Emirate unter Beschuss

WhatsApp-Rivale ist in Wahrheit arabische Spyware!

Digital
29.12.2019 14:37

Die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate hat mit einer gut gemachten Chat-App, die sich zuletzt auch im Ausland wachsender Beliebtheit erfreute, offenbar im großen Stil die eigene Bevölkerung ausspioniert. Programmiert soll sie ein mysteriöses IT-Unternehmen aus Abu Dhabi haben, das binnen weniger Jahre mit viel Geld zu einem führenden Anbieter staatlicher Überwachung aufgebaut wurde.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt es keine unzensierte Kommunikation. Westliche Dienste wie WhatsApp oder Skype werden vielerorts blockiert. Da kam die App „ToTok“, die Chats, Videotelefonie und Fotoversand ohne Zensur versprach, vielen Bürgern gerade gelegen.

Anfang 2019 gestartet, wurde sie schnell millionenfach auf die Smartphones der Bürger geladen, zuletzt erfreute sich die App auch im Ausland wachsender Beliebtheit. In den USA schaffte es „ToTok“ zeitweise in die Top-Ten der Social-Media-App-Charts, berichtet die „New York Times“.

Hinter der freundlichen Fassade lauert Spyware
Wie Recherchen der US-Bundespolizei FBI und der „New York Times“ belegen, lauert hinter der freundlichen Fassade von „ToTok“ aber tatsächlich ein Spionage-Tool, mit dem die Machthaber der Emirate ihre Bürger umfassend überwacht haben.

Chat-Protokolle, Fotos, Videos und der aktuelle Standort der Nutzer landeten direkt beim Geheimdienst der Emirate. Entwickelt haben soll die Spyware das mysteriöse Cyber-Security-Unternehmen DarkMatter.

Hier sehen Sie ein Imagevideo von Darkmatter:

Scheinfirmen und Verbindungen zum Geheimdienst
Irgendwann zwischen 2014 und 2015 im Emirat Abu Dhabi gegründet und mit gewaltigen Summen zu einem der Top-Dienstleister für staatliche Überwachung ausgebaut, soll man dort eine Scheinfirma namens Breej Holding gegründet haben, die „ToTok“ unters Volk brachte. Auch ein IT-Unternehmen, das im selben Gebäude wie der Geheimdienst der Emirate untergebracht und auf das Sammeln und Auswerten großer Datenmengen spezialisiert ist, soll an der App mitgewirkt haben.

Dass man den Bürgern eine harmlos wirkende Chat-App untergejubelt hat, um sie zu überwachen, entbehre nicht einer gewissen Eleganz, urteilen Experten. Während andere Länder die Handys ihrer Bürger hacken, um an die Daten zu kommen, habe man die Zielpersonen in den Emiraten im Grunde zur freiwilligen Kooperation gebracht.

Zitat Icon

Man braucht die Leute nicht mehr hacken, um sie auszuspionieren, wenn man sie dazu bringt, von selbst so eine App auf ihre Telefone zu laden.

Patrick Wardle, IT-Security-Experte

„Man braucht die Leute nicht mehr hacken, um sie auszuspionieren, wenn man sie dazu bringt, von selbst so eine App auf ihre Telefone zu laden, ihre Kontakte, Video-Chats und Standorte hochzuladen. Welche Informationen könnte man sich noch wünschen?“, sagt Security-Experte Patrick Wardle.

Google und Apple warfen „ToTok“ aus Stores
Nachdem bekannt wurde, welchem Zweck „ToTok“ in Wirklichkeit dient, wurde die Chat-App von Apple und Google aus ihren App Stores geworfen. Auf der „ToTok“-Website weist man die Spionageanschuldigungen zurück. Von der Regierung der Emirate und DarkMatter gibt es keine Stellungnahme. Beim FBI wollte man sich nicht konkret zu „ToTok“ äußern, erklärte aber: „Wir sind immer bestrebt, bei den Nutzern Bewusstsein für die potenziellen Risiken und Verwundbarkeiten dieser Mechanismen zu schaffen.“

DarkMatter setzt auf Experten aus den USA und Israel
Die Causa „ToTok“ zeigt, wofür die Emirate vor wenigen Jahren quasi aus dem Nichts den IT-Security-Dienstleister DarkMatter ins Leben gerufen haben dürften: Überwachung und Spionage. Monate nach der Gründung soll das Unternehmen unter dem Deckmantel eines IT-Sicherheitskonzerns damit begonnen haben, im Auftrag der Emirate andere Staaten auszuspionieren.

So soll DarkMatter geholfen haben, den Emir von Katar, Menschenrechtler und Journalisten sowie die Regierungen des Jemen, des Iran und der Türkei auszuspähen. Die Experten für solche Operationen hat man von israelischen und US-amerikanischen Geheimdiensten abgeworben. Medienberichten zufolge hat man Experten der israelischen Armee mit Jahresgehältern in Millionenhöhe zu DarkMatter nach Abu Dhabi gelockt.

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