Nur für die Fasnacht:

Tausende ehrenamtliche Stunden für einen Tag

Tirol
08.02.2020 14:30

Wenn morgen die 62 Imster Scheller- und Rollerpaare den Tanz (Gangle) zelebrieren, glitzert der Aufputz in der Sonne, bestaunt von den Massen. Die „Mark-Dynastie“ lebt für dieses Kunstwerk.

Das Schicksal der Telfer Fasnachtler am vergangenen Sonntag, nämlich Regen beim großen Umzug, ereilte die Imster beim Schemenlaufen vor vier Jahren. Das ist für eine Fasnacht der Supergau. Hunderte mühsam gefertigte G’wandl wurden von den Tränen des Himmels in Mitleidenschaft gezogen und vor allem das Prunkstück der Roller und Scheller, der pompöse Kopfschmuck, Aufputz genannt. Dass die Kunstwerke auf den Köpfen der 62 Roller- und Schellerpaare beim morgigen Schemenlaufen in neuem Glanz erstrahlen, dafür sorgen die Generationen der „Mark-Dynastie“.

Pia Walser werkelt seit August an Kunstwerken
„Wir haben heuer schon im August angefangen“, erzählt Pia Walser, die gerade gemeinsam mit ihrer Freundin Elena Zebisch einen der letzten Aufputze auf ihrem „Schellerbock“ in Arbeit hat. Oma Waltraud, Ehefrau des Paradefasnachtlers Adolf Mark, habe damit angefangen, anderen den Aufputz „herzurichten“. Pias Mutter Gabriele habe es weitergeführt und nun sei auch sie mit dem aufwändigen Handwerk betraut. Aufwändig sei das richtige Wort: „Ob ausbessern oder neue machen, das ist zeitlich ziemlich das gleiche. Der Aufputz ist voll von einzelgefertigten Büscheln, die müssen wir sowieso in ihre Einzelteile zerlegen, wenn auch nur ein Element auszuwechseln ist.“ 95 Einzelteile in einem Büschel zählt Pia gerade, zugegeben, es sei ein „Mords“-Büschel. Früher habe man die fertigen Bündchen kaufen können, heutzutage seien die Einzelteile kaum noch erhältlich. „Wir müssen in ganz Europa und sogar in China bestellen“, sagt sie, deshalb habe sie sich ein Vorratslager angelegt.

„Krone“ durfte Blick in Geheimarsenal werfen
Die „Krone“ durfte einen Blick auf das geheime, tausendteilige, exakt gekennzeichnete Arsenal werfen. Man müsse wirklich fasnachtsverrückt sein, um das zu machen – wohlgemerkt ehrenamtlich! Für die heurige Fasnacht habe sie mit ihrer Mama rund 30 Aufputze ausgebessert oder neu gemacht. „Ich schätze, dass ich rund 80 bis 100 Stunden an einem Exemplar arbeite“, meint Pia und stellt mit flinken Fingern wieder ein Büschelchen zusammen, während Gehilfin Elena von hinten in die Pappe ein Loch bohrt, um den Strauß mit Draht zu fixieren. Vorher wurde der Karton mit Goldfolie überzogen, der Spiegel geklebt, die Ohrenrosen und der Spiegelkranz angebracht. Alles für einen Tag!

„Ich mache das, weil es altes Familienerbe ist“
Auch die meisten Aufputze in Museen oder in Privatsammlungen sind „Made by Walser“. Pia: „Einer steht sogar in einem Hotel in Singapur. Warum sie den Mega-Aufwand betreibt? „Weil es Familienerbe ist und weil ich es einfach gerne tu“. Das könne natürlich ein Nicht-Fasnachtler nicht verstehen. Aber auch nicht den unglaublichen Stolz, der einen erfüllt, wenn beim Schemenlaufen Scheller und Roller erhaben ihren Tanz vorführen und 124 Aufputze den Rahmen eines großen, mystischen Tages bilden, den hoffentlich die Sonne mit ihren Strahlen krönt.

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