Kurz: „Rote Netzwerke“

Streitereien: Justiz als Spielball der Parteien?

Politik
09.02.2020 06:00

Von „roten Netzwerken“ sprach Kanzler Sebastian Kurz und löste damit einen heftigen Streit aus. Und eine zentrale Frage stellt sich: Wie unabhängig ist das Justizsystem? Und ist es reformbedürftig? Dazu befragte die „Krone“ u.a. Ex-Höchstrichterin Irmgard Griss.

Justitia in aller Munde. Nach den Debatten, nicht zuletzt ausgelöst durch die Kritik von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, stellt sich die Frage: Wie unabhängig ist unsere Justiz? Fest steht: Staatsanwälte sind dem Justizministerium weisungsgebunden.

Griss: „Es gibt bessere Systeme wie in Frankreich oder England“
Eine österreichische Spezialität von seltsamer Optik. Dies findet auch Irmgard Griss, ehemalige Höchstrichterin und Ex-NEOS-Politikerin. Zur „Krone“ sagt sie: „Wir haben ein gutes System, es gibt aber auch bessere Systeme wie in Frankreich oder England, dort gibt es einen Rat der Gerichtsbarkeit, und Parteipolitik hat keinen Einfluss auf die Justiz. Das wäre in Österreich auch wünschenswert und umsetzbar.“

„Kurz soll besser vor der eigenen Türe kehren“
Wenn sich der Bundeskanzler jetzt beklage, dass es bei der Ernennung von Staatsanwälten parteipolitischen Einfluss gebe und von roten Netzwerken spricht, „dann soll er besser vor der eigenen Türe kehren, denn fast alle Justizminister kamen von der ÖVP“. Griss meint - wie auch Alfred Noll, streitbarer Rechtsanwalt und Ex-Politiker -, ein Weisungsrecht müsse es geben. Schließlich vertrete der Staatsanwalt den Strafanspruch des Staates.


„Das Problem aber ist die Weisungsspitze, also der Minister oder die Ministerin. Dies schafft den Anschein, dass politischer Einfluss möglich sein kann“, sagt Ex-Richterin Griss. Beispiel der Besuch der Casinos-Aufsichtsräte Rothensteiner und Pröll, beide Beschuldigte in der „Casinos-Affäre“, beim Leiter der Strafrechtssektion Pilnacek im Ministerium. Es ging wohl nicht um gemeinsame Urlaubspläne. Irmgard Griss: „Solche Vorfälle sind schlecht für das Ansehen der Justiz und den Anschein der Unabhängigkeit.“ Eine saubere Lösung wäre eine unabhängige Weisungsspitze, etwa ein Bundesstaatsanwalt.

ÖVP-Urgestein und Verfassungsjurist Andreas Khol verteidigt Kurz: „Kritik an der Justiz muss erlaubt sein. Vor allem, wenn man sich die teils ewig langen Verfahren anschaut. Es braucht Reformen.“

Erich Vogl, Kronen Zeitung

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