Sensation in Japan

Minister wird Vater und nimmt sich Elternauszeit

Ausland
17.01.2020 18:58

Ein Minister bekommt Nachwuchs und kündigt an, für zwei Wochen auf Vaterschaftsurlaub zu gehen. In Österreich und vielen anderen westlichen Staaten wäre das eine Meldung unter ferner liefen. Doch in Japan hat Umweltminister Shinjiro Koizumi mit seiner Ankündigung nach der Geburt seines Sohnes für eine Sensation gesorgt.

„Ich bin glücklich und erleichtert als ein Vater“, erklärte Koizumi am Freitag nach der Geburt seines Sohnes. Dem Neugeborenen und seiner Frau gehe es gut. In der für ihre extrem langen Arbeitszeiten berühmten drittgrößten Volkswirtschaft der Welt kommt es äußerst selten vor, dass Männer Elternauszeit nehmen: Nach amtlichen Angaben machten im Fiskaljahr 2018 (31. März) nur 6,16 Prozent der arbeitenden Männer von ihrem gesetzlichen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub Gebrauch.

Mobbing wegen Vaterschaftsurlaub
Immer wieder kommt es vor, dass Japaner von Firmenkollegen gemobbt werden, wenn sie Vaterschaftsurlaub nehmen wollen. Selbst Umweltminister Koizumi brauchte eine Weile, um nachzudenken, wie er das am besten anstellt. Denn es gibt keine Regeln für Vaterschaftsurlaub für Mitglieder des Parlaments oder der Regierung. Am Ende entschied er sich, in den ersten drei Monaten nach Geburt des Sohns insgesamt zwei Wochen zu nehmen. Hierzu will er mal weniger Stunden arbeiten, an anderen Tagen von zu Hause aus arbeiten. Kabinettssitzungen will der Minister aber wahrnehmen.

Ganze Landstriche sterben aus
Mit all dem kommt dem politischen Jungstar die Rolle eines Pioniers in einem Land zu, das angesichts niedriger Geburtenraten und kaum vorhandener Immigration so schnell altert wie keine andere Industrienation der Welt. Ganze Landstriche sterben in Japan aus. „Wir müssen für Schwung unter Leuten sorgen, dass sie Elternzeit nehmen“, begrüßte Gesundheitsminister Katsunobu Kato die Vorreiterrolle seines Kollegen Koizumi. Auch andere seiner Kollegen verbinden damit die Hoffnung, dass Koizumis Verhalten Schule macht und sich andere Väter in Japan an ihm ein Beispiel nehmen.

Das japanische Gesetz sieht eigentlich einen Anspruch von bis zu einem Jahr vor. Doch die Arbeitskultur steht diesem sehr liberalen Gesetz diametral gegenüber. Nun versucht die Regierung mittels sanftem Zwang, mehr Männer in Karenz zu bekommen: Ab dem kommenden Fiskaljahr sollen zumindest Staatsbedienstete dazu angehalten werden, wenigstens einen Monat Elternzeit zu nehmen. Ob das Beispiel Koizumi das Klima in Japan verändert, wird sich zeigen.

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