176 Tote in Boeing 737

Absturz im Iran: Spekulationen um Löcher in Wrack

Ausland
08.01.2020 14:31

Die Boeing 737-800, in der am Mittwoch bei einem Absturz im Iran 176 Menschen ums Leben gekommen sind, war kaum vier Jahre alt, der Flugzeugtyp gilt als bewährt. Noch während die Rettungskräfte vor Ort waren, sprach der Iran von einem technischen Fehler. Das scheint jedoch alles andere als fix. Nur wenige Stunden vor dem katastrophalen Absturz hatte der Iran mehrere Raketen auf US-Militärstützpunkte abgefeuert und die Nutzung des Luftraums in Teilen des Nahen Ostens untersagt. Bilder im Netz sollen außerdem zeigen, dass das Flugzeugwrack von Löchern durchsiebt ist.

Kaum war es gestartet, verschwand das Flugzeug auch schon wieder vom Radar: Wie „Aero Telegraph“ berichtet, verließ die Maschine den Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt Teheran mit einer Stunde Verspätung um 6.12 Uhr Ortszeit. Bereits bei einer Höhe von rund 2400 Metern verschwand sie vom Radar und stürzte ab. Medien zufolge setzte der Pilot keinen Notruf ab.

Von Luftabwehr abgeschossen?
Die iranischen Behörden führten den Absturz rasch auf einen Technikfehler zurück. Die jordanische Zeitung „Al Hadath“ berichtet dagegen, die Maschine sei von der iranischen Luftabwehr abgeschossen worden. Wie
die offiziellen Stellen im Iran so kurz nach dem Absturz Mittwochfrüh zu dem Schluss eines Technikfehlers als Ursache kamen, ist noch offen. Ausgegangen wird jedenfalls davon, dass es zu einem Brand in der Turbine gekommen sei, woraufhin das gesamte Flugzeug Feuer fing.

Im Netz werden unterdessen die Spekulationen um einen Luftangriff immer lauter: Auf Bildern der Nachrichtenagentur Reuters sollen Einschusslöcher im Flugzeugwrack zu sehen sein. Zudem sollen Bewohner, die den Absturz beobachtet haben, von Explosionen gesprochen haben, während der Passagierjet noch in der Luft war.

Iran verweigert Ausgabe von Blackboxen an Boeing
Die beiden Blackboxen seien gefunden worden und werden nun von iranischen Experten untersucht. Die Boxen sollen allerdings nicht an den Flugzeugherscheller Boeing weitergegeben werden, zitierte Reuters Ali Abedzadeh, den Chef der Teheraner Zivilluftfahrtorganisation.

Triebwerksdefekt nicht mehr fix
In einer neuen Erklärung führte die ukrainische Botschaft im Iran nicht mehr Triebwerksversagen als Absturzursache auf. Der ukrainische Ministerpräsident meinte auf die Frage, ob das Flugzeug von einer Rakete abgeschossen worden sein könnte, er rate von Spekulationen ab, bis die Absturzursache offiziell feststehe.

Aufnahmen zeigen, wie das brennende Passagierflugzeug an Höhe verliert. Der Absturzort war voller Rauch und Feuer.

„Von technischem Versagen zu reden ist reine Spekulation“
„Es handelt sich hier um ein sehr sicheres Flugzeug“, sagt Ex-Air-Berlin-Chef Joachim Hunold gegenüber der „Bild“. So kurz nach einem Unfall von technischem Versagen zu sprechen, sei für ihn reine Spekulation. „Dazu müssen viel mehr Informationen ausgewertet werden.“

„Die Maschine wurde 2016 ausgeliefert, war also noch relativ neu und hatte auch keine anderen Vorbesitzer“, meint Unfallforscher Jan-Arwed Richter vom Hamburger Flugsicherheitsbüro JACDEC.

„Eines unserer besten Flugzeuge“
Auch die ukrainische Fluggesellschaft Ukraine International Airlines machte inzwischen erste Angaben zur Maschine. „Es war eines unserer besten Flugzeuge, mit einer ausgezeichneten, zuverlässigen Mannschaft“, sagte der Präsident des Unternehmens, Jewgeni Dychne, sichtlich bewegt. „Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler der Besatzung ist minimal“, betonte auch der Vizepräsident der Fluggesellschaft, Igor Sosnowski.

Anschlag auf Boeing?
Die Boeing 737-800 ist eine der modernsten Versionen des Flugzeugtyps - nicht zu verwechseln mit der Boeing 737 Max, die nach zwei folgenschweren Abstürzen in Äthiopien und Indonesien mit weltweiten Flugverboten belegt wurde. Ukraine International Airlines hat mittlerweile die komplette Passagierliste veröffentlicht. Unter den Toten sollen auch zahlreiche Absolventen der renommierten iranischen Scharif-Universität für Technologie sein. Dieser Umstand hat in den sozialen Medien sofort zu Spekulationen geführt, wonach es sich um einen Anschlag handeln könnte, der von einem ausländischen Geheimdienst in die Wege geleitet wurde.

Warnung vor voreiligen Schlüssen
Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow warnte vor voreiligen Schlüssen zur Unglücksursache. Es sollten die Ermittlungen abgewartet werden, schrieb er Mittwochfrüh auf Facebook. Nur die könnten klären, ob zum Beispiel ein Pilotenfehler, eine technische Störung oder ein Angriff für den Absturz verantwortlich seien.

Iranischer Vergeltungsschlag im Irak: Raketenangriff auf US-Soldaten
Ob ein Zusammenhang des Absturzes der ukrainischen Maschine mit der militärischen Eskalation des Konflikts zwischen dem Iran und den USA besteht, muss nun geklärt werden. Wenige Stunden zuvor hatte es einen iranischen Vergeltungsangriff auf US-Soldaten im Irak gegeben. Die vom US-Verteidigungsministerium bestätigten Attacken auf die amerikanisch genutzten Militärstützpunkte Ain al-Asad im Westirak und eine Basis in der nordirakischen Stadt Erbil gelten als Revanche für die Tötung des iranischen Top-Generals Kassem Soleimani in Bagdad am Freitag durch einen US-Luftschlag.

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