Nawalny klagt an:

Putin-Kritiker auf Militärbasis in Arktis gebracht

Ausland
26.12.2019 12:50

Ruslan Schaweddinow, Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, soll widerrechtlich zum Militärdienst eingezogen und in eine entlegene Luftabwehrbasis in der Arktis gebracht worden sein. Bekannt gemacht hatte das der Kremlkritiker Alexej Nawalny, gegen den es am Donnerstag eine Razzia samt gewalttägigem Vorgehen wegen eines Videos mit Korruptionsvorwürfen gegeben haben soll. Putin selbst reagierte fast schon wie gewohnt: Indem er zum Jahresausklang bei einem (siegreichen) Freundschaftsspiel in Moskau zum wiederholten Male „seine überragende Fitness“ unter Beweis stellte.

Der prominente Kremlkritiker Alexej Nawalny, bis August selbst inhaftiert, nachdem er zu einem nicht genehmigten Protest aufgerufen hatte, und am Donnerstag erneut abgeführt, schrieb am Mittwoch im Internet, sein Weggefährte Ruslan Schaweddinow werde auf einer geheimen Luftabwehrbasis im entlegenen Nowaja-Semlja-Archipel als „politischer Gefangener“ festgehalten. Der 23-Jährige wird seit Montag vermisst.

„Aus irgendwelchem Grund mit Gewalt“ aus Büro gezerrt
Gegen Nawalny selbst sei am Donnerstag ebenfalls mit Gewalt vorgegangen worden, wie er schilderte. Zunächst hieß es, er sei festgenommen worden, doch der Kremlgegner gab vor Kurzem via Twitter bekannt, dass er nur abgeführt worden sei. Zu einem Foto, das ihn und zwei maskierte Uniformierte zeigt, schrieb er zudem: „Retweet, wenn dieses Foto Ihre Neujahrsstimmung hebt.“ Er sei „aus irgendwelchem Grund mit Gewalt“ aus seinem Büro gezerrt worden.

Razzia, weil er Video mit Korruptionsvorwürfen nicht löschen will
In den Räumen des Anti-Korruptions-Kämpfers wurde eine neue Razzia durchgeführt. Wie in der Vergangenheit seien Computer und Datenträger beschlagnahmt worden. Nawalny teilte mit, dass der Sicherheitsapparat auf seine Organisation FBK gehetzt worden sei, weil diese sich weigere, ein Video mit Korruptionsvorwürfen gegen Regierungschef Dmitri Medwedew bei YouTube zu löschen. Das Video sahen bisher fast 33 Millionen Menschen. Zuletzt wichen seine Mitarbeiter auf eine pornografische Website aus, weil der Clip bei YouTube blockiert worden war.

Schaweddinow „sofort festgenommen und abtransportiert“
Nawalny erzielt mit seinen Enthüllungen zur Korruption in Russlands Machtzirkeln landesweit hohe Aufmerksamkeit. Am Mittwoch erst protestierte er im Internet gegen die „Entführung“ seines Weggefährten Schaweddinow. Laut Nawalny soll die Polizei in die Moskauer Wohnung Schaweddinows - der als Projektmanager für Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung tätig ist - eingedrungen und ihn sofort festgenommen und abtransportiert haben. Seit 2019 wird diese Stiftung von den russischen Behörden als „ausländischer Agent“ eingestuft, auch wird wegen angeblicher Geldwäsche ermittelt.

In Russland gilt Wehrpflicht
Männer zwischen 18 und 27 Jahren müssen in Russland ein Jahr lang zum Wehrdienst. Ein Armeesprecher betonte, davor habe sich Schaweddinow seit Längerem gedrückt - die Einberufung entspreche dem Gesetz. Nawalny führte hingegen ins Feld, Schaweddinow sei aus gesundheitlichen Gründen für den Wehrdienst ungeeignet. Auch sei er ohne jegliche Grundausbildung zum Nowaja-Semlja-Archipel entsandt worden.

Wjatscheslaw Gimadi, ein Anwalt von Nawalnys Stiftung, sprach gar von einer „Entführung“ - er warf Putin sowie Verteidigungsminister Sergej Schoigu vor, direkt dafür verantwortlich zu sein.

„Wladimir Putin ist ständig im Kampf“
Putins Gegenspieler beim jährlichen Eishockey-Match wollten offenbar kein Risko einer "Entführung" eingehen - kalt wurde ihnen dennoch. Obwohl das russische Staatsoberhaupt „zuletzt wenig geschlafen“ hatte, ging der 67-Jährige - der sich nicht nur als Judoka, sondern auch als findiger Schwammerlsucher oder Abenteurer ohne Furcht kameratauglich in Szene setzt -, in einem Freundschaftsspiel in der Eisarena auf dem Roten Platz in Moskau als strahlender Sieger hervor. Das Staatsfernsehen jubelte, weil der umtriebige Präsident trotz seiner vielen Aufgaben noch Zeit für den Sport findet: „Wladimir Putin ist ständig im Kampf“, meinte der Reporter.

Zuvor hatte die „Nummer 11“ noch eine Regierungssitzung absolviert und für das nächste Jahr zum Kampf gegen die Armut in Russland aufgerufen. Er habe den Eindruck, dass viele Menschen in Russland sehr unzufrieden seien, räumte er ein. Seine musische Seite zeigte er anschließend: Er war im Moskauer Bolschoi-Theater zu Gast. Auch dieser Besuch hat zum Jahresende bereits Tradition.

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