Coronavirus-Seuche

Wuhan abgeriegelt: Experten vermuten 4000 Kranke

Ausland
23.01.2020 12:31

Die Zahl der mit dem neuen Coronavirus 2019-nCoV Infizierten ist aktuellen Berechnungen zufolge deutlich höher als die Zahl der festgestellten Fälle. Experten des Imperial College London gehen davon aus, dass alleine bis zum 18. Jänner bei etwa 4000 Menschen in der chinesischen Stadt Wuhan Symptome aufgetreten sind. Das geht aus einem Bericht des Zentrums für die Analyse globaler Infektionskrankheiten hervor, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Wegen der Seuchengefahr wurden am Donnerstag mehrere Millionenstädte unter Quarantäne gestellt.

Bis Donnerstag wurde das Virus bei 571 Menschen nachgewiesen, wie die chinesische Gesundheitsbehörde berichtete. Ein Impfstoff gegen die Lungenseuche werde frühenstens in einem Jahr verfügbar sein, berichtete am Donnerstag die globalen Impfallianz Gavi.

Die Schätzung der britischen Experten geht auf ein Rechenmodell zurück, in dem die im Ausland festgestellten Infektionen mit der Zahl der Flugreisenden, der Bevölkerung und der angenommenen Inkubationszeit verknüpft wurden. Es sei wahrscheinlich, dass die Zahl der tatsächlich Infizierten deutlich höher ist als die Zahl der nachgewiesenen Fälle. Mit der Ausweitung der Tests und der Beobachtung des Geschehens sei zu hoffen, dass die Unterschiede zwischen den geschätzten und den nachgewiesenen Fallzahlen schrumpfen.

Fünf bis sechs Tage Inkubationszeit
Die Forscher vom Imperial College gehen von einer Inkubationszeit von fünf bis sechs Tagen aus. Dabei handelt es sich aber um eine Schätzung auf Grundlage von Erfahrungen mit ähnlichen Krankheiten. Zwischen dem Ausbruch der Krankheit und der Diagnose würden aber wohl häufig weitere vier bis fünf Tage vergehen, hieß es in dem Bericht. Die Lungenkrankheit, von der vor allem Menschen in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan betroffen sind, hat nach bisherigen Erkenntnissen 17 Menschenleben gefordert.

Fledermäuse und Schlangen als Überträger?
Die Überträger des neuartigen Coronavirus könnten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge Fledermäuse oder Schlangen sein. Eine umfassende Analyse der Gensequenz des Virus 2019-nCoV und ihr Vergleich mit anderen Viren habe ergeben, dass Schlangen die wahrscheinlichsten Träger des Erregers in freier Wildbahn seien, hieß es am Mittwoch im Fachblatt „Journal of Medical Virology“. Allerdings müsse das durch weitere experimentelle Forschung überprüft werden, führten die Autoren der Studie aus.

Bereits am Dienstag war im Fachmagazin „Science China Life Sciences“ eine Studie erschienen, die nach Ähnlichkeiten des neuen Virus mit anderen Erregern suchte. Demnach besteht eine enge Beziehung zwischen dem in Wuhan auftretenden Erreger und einem in Fledermäusen auftretenden Virus.

Verkehrsverbindungen nach Wuhan gekappt
Die chinesische Regierung hat die besonders schwer von der neuen Lungenkrankheit betroffene Elf-Millionen-Metropole Wuhan praktisch abgeriegelt. Wie das chinesische Staatsfernsehen berichtete, wurden ab Donnerstagfrüh Flüge, Züge, Fähren und Fernbusse gestoppt. Die Bewohner dürfen die zentralchinesische Stadt demnach nur noch unter Angabe besonderer Gründe verlassen. Zudem wurden die Menschen aufgefordert, nur noch mit Schutzmasken in die Öffentlichkeit zu gehen.

Die Autobahn-Mautstellen in der Nähe von Wuhan wurden geschlossen, wodurch die Straßenausfahrten abgeschnitten seien. Eine Einwohnerin Wuhans sagte, sie könne die Stadt nicht verlassen, weil Wachposten die Zufahrt zur Autobahn blockierten. Menschen drängten sich in Krankenhäusern für Untersuchungen, räumten die Regale der Supermärkte leer und an den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen.

Im Gegensatz zum Ausbruch des SARS-Virus, der in China begann und in den Jahren 2002 bis 2003 fast 800 Menschen tötete, veröffentlicht die chinesische Regierung regelmäßig neue Zwischenstände, um Panik in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Die stellvertretende chinesische Ministerpräsidentin Sun Chunlan erklärte während eines Besuches in Wuhan, dass die Behörden offen im Umgang mit dem Virus und mit dessen Bekämpfung sein müssten.

Weitere Millionenstädte unter Quarantäne
Angesichts von fast 600 Infektionen landesweit stellten die Behörden am Donnerstag auch die Millionen-Stadt Huanggang, 70 Kilometer östlich von Wuhan, unter Quarantäne. Öffentliche Verkehrsverbindungen würden ab Mitternacht (17 Uhr MEZ) ausgesetzt, teilte die Verwaltung ihren 7,5 Millionen Einwohnern mit. Außerdem würden alle Kinos, Internetcafes und der zentrale Markt geschlossen.

In der 1,1-Millionen-Einwohner-Stadt Ezhou wurde vorerst der Hauptbahnhof geschlossen. Die Behörden der Stadt Xiantao teilten am Donnerstag mit, 30 Mautstationen auf den Zufahrtsstraßen zu der 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt seien geschlossen worden. Der Verkehr dort sei untersagt. In der Stadt Chibi, die etwa eine halbe Million Einwohner hat, wollten die Behörden den öffentlichen Verkehr ab Mitternacht aussetzen. Beide Städte liegen in der Provinz Hubei, zu der auch Wuhan gehört.

WHO berät über globalen Gesundheitsnotstand
Die Weltgesundheitsorganisation WHO setzt am Donnerstag ihr am Vortag begonnenes Krisentreffen fort, um zu entscheiden, ob der Ausbruch einen internationalen Gesundheitsnotstand darstellt. Damit verbunden wären schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung einer Krankheit. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus lobte die Abschottung der Elf-Millionen-Metropole als eine „sehr, sehr starke Maßnahme“. Das zeige die Bereitschaft der chinesischen Behörden, die Risiken für das In- und Ausland zu minimieren.

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