„Ich war Migrant“

So hat ein Schulkind das „Flüchtlingsspiel“ erlebt

Wien
24.01.2020 11:39

Kinder einer Wiener Schule haben, wie berichtet, im Rahmen des Unterrichts an einem Flüchtlings-Rollenspiel teilgenommen. So mussten sie am eigenen Leib erfahren, wie es sich für Migranten anfühlt, ein Asylgenehmigungsverfahren zu durchlaufen. Die Eltern der Teenager wurden über die Aktion vorab nicht informiert, was für heftige Kritik sorgte. Das Bildungsministerium hat als Konsequenz weitere „Spiele“ dieser Art verboten. Doch wie haben eigentlich Betroffene die ganze Aktion erlebt? krone.at hat mit einem Schulkind sowie dessen Vater gesprochen.

Im Rahmen der Aktion, die offenbar von mehreren Vereinen angeboten wird, sollten Kinder in die Rolle von Flüchtlingen schlüpfen und so erleben, wie sich eine solche Situation anfühlt. Für viele problematisch: Die Eltern der betroffenen Kinder wurden über die Vorgänge an der Wiener Schule vorab nicht informiert. Ein Mädchen sei laut dem Bericht eines Newsportals verstört nach Hause gekommen. Heftige Kritik folgte.

„Angst ist kein pädagogisches Konzept“
Die Bildungsdirektion verkündete daraufhin am Donnerstag kurzerhand das Aus für die sogenannten Flüchtlingsspiele. „Hier scheint eine Grenze überschritten worden zu sein. Schüler zu verängstigen, ist kein pädagogisches Konzept“, betonte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP).

krone.at sprach inzwischen mit einem der betroffenen Schulkinder. „Am Anfang war es ein bisschen komisch, weil wir nicht wussten, was passiert. Ich habe dann einen Pass bekommen. Ich war Migrant“, erzählt das Kind im Gespräch. Im Laufe der Zeit habe es dann aber, wie auch seine Mitschüler, verstanden, worum es geht. Alle Kinder hätten freiwillig mitgemacht, niemand sei gezwungen worden.

„In der Realität ist es viel, viel schlimmer“
„Ich fand das Projekt voll cool, weil ich jetzt viel besser verstehe, wie das als Flüchtling ist. Und das, obwohl es in der Realität viel, viel schlimmer ist“, so der Teenager. Nach dem etwa dreistündigen Rollenspiel besprachen die Lehrer gemeinsam mit den Kindern das Erlebte, dabei sei dann alles aufgeklärt worden.

„Da wäre sicher etwas geleakt worden“
Auch der Vater des Teenagers spricht von einer „absolut coolen und mutigen Aktion der Schule“. Sein Kind sei „weder blass noch traumatisiert“ nach Hause gekommen, sondern habe „viel Positives mitnehmen können“. Auch dass die Eltern vorab über das „Rollenspiel“ nicht informiert wurden, empfindet der Vater als vollkommen in Ordnung: „In diesem Fall wäre es ja kontraproduktiv gewesen, da sicherlich etwas geleakt worden wäre. Ansonsten wird die Elternschaft seitens der Schule immer ausreichend informiert.“

Dass über die Schule wegen der Aktion nun negativ berichtet wird, empfindet das Kind als sehr schade: „Die Lehrer haben sich sehr viel Mühe gegeben.“ Und auch der Vater ist vom positiven Effekt des Projekts überzeugt: „Derartige Aktionen regen die Diskussion an und helfen, mündige, selbstsichere und informierte Menschen hervorzubringen.“

„Sollte das meinen Kindern passieren, erstatte ich Anzeige“
Bei der „Krone“ gehen unterdessen weiterhin zahlreiche Anrufe und Mails ein, wonach mit solchen Spielen Kinder und auch Eltern instrumentalisiert würden. Ein Thema, das auch unsere Leser zu durchaus kontroversen Diskussionen motivierte. So spricht sich etwa auch User Kockl positiv über die Aktion aus: „Eine großartige Idee! Die Kinder lernen, Dinge aus der Sicht der betroffenen Migranten zu sehen. Kinder sind weitaus empathiefähiger und lernbereiter als viele Erwachsene.“ Maria104 hält stelltverstretend für die Mehrheit der krone.at-Leser deutlich dagegen: „Sollte das meinen Kindern passieren, erstatte ich Anzeige. Das ist eine Frechheit.“

Wie denken Sie über die Aktion an der Wiener Schule? Sagen Sie‘s uns in den Storykommentaren!

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