Einer für alle?

MG ZS EV: So fährt das Elektro-SUV zum Kampfpreis

Motor
14.02.2020 01:01

Dieses Auto mit dem „klingenden“ Namen MG ZS EV stellt vieles infrage, was wir fix zu wissen glauben: Autos aus China sind grundsätzlich gefährliche Crashboxen, ein MG ist ein cooler, britischer Klassiker und Elektroautos sind teuer. Weit gefehlt. Denn dieser MG kann sich mit fünf NCAP-Sternen schmücken, ist ein Elektro-SUV aus China - und er kommt mit Hammer-Ausstattung zu einem unglaublichen Kampfpreis!

(Bild: kmm)

In unserem krone.at-Video von der Vienna Autoshow haben wir den MG ZS EV erstmals gezeigt, nun hatten wir die Gelegenheit, mit dem kompakten Elektro-SUV zu fahren. Eines vorweg: Wer keine allzu hohen Ansprüchen an das Fahrverhalten stellt, ist hier tatsächlich gut bedient und bekommt so richtig viel Auto fürs Geld.

Aber im Einzelnen:

Wo er herkommt: Der Hintergrund
Der MG ZS EV ist ein kompaktes Elektro-SUV aus dem chinesischen SAIC-Konzern. SAIC Motor ist der größte Hersteller von Autos, Motorrädern und Autoteilen in China, fertigt jährlich rund sieben Millionen Autos, darunter u.a. Millionen für VW und General Motors. 2007 hat SAIC die Rechte an der Marke MG gekauft. Nach Norwegen und den Niederlanden ist Österreich das dritte europäische Land, in dem SAIC Motor mit u.a. MG vertreten ist. Die Familie Frey (Toyota, Lexus, Aston Martin) tritt als Vertriebspartner auf.

Was er ist: Unspektakulär
Mit 4,31 Meter Länge, 1,81 Meter Breite und einem Radstand von 2,59 Meter ist der MG ZS EV wie maßgefertigt für den Markt. Im Boden untergebracht sind Akkus mit einer Kapazität von 44,5 kWh, unter der Fronthaube sitzt ein PMS-Motor, der die Vorderachse antreibt und 105 kW/143 PS sowie aus dem Stand ein maximales Drehmoment von 353 Nm bereitstellt. Die WLTP-Reichweite wird mit 263 Kilometern angegeben. Das ist für ein Auto dieser Größe relativ wenig, je nach Anforderungsprofil aber für viele ausreichend. Mit dem optionalen Kabel (kostet 210 Euro) lassen sich die MG-Akkus an einer Schnellladestation in 40 Minuten zu 80 Prozent füllen, für das Laden an der Haushaltssteckdose werden 7,5 Stunden angegeben.

Design: Ein Mazda müsste man sein
Der Chinese mit dem britischen Namen tritt sehr gefällig auf, wenn auch nicht sonderlich eigenständig. Vorne wirkt er auch bei genauerer Betrachtung wie ein Mazda, wobei das Gitter im Kühlergrill an den Diamantgrill von Mercedes erinnert. Abgesehen davon hat er viel vom Hyundai ix35, der von 2009 bis 2015 gebaut wurde. Wenn jemand behaupten würde, es handle sich um ein Facelift des Koreaners, man möchte es ihm fast glauben.

Innenraum: Ganz schön viel Platz
Dafür, dass der MG ZS EV in der Länge nur 4,31 Meter misst, ist er ganz schön geräumig. In den Kofferraum passen 470 Liter, 448 Liter sind es, wenn man den doppelten Boden einlegt, und 1166 Liter fasst er, wenn man die Rücksitzlehnen umklappt (1/3-2/3). Auf der bequemen Rückbank fühlen sich auch groß Gewachsene hinter groß Gewachsenen wohl, die Kniefreiheit ist schon beinahe opulent, die Kopffreiheit noch viel mehr. Auch mit dem riesigen Panorama-Glasschiebedach und geschlossenem Rollo.

Nur vorne, auf dem Fahrerplatz, ist es nicht so leicht, eine gute Sitzposition zu finden. Der Grund: Das Lenkrad ist nur vertikal verstellbar und lässt sich nicht herausziehen. Rutscht man mit dem Sitz so weit nach vorne, dass man nah genug am Lenkrad sitzt, sind die Knie dauerhaft zu stark angewinkelt.

Bemerkenswert ist, dass das Interieur keinen besonders billigen Eindruck macht. Klar, es gibt weder Wurzelholz noch poliertes Aluminium, aber angesichts des Preises gehen Materialien und Verarbeitung mehr als in Ordnung.

Bedienung: Hitech von gestern
Der Fahrer blickt auf zwei analoge Rundinstrumente, links Tacho, rechts Powermeter, der anzeigt, wie stark der Fahrer gerade aufs Pedal drückt oder wie viel Energie gerade zurückgewonnen wird. Am unteren Rand zeigt eine Reihe aus altmodisch wirkenden LEDs den Ladezustand des Hochvolt-Antriebsakkus an. Die gleiche Anzeige gibt es auch unten am Tacho, hier aber für die 12-Volt-Batterie. Dazwischen befindet sich ein kleines Fahrdisplay für weitere Infos.

Zentrale Bedieneinheit ist ein Acht-Zoll-Touchscreen. Erste Testeingaben am Navigationssystem funktionierten problemlos, allerdings war das Kartenmaterial nicht ganz aktuell. Ebenso wie das Navi sind auch DAB-Satellitenradio und Apple CarPlay/Android Auto serienmäßig.

Praktisch ist, dass ein Volume-Drehregler, eine Mute-Taste sowie eine dezidierte Klimaregelungseinheit vorhanden sind. Obwohl die Ausstattung insgesamt praktisch kaum Wünsche offen lässt, ist aber leider keine Klimaautomatik erhältlich. Und mit der manuellen Klimaanlage ist es nicht besonders einfach, die richtige Einstellung zu finden.

Die Fahrstufe legt man per Drehrad ein, ähnlich wie in einem Jaguar - nur dass das Rad nicht versenkbar ist. Mit dem Rückwärtsgang aktiviert sich die Rückfahrkamera, deren sehr großes Bild schärfer ist als bei manch europäischen Marken.

Eine Sache nervt: Es wird sehr häufig akustisch vor irgend etwas gewarnt. An diesen Ton muss man sich gewöhnen:

So fährt er sich: Ein Schiff wird kommen
Wie bei Elektroautos üblich ist der MG ziemlich spritzig. Er wuchtet seine 1,5 Tonnen in nur 8,2 Sekunden von null auf 100 km/h. Ebenfalls üblich ist die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit. Offiziell angegeben sind 140 km/h, tatsächlich ist der Testwagen GPS-gemessene 152 km/h gelaufen, der Tacho zeigt dabei 155 km/h an. Der Motor lässt beim Beschleunigen ein wenig Straßenbahngeräusch hören (nicht das Klappern, sondern das Sirren), ab knapp 100 km/h kommen Vibrationen dazu.

Beim Fahrverhalten muss man die größten Abstriche machen. Das Fahrwerk ist komfortbetont und sehr weich abgestimmt, daher lehnt sich der Wagen in Kurven weit zur Seite. Vor allem in schnellen Wechselkurven wankt er stark. Auf harschen Bodenunebenheiten bzw. Schwellen poltert es. Es ist nicht zu leugnen, dass hinten eine Starrachse verbaut ist, wie sie normalerweise Lastwagen oder schweren Geländewagen vorbehalten ist. Die Lenkung ist leichtgängig und relativ gefühlsarm. Wer viel in der Stadt unterwegs ist und generell eher gemächlich fährt, wird mit dem MG gut zurechtkommen.

Preise und Ausstattung: Wow!
Es gibt zwei Versionen des MG ZS EV: eine extrem gut ausgestattete und eine noch besser ausgestattete, zum Preis von 29.990 Euro (Comfort) bzw. 32.990 Euro (Luxury). Inklusive fünf Jahre oder 150.000 Kilometer Garantie, für die Antriebsbatterie acht Jahre oder 150.000 Kilometer. Es gibt fünf Farben, die vier Metallicfarben kosten 650 Euro Aufpreis. Darüber hinaus ist das einzige Extra das Gleichstromladekabel um 210 Euro.

Schon in der Basis an Bord sind u.a. Abstandstempomat, Stauassistent, Verkehrszeichenerkennung, Parksensoren hinten, Frontscheibenheizung, beheizte Außenspiegel, Navi, DAB, Apple CarPlay/Android Auto, verschiebbare Mittelkonsolen-Armlehne, schlüsselloser Zugang/Starten usw.

Bei Luxury kommen dazu u.a. 17- statt 16-Zoll-Felgen, elektrische Sitzverstellung, Sitzheizung, Hifi-System mit sechs statt vier Lautsprechern und 3D-Klang, ein riesiges Panorama-Glasschiebedach (das auch bei höherem Tempo nicht wummert), Totwinkelassistent, Regensensor oder auch die Rückfahrkamera.

Nicht erhältlich sind Dinge wie LED-Scheinwerfer (nur -Tagfahrlicht), Zweizonen-Klimaanlage oder axiale Lenkradverstellung.

Unterm Strich
Qualität kostet. Man darf sich also zum Kampfpreis kein Top-SUV auf europäischem Top-Niveau erwarten. Was man bekommt, ist ein Elektroauto mit mittelmäßiger Reichweite, das sehr gut ausgestattet ist und bei der Sicherheit keine Abstriche macht. Ob man mit dem Fahrverhalten glücklich wird, muss man bei einer Probefahrt dringend selbst herausfinden.

Wer einen haben will, muss nicht monatelang warten: Frey will innerhalb 24 Stunden liefern. Und übernimmt auch die Abwicklung der Elektroauto-Förderung.

Warum?
Extrem viel Auto fürs Geld
Nicht nur für ein Elektroauto günstig

Warum nicht?
Nicht zeitgemäßes Fahrverhalten

Oder vielleicht …
… Hyundai Kona, Kia e-Soul, Peugeot 2008

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(Bild: kmm)



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