Deutschland dagegen

Kehrtwende in Brüssel: Kommt Cent-Aus doch nicht?

Wirtschaft
29.01.2020 15:25

Nachdem es aus Brüssel am Mittwoch zunächst geheißen hatte, dass bereits im Herbst das Aus für die Ein- und Zwei-Cent-Münzen beschlossen werden könnte, ruderte die EU-Kommission inzwischen auch schon wieder zurück. Noch sei nichts entschieden, sagte Kommissionsvize Maros Sefcovic. Grund für die Kehrtwende könnten Stimmen aus Deutschland sein, wo unter anderem Finanzminister Olaf Scholz der Idee skeptisch gegenübersteht: „Ich bin nicht davon überzeugt, dass es richtig ist, dass wir jetzt unsere kleinen Cent-Münzen abschaffen“, sagte der SPD-Politiker.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) äußerte sich tendenziell ablehnend gegenüber einer Abschaffung der kleinsten Cent-Münzen: „Wir sind grundsätzlich für die Beibehaltung der bestehenden Zahlungsmittel und verwehren uns jedenfalls gegen eine schleichende Abschaffung von Bargeld“, so Blümel. Er warnte auch vor schleichenden Preissteigerungen durch nachteilige Aufrundungen, zu denen es nicht kommen dürfe.

Aus den österreichischen Parlamentsparteien kamen gemischte Reaktionen. Während die ÖVP gegen einen „nationalen Rundungs-Fleckerlteppich“ ist, hinterfragt die SPÖ die Sinnhaftigkeit der Kleinstmünzen. Die FPÖ warnt vor „der Abschaffung des Bargelds“, die NEOS wollen über das Aus reden und die Grünen sind für die Abschaffung. 

  • ÖVP: „Wichtig ist, dass es EU-weit ein einheitliches System und keinen nationalen Fleckerlteppich gibt, wenn es um die Rundung von Preisen geht“, so Europaparlaments-Vizepräsident Othmar Karas.
  • SPÖ: EU-Parlamentarier Andreas Schieder ist zwar gegen jeden Versuch, das Bargeld abzuschaffen, „die Sinnhaftigkeit von Ein- und Zwei-Cent-Münzen ist aber infrage zu stellen, denn im Alltag sind die Kleinmünzen wenig praktikabel und eine Ressourcenverschwendung“.
  • Die FPÖ sieht das Problem eher bei den Null- und Minuszinsen: „Europäische Zentralbank und Kommission sollten sich lieber um die Stabilisierung der Währung kümmern, anstatt dieses Nebenthema aufzumachen“, sagt der EU-Abgeordnete Roman Haider.
  • Die Grünen verweisen auf Länder wie die Niederlande, Irland und Finnland, wo die Nutzung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen bereits eingeschränkt ist: „Der Kommissionsvorschlag bedeutet weder das Ende des Bargeldes noch besteht Inflationsgefahr“, so Delegationschefin Monika Vana.
  • NEOS: „Grundsätzlich kann man über die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen reden, schließlich haben das bereits einige EU-Staaten getan“, so Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn.

Entscheidung liegt bei der EU-Kommission
Die Entscheidung über die weitere Zukunft der Ein- und Zwei-Cent-Münzen trifft die EU-Kommission bzw. der Europäische Rat und nicht die Europäische Zentralbank, sagte Nationalbank-Sprecher Christian Gutlederer. Die Banknotenhoheit liege zwar bei der EZB, aber das „Münzregal“, also die Hoheit über die Münzordnung, und damit die Entscheidung über die Nennwerte der Münzen, hätten nach wie vor die Staaten. „Sie entscheiden, welche Denomination es gibt.“

Preise werden auf- und abgerundet
In Finnland seien die kleinsten Münzen beispielsweise nie geprägt worden. Deshalb kamen sie dort nur über Urlauber oder Heimkehrer in Umlauf.

Insgesamt sind mehr als 36 Milliarden Ein-Cent-Stücke und gut 28 Milliarden Zwei-Cent-Münzen in Umlauf - viel mehr, als sich in den Geldbörsen der Menschen oder in den Kassen der Geschäfte befinden.

Das noch längst nicht beschlossene Verschwinden der Cent-Münzen solle jedenfalls kein Schritt hin zur Abschaffung des Bargelds sein. „Wir sehen, dass der Umlauf von Bargeld nach wie vor steigt. 2019 haben wir um fünf Prozent mehr Bargeld gebraucht und ausgegeben. Das ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass die bargeldlose Gesellschaft bald um die Ecke ist“, sagt Gutlederer.

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