Nur drei Monate im Amt

Rumäniens Regierung ist schon wieder Geschichte

Ausland
05.02.2020 16:32

In Rumänien haben am Mittwoch die oppositionellen Postkommunisten (PSD) per Misstrauensvotum die Minderheitsregierung unter Premierminister Ludovic Orban von der Liberalen Partei (PNL) gestürzt. Die Regierung war nur genau drei Monate im Amt. 261 Abgeordnete und Senatoren - 28 mehr als notwendig - stimmten für den Antrag, nachdem Orban Ende Jänner Änderungen des Kommunalwahlrechts mit der Vertrauensfrage verbunden hatte.

Ausschlaggebend zum überraschend deutlichen Votum beigetragen hatte letztlich die Kleinpartei „Pro Romania“ des früheren Premierministers Victor Ponta, obwohl dieser noch vor wenigen Tagen versichert hatte, dass seine Fraktion den Misstrauensantrag keineswegs mittragen werde.

Angeblich „schwere Verstöße gegen Wahlrecht“
Der liberalen Regierung warfen die Postkommunisten unter anderem schwere Verstöße gegen demokratische Wahlrechtsgrundsätze vor - sie habe die „Spielregeln während des Spiels“ bzw. wenige Monate vor der Kommunalwahl vom Frühsommer ändern wollen. Orbans Retourkutsche kam prompt: Von einer Partei, die Demokratie und Rechtsstaat dermaßen untergraben habe wie die PSD, lasse er sich nicht belehren.

Kein umgehender Abgang Orbans und seiner Minister
Für den liberalen Regierungschef und seine Ministerriege bedeutet das Abstimmungsergebnis keinen umgehenden Abgang: Zum einen, weil das abgewählte Kabinett vorerst weiter die Geschäfte zu führen hat - allerdings mit eingeschränkten Befugnissen -, zum anderen, weil der im November wiedergewählte Staatspräsident Klaus Johannis in den vergangenen Wochen wiederholt klargestellt hatte, im Fall eines Sturzes der Regierung abermals Ludovic Orban mit der Regierungsbildung beauftragen zu wollen.

Rumänien benötigt dringend Reformen
Schon seit Jahresbeginn hatten Johannis und Orban wiederholt durchblicken lassen, die ersten Neuwahlen der rumänischen Nachwendezeit anstoßen zu wollen, da wegen der volatilen Mehrheitsverhältnisse im Parlament keinerlei Reformen möglich sind, obwohl das Land sie dringend benötigt. Viele rumänische Politbeobachter sind daher der Meinung, dass Orban die Vertrauensfrage gezielt zu von der PSD seit Jahren abgelehnten Wahlrechtsänderungen gestellt hat, um so einen Misstrauensantrag zu erwirken und Neuwahlen zu forcieren.

Letztere sind trotz des Misstrauensvotums noch keineswegs Gewissheit, rücken allerdings in greifbarere Nähe. Laut rumänischer Verfassung müssen nämlich nach dem Sturz einer Regierung binnen 60 Tagen auch zwei Nachfolge-Kabinette vom Parlament abgelehnt werden, bevor das Staatsoberhaupt die Legislative auflösen und Neuwahlen ansetzen kann.

Der 56-jährige Liberalen-Chef Orban wird daher in den kommenden Wochen sein ganzes Verhandlungsgeschick aufbieten müssen, um mehr als die Hälfte der rumänischen Parlamentarier zu überreden, zwei Nachfolge-Regierungen hintereinander abzulehnen und damit ihre eigenen Mandate samt zahlreicher Privilegien vorzeitig aufzugeben.

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