Höchstgericht

Asylwerber darf wegen Kind vorerst bleiben

Salzburg
13.01.2020 09:30
Das Recht auf Achtung des Familienlebens ist in unserer Verfassung verankert. Dass es sich auf Asyl-Entscheidungen auswirken kann, zeigt ein bemerkenswerter Fall: Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Asylwerber aus Kamerun zur Rückkehr aufgefordert. Doch der Mann ist hier Papa geworden. Dieser familiäre Faktor sei nicht beachtet worden: Verfassungsrichter hoben die Entscheidung auf.

Für viele ist die Familie das Wichtigste. Die Achtung des Familienlebens ist durch die Europäischen Menschenrechte geschützt – Artikel 8. Es kann rechtlich sogar höher eingestuft werden, als das „staatliche Interesse auf Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung“, wie aus einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – Geschäftszahl E3456/2019 – in einem Asyl-Fall hervorgeht: Ein 21-Jähriger aus Kamerun reiste über Italien nach Österreich ein, bat im April 2016 um Asyl. Während das Verfahren lief, lernte er eine in Salzburg lebende Französin kennen und lieben. Die Frau wurde schwanger und erwartete Zwillinge. Drei Monate früher als geplant kam es zur Geburt. Dabei starb ein Kind, das zweite überlebte.

Die Mutter wurde nach mehreren Wochen im Spital mit ihrem Sohn in einer Mutter-Kind-Einrichtung in Salzburg untergebracht. Er kümmere sich um sein Kind, gab die Frau an, besuche es zweimal die Woche und leiste auch einen Beitrag zum Unterhalt – wenn auch nur monatlich 50 Euro.

Kindeswohl wurde völlig außer Acht gelassen

Die Behörde lehnte seinen Asyl-Antrag indessen ab, das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dies und forderte den Kameruner zur Rückkehr auf. Sonst drohe die Abschiebung. Doch über die Folgen für sein Familienleben haben sich die Verwaltungsrichter nicht auseinandergesetzt, kreidet der Verfassungsgerichtshof an. Es sei zudem „lebensfremd“, dass er den Kontakt zum Kind mittels elektronischer Medien aufrechterhalten könne. Das Verwaltungsgericht habe daher einen „in die Verfassungssphäre reichenden Fehler“ gemacht.

Folge: Das Erkenntnis wurde aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ist nun wieder am Zug. Zudem muss der Bund 2616 Euro an Verfahrenskosten zahlen.

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