Auf Schritt und Tritt

Ein spannendes Jahr an der Seite der Cobra

Tirol
29.12.2019 12:30

Insgesamt zwölf Monate hat die „Tiroler Krone“ das Einsatzkommando Cobra/West bei Übungen begleitet, war auf Schritt und Tritt an der Seite der Beamten und erhielt dabei Einblicke in das enorme Aufgabenspektrum der polizeilichen Sondereinheit Österreichs. Ein Rückblick auf ein spannendes und vor allem lehrreiches Jahr.

Viele waghalsige Cobra-Beamte in deren unverkennbaren olivgrünen oder schwarzen Uniformen, insgesamt elf intensive Trainingseinheiten und ein zusammenfassender Überblick - das sind die Zutaten der „Krone“-Jahresserie mit dem Einsatzkommando Cobra/West, zu dem Tirol und auch Vorarlberg zählen.

„Der Druck ist groß“
Bis zu 50 Beamte sind hier stationiert und dafür zuständig, jede noch so gefährliche Lage zu lösen. Der Druck, der dabei auf den Schultern der Beamten lastet, ist groß. „Denn außer uns gibt es in Österreich keine weitere Sondereinheit mehr“, verdeutlichte Harald Gonner, Leiter des Einsatzkommandos Cobra/West, zu Beginn der Kooperation im Jänner.

Rund um die Uhr im Einsatz
Rund um die Uhr stehen die Beamten in Bereitschaft. Binnen zehn Minuten können sie ihre Zentrale in Innsbruck verlassen und sich zum Einsatzort begeben. 2018 wurde das Team 643-mal angefordert - etwa bei Ad-hoc-Einsätzen oder für Personenschutzdienste.

Um tatsächlich Herr jeder Gefahr zu werden, absolviert die Sondereinheit regelmäßig Großübungen. Dass es hierbei ordentlich zur Sache geht, hat sich im Zuge der Jahresserie oftmals gezeigt:

  • Königlicher Personenschutz auf Skiern: „Jedes Jahr bestreiten wir in diversen Skigebieten ein mehrtägiges Personenschutz-Training auf der Skipiste. Denn viele Familien von internationalen Königshäusern verbringen ihren Skiurlaub in Tirol und Vorarlberg. Unsere Beamten sind währenddessen für deren Sicherheit zuständig“, erläuterte Gonner im Februar im Skigebiet St. Anton am Arlberg. Unter dem privaten Skianzug - schließlich will man nicht erkannt werden - tragen die Beamten stets ihre Waffen.
  • „Slash“ - die Waffe auf vier Beinen: Unverzichtbar für das Team ist der deutsch-belgische Schäferhund „Slash“. Er ist ein Zugriffshund, muss sich gegen alles widersetzen und darf nie aufgeben - auch nicht, wenn er von einem Täter getreten und geschlagen wird.
  • Furchtlos in der Luft: Bei gewissen Gefahrensituationen rücken die Cobra-Beamten mit dem Polizeihubschrauber aus. „Wir seilen uns mittels Schnell-Trenn-System ab. Zudem wissen wir nie, mit welchem Typ von Polizeihubschrauber wir bei Einsätzen fliegen. Wir müssen uns vorab die Besonderheiten von jedem Hubschrauber einprägen“, sagt der Cobra/West-Chef.
  • Cobra-Großübung auf hoher See: In See gestochen sind die Beamten im Zuge einer Übung im Mai in Bregenz. Eine Geiselnahme auf einem 62 Meter langen Schiff galt es zu bewältigen. „Derartige Vorfälle sind in Österreich nicht unrealistisch“, sagte Gonner.
  • Cobra-Beamte als rettende Ersthelfer: Das Zusammenspiel zwischen der Sondereinheit und den Rettungskräften stand Mitte Juni im Fokus einer Übung. In einer Gefahrenlage sind es meist die Beamten, die Verletzte erstversorgen. Erst wenn die Gefahr gebannt ist, übernimmt die Rettung die Versorgung. „Die Einsatzkräfte müssen die Scheu vor uns verlieren“, betont Gonner.
  • Gebäude hochklettern - fast so wie Spiderman: Bei einigen Einsätzen müssen die Beamten Fassaden hochkraxeln - entweder an einem Seil hängend oder völlig ungesichert -, sich in schwindelerregender Höhe über Balkongeländer hieven und sich anschließend kopfüber gesichert in die Tiefe stürzen, um überhaupt zum Täter zu gelangen. „Das sind Vorgehensweisen, die immer wieder verinnerlicht werden müssen“, erklärt der Cobra/West-Chef. Im Juli trainierten die Beamten das alles auf einem 35 Meter hohen Kran in Vorarlberg.
  • Fahrtechnik-Trainings - ein Muss für die Cobra: „Jede einzelne Kompetenz, die wir uns angeeignet haben, nützt im Ernstfall nichts, wenn wir nicht zum Einsatzort gelangen. Und zu 99 Prozent rücken wir mit unseren Fahrzeugen aus. Der jeweilige Lenker muss somit das Team unter enormem Stress sicher ans Ziel bringen - und das bei jeder Witterung“, schilderte ein Ausbildungsleiter bei einer Großübung Anfang September im ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum in Innsbruck.
  • In Substanzen lauert eine heimtückische Gefahr: Aus dem aktuellen Terrorismus-Lagebericht von Europol, der europäischen Polizeibehörde in Den Haag, geht hervor, dass ein Anstieg von Bedrohungen mit chemischen, biologischen, radioaktiven sowie nuklearen Substanzen (CBRN) zu verzeichnen ist. „Die Gefahren, denen unsere Beamten ausgesetzt sind, sind heimtückisch und nicht zu unterschätzen“, schilderte Christian Kirchmair, CBRN-Verantwortlicher der Cobra. Eine exakte Vorgehensweise, das Tragen von Atemschutz sowie Schutzanzügen ist Pflicht und im schlimmsten Fall ein Entgiften nach System unabdingbar.
  • Brenzlige Situationen gemeinsam meistern: Einsätze, bei denen Täter mit brennbaren Flüssigkeiten hantieren und drohen, sich bzw. Geiseln anzuzünden, meistert die Cobra oft mit Florianijüngern - schlichtweg, weil sie deren fachkräftige Unterstützung benötigen. „Die beiden Teams müssen miteinander ohne Probleme kooperieren und genau das trainieren wir am heutigen Tag auf dem Areal der Berufsfeuerwehr Innsbruck“, sagte Gonner im Oktober.
  • „Die Dunkelheit darf keine Ausrede sein“: Etliche Einsätze der Cobra laufen in den Nachtstunden ab. Das wiederum heißt, dass die Beamten auch bei Dunkelheit funktionieren müssen. Dazu zählt etwa der Umgang mit der Waffe. „Nachtsichtgeräte sind uns dabei eine große Hilfe. Doch die sind für die Augen belastend, die wiederum schneller müde werden. Dank diverser Trainings gewöhnen sich die Beamten daran“, schilderte ein Ausbildungsleiter bei der Großübung im November.

„Krone“-Kommentar von Jasmin Steiner: Hart, härter, Cobra-Beamter!
„Ich kann nicht gut sein, wenn ich aufhöre, besser zu werden!“ Diesen Satz habe ich im Laufe des Jahres an der Seite der Cobra-Beamten oft gehört, sehr oft sogar. Und wie wird man besser? Genau, indem man sich regelmäßig fordert, an seine Grenzen geht und die zu beherrschenden Abläufe trainiert, bis man sie wahrlich im Schlaf kann. Die Cobra-Beamten müssen täglich aufs Neue jeden einzelnen Handgriff beherrschen, sie haben gar keine andere Wahl. Denn sie sind es, und zwar österreichweit nur sie, die tatsächlich in jeder noch so gefährlichen Situation ihr Leben riskieren, um andere zu retten bzw. zu schützen. Daher müssen sie intensive Trainingseinheiten absolvieren - und zwar nicht nur mehrere Großübungen pro Monat, sondern täglich (!) harte Einheiten. Das habe ich im Laufe des Jahres mit eigenen Augen gesehen. Es entspricht also nicht der Wahrheit, dass „bestens ausgebildete Cobra-Beamte nur im stillen Kämmerchen sitzen und auf einen Einsatz warten“, wie es Innsbrucks „Law and Order“-Politiker Rudi Federspiel (FPÖ) sowie eine großformatige Tiroler Zeitung gerne behaupten - ohne sich je beim Einsatzkommando Cobra/West informiert zu haben. Außerdem fordern sie, dass die Beamten an den Hotspots in Innsbruck eingesetzt werden, um für Ordnung zu sorgen. In der Praxis hieße das, dass wir Tag und Nacht uniformierte und bewaffnete Cobra-Beamte am Hauptbahnhof, in der Bogenmeile und in Parks antreffen würden. Mit dem zu absolvierenden Trainingsaufwand sowie dem Personalstand ist das schlichtweg unmöglich. Hinzu kommt, dass vermummte Beamte mit Waffen wohl nicht der perfekte Willkommensgruß für Gäste im Tourismusland Tirol sind.

Jasmin Steiner, Kronen Zeitung

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