Schauspielhaus

Diesen Reigen lieber meiden

Salzburg
03.02.2020 14:05

In Arthur Schnitzlers „Reigen“ vereint der Sex Figuren aus allen Schichten. Die Uraufführung 1920: ein Skandal. Anne Simon inszeniert das Stück am Schauspielhaus Salzburg. Ihr dient Schnitzler als Stichwortgeber für einen Feminismus, den sie nicht erzählerisch entwickelt, sondern regelrecht ins Publikum drischt.

Hinter den Vorhängen eines Séparées räkelt sich die Prostituierte Alexa (im Original Leocadia). Ein Soldat kommt vorbei, Dialog, Sex. Wo Schnitzler Klammern ließ, lassen es die Darsteller in Simons Reigen krachen: Sie schnackseln sich durch zig Stellungen. Und, wie waren sie? Gut! Das Ensemble rettet dem Stück zwei Kronen. Das verliert sich nämlich im Plakativen.

Der Soldat flaniert mit einem Stubenmädchen. Sie lassen sich in einer Aue nieder. Er wird aufdringlich. Schließlich vergewaltigt er sie. Danach: Das Mädchen will ein Ich-hab-dich-lieb hören. Anstatt den Kloß im Hals der Zuschauer gären zu lassen, schickt Simon das Mädchen für eine Ansprache im #MeeToo-Jargon vor das Publikum. Einmal wirft ein Projektor Slogans an die Wand: flirting is not consent etc. Simon übermittelt ihre Botschaft nicht mit erzählerischen Mitteln, sondern mit denen politischer Kampagnen. Dafür opfert sie Dramaturgie und die Zeichnung ihrer Figuren. Die Folgen des Missbrauchs bleiben behauptet, statt sie darstellerisch zu zeigen.

Die Regisseurin bedient sich gern an Popkultur: eine Erotik-Szene per Virtual-Reality-Brille – bekannt aus der Serie „Black Mirror“. Ein Flirt mit einer virtuellen Assistentin – bekannt aus Filmen wie „Blade Runner 2049“. „Nenn mich Alexa“, sagt die künstliche Intelligenz und schließt den Reigen zur Alexa aus der ersten Szene – Amazons Sprach-Assistentin als moderne Prostituierte. Die Frau als immer verfügbares Opfer. Einen Skandal löst Simon 2020 nicht aus: Nach dem Stück wechseln zwei Frauen folgende Sätze: „Was hatte das mit Schnitzler zu tun?“ „Weiß nicht. Ärger dich nicht. Gute Nacht“, sagt die andere und geht.

Bewertung: 2 von 5 Kronen

Christoph Laible
Christoph Laible
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