gesehen, als am 11. Februar eine vorerst unbekannten Frau die Kleine von der Schule abholte. Am nächsten Tag meldete die Familie die Siebenjährige als vermisst, nachdem sie auch am Abend und in der Nacht nicht nach Hause gekommen war. Die Leiche des Mädchens wurde am vergangenen Samstag schließlich in Tlahuac im Süden von Mexiko Stadt in einem Plastiksack auf einem leeren Grundstück gefunden. 

Vor dem Tod sexuell missbraucht und misshandelt
Das Mädchen war vor seinem Tod sexuell missbraucht und misshandelt worden, sagte der Generalstaatsanwalt der Stadt. Die Familie beklagte, dass die Behörden wertvolle Zeit verschwendet hätten. So habe die Polizei erst drei Tage nach ihrem Verschwinden mit der Suche nach Fatima begonnen.

Nach der Frau auf den Bildern aus der Überwachungskamera wird fieberhaft gesucht. Nachdem zunächst mit einer Zeichnung nach der Verdächtigen gefahndet wurde, konnte inzwischen die Identität der Frau festgestellt werden. Eine Belohung von umgerechnet 100.000 Dollar wurde ausgesetzt. Auch nach ihrem Ehemann wird als mutmaßlichem Komplizen gefahndet.

Fünf Monate altes Baby aus den Armen der Mutter gerissen
Während die Bevölkerung noch den Tod der Siebenjährigen und der 25-jährigen Ingrid Escamilla betrauert, schockiert ein weiterer grausamer Mord das Land: Ein erst fünf Monate altes Baby wurde am Dienstagnachmittag den Armen seiner Mutter entrissen, am Mittwoch stieß die Polizei in Saltillo im Norden von Mexiko auf die Leiche des kleinen Karol Nahomi.

25-Jährige von Ehemann brutalst verstümmelt
Der 25-jährigen Ingrid Escamilla war von ihrem Mann die Kehle durchgeschnitten worden. Fotos der teilweise sogar enthäuteten Leiche gelangten an die Presse und sorgten für einen Aufschrei. Feministinnen gingen auf die Straßen, einigen von ihnen legten vor dem Sitz der Regierung Feuer und beschmierten die Tore des Gebäudes mit Farbe. Sie besprühten auch die Schutzschilder von Polizisten mit Farbe und skandierten: „Sie bringen uns um!“

Gewalt gegen Frauen wird offenbar nicht ernst genug genommen
Feministische Gruppen und Menschenrechtsorganisationen werfen dem linkspopulistischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador vor, die Gewalt gegen Frauen nicht ernst genug zu nehmen. So empörte er sich zuletzt bei einer Pressekonferenz darüber, dass ihm mehr Fragen zum Thema Frauenmorde gestellt würden als über die symbolische Versteigerung des Präsidentenflugzeugs.

Am Montag machte er die neoliberale Politik seiner Vorgänger für die Gewaltwelle verantwortlich: "Wir sehen einen Verfall, einen fortschreitenden Niedergang, der etwas mit dem neoliberalen Modell zu tun hat. Das lässt sich nicht mit Polizisten, Gefängnissen und der Drohung mit einer harten Hand lösen. Wir müssen uns darum von Grund auf kümmern, mit materieller und seelischer Fürsorge.“

Um 137 Prozent mehr offizielle Femizide als noch vor fünf Jahren
Femizide - Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts - haben in den vergangenen fünf Jahren in Mexiko um 137 Prozent zugenommen. Im Jahr 2019 wurden 1006 gemeldet, 912 im Jahr davor. Bei durchschnittlich zehn Frauenmorden pro Tag in dem Land ist diese Zahl aber wohl zu niedrig angesetzt: Aktivisten verlangen, dass mehr dieser Fälle offiziell als Femizide eingestuft werden. 

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