Baujuwele vernichtet

Schulkinder weinten, als die Abrissbirne zuschlug

Steiermark
19.01.2020 08:00

Trotz eines Gemeinderatsbeschlusses hat die Stadt Graz einen Schutz-Kataster für Hunderte historische Baujuwele noch nicht erarbeitet: Weitere wertvolle Gebäude sind gefährdet! Die „Krone“-Initiative „Rettet die steirischen Schätze“ erfährt einen großen Zulauf.

Doch nicht allein die abgerissenen Bauten, die jetzt nur mehr auf alten Fotos zu bewundern sind, sorgen für Zornesfalten bei den Stadtschützern. Nein, es kommen auch tiefe Sorgenfalten dazu: Es existieren noch zahlreiche Baujuwele, die auf der „roten Liste“ stehen. Vom Abriss bedroht sind jene Bauten, die nicht in ausgewiesenen Schutzzonen erfasst sind, nicht in Ensembles von Villen oder unter Denkmalschutz stehen.

Zwar sind diese „Schutz-Stufen“ in manchen Fällen zahnlos - wie kürzlich etwa anhand des bekannten, „dahinsiechenden“ Girardihauses gezeigt -, aber nichtsdestotrotz spiegeln sie das unbestrittene Anliegen der Stadt Graz wider, ihr kulturelles Erbe zu erhalten.

700 wertvolle Bauten noch nicht geschützt
Im Jahr 2016 beschloss der Grazer Gemeinderat (einstimmig), die Stadtbaudirektion zu beauftragen, einen Schutz-Kataster für eben jene gefährdeten Gebäude zu erarbeiten - unter Einbindung des Bundesdenkmalamts und der Altstadtkommission. Da dieser Auftrag bis heute (!) nicht umgesetzt wurde, hat die SOKO Altstadt auf eigene Faust einen Schutz-Kataster erstellt. Darin enthalten: Gebäude, die nach Meinung der privaten Initiative schützenswert seien.

„Das sind mehr als 700 Häuser, darunter einzelstehende Objekte, Altbauten und Bauernhöfe“, erklärt Sprecher Peter Laukhardt. Aufgenommen sind zudem Gebäude mit „Geschichte“, wie etwa das schlichte Haus in der Lange Gasse 29a, das als Atelier für Norbertine Bresslern-Roth - wohl berühmteste Grazer Malerin - diente.

Kritik an Kommission
„Unser Wunsch wäre es, dass der Schutz-Kataster als zusätzliches Instrument zu den vorhandenen Schutzzonen angewendet würde. Steht ein Haus vor dem Verkauf, Umbau oder Abriss, müsste die Altstadtkommission verpflichtend ein Gutachten darüber erstellen“, führt Laukhardt aus. Stichwort Altstadtkommission - in Briefen an die Redaktion kritisieren Leser die Sachverständigen: Sie ließen es zu, dass Baujuwele vernichtet würden.

Bauträger macht Vorschlag
Auf „Krone“-Anfrage lässt Jürgen Dumpelnik, Vorstand der BWS-Gruppe, mit einem Vorschlag aus der Sicht eines Bauträgers aufhorchen: Ein neu eingerichtetes Gremium - bestehend aus Ökonomen, Juristen, Städteplanern, Klimawissenschaftern, Baumeistern, Architekten, Kunsthistorikern und Vertretern der Politik - sollte künftig „mit starkem Blick in die Zukunft“ darüber entscheiden, ob ein Gebäude „baukulturell erhaltenswert“ sei. „Es braucht dafür einen interdisziplinären Ansatz!“

Ein Fall führt die Zerstörung unseres Kulturerbes übrigens besonders drastisch vor Augen: Als eine schmucke Villa im Zentrum von Andritz einem großen Neubau weichen musste, fragten die Kinder der nahen Volksschule mit Tränen in den Augen: „Warum wird dieses schöne Haus abgerissen? Hat es in der Nacht gebrannt...?“

Liebe Leser! Gibt es in Ihrem Ort schützenswerte Villen, Kapellen, Bildstöcke? Was wurde zerstört? Mail an steirer@kronenzeitung.at, Kennwort „Schätze“.

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