„Baby-Hitler“-Eklat

NGO-Kapitän hört auf: Verein „zu linksradikal“

Ausland
10.01.2020 19:10

Ex-Unternehmer Claus-Peter Reisch, der seit 2017 für die NGO Mission Lifeline als Kapitän im Einsatz war, hat jetzt wegen der politischen Ansicht des Vereins mit der Organisation gebrochen. „Ich kann mich nicht mit Aussagen gemeinmachen wie etwa, der österreichische Kanzler Sebastian Kurz sei ein Baby-Hitler. Da bin ich nicht dabei“, sagte Reisch. „Vieles ist mir zu linksradikal“, erklärte er in einem Interview mit dem deutschen Blatt „Die Zeit“.

Es sei ihm immer um Seenotrettung gegangen und „nicht um politische Agitation“, so Reisch, der aber einräumt, dass die Einsätze im Mittelmeer inzwischen auch eine politische Komponente hätten. „Aber wenn wir schon Politik machen müssen, dann sollten wir doch einen anderen Ton anschlagen“, kritisiert er Mission Lifeline. Für andere Organisationen könnte er sich allerdings durchaus vorstellen, wieder Missionen zu fahren, sagt Reisch.

Den Entschluss habe er schon vor Monaten gefasst. Weil ein anderer Kapitän kurzfristig abgesprungen war und das zweite Schiff von Mission Lifeline sonst nicht auslaufen hätte können, „habe ich gesagt, ich mache es technisch fertig und fahre“, so Reisch.

Reisch suchte Dialog mit Kanzler Kurz
Er suche eher die Diskussion als Konfrontation - er habe bereits mit Politikern wie Horst Seehofer oder Markus Söder gesprochen, die ihren Anti-Seenotrettungskurs schließlich geändert haben. Auch dem österreichischen Kanzler bot er einen Dialog an. Er habe eine Nachricht auf Kurz‘ Facebook-Seite geschrieben, dass er gerne einen Gesprächstermin hätte. „Das erwarte ich von Ihnen ebenso, wie ich es von Herrn Seehofer und Herrn Söder erwartet habe. Die hatten das Rückgrat, sich dem zu stellen. Sie auch?“, fragte Reisch. Eine Antwort habe er bislang nicht erhalten.

Wurde als Kapitän in Malta und Italien angeklagt
Reisch war während seiner Tätigkeit als Kapitän im Jahr 2018 verhaftet worden. Italien und Malta hatten sich zunächst geweigert, das Rettungsschiff mit 234 Flüchtlingen anlegen zu lassen. Als die Lifeline schließlich doch in einem Hafen des Inselstaates anlegen durfte, wurde sie beschlagnahmt und Reisch verhaftet. Er wurde zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verdonnert, weil die Registrierung des Schiffes nicht in Ordnung gewesen sei. Erst vor wenigen Tagen wurde er in einem Berufungsverfahren freigesprochen.
Das seit eineinhalb Jahren festgesetzte Schiff wird nun vermutlich ebenfalls freigegeben.

Ein weiteres Berufungsverfahren steht Reisch allerdings noch bevor: Weil er unerlaubt in einem Hafen in Sizilien eingelaufen war, soll er 300.000 Euro Bußgeld zahlen. Er argumentierte, man habe sich mit rund 100 Flüchtlingen an Bord in einem Notstand befunden.

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