Atemberaubend

Jordanien: Auf Sand gebaut

Reisen & Urlaub
06.12.2019 07:00

Ein Land, das zu 75 Prozent aus Wüste besteht und trotzdem nicht öde ist: Das ist Jordanien.

Genau 30 Jahre ist es nun her, dass „Indiana Jones“ auf der Suche nach dem Heiligen Gral durch die Schlucht von Petra geritten ist. Und immer noch ist der Anblick des 40 Meter hohen Schatzhauses, wenn es zwischen den engen Felsen auftaucht, atemberaubend und faszinierend. Einen Schatz allerdings hat es nie beherbergt, vielmehr war es eines der berühmten Felsengräber. Über einen Kilometer aber zieht sich zunächst der bis zu 70 Meter hohe Siq (Schlucht) - in den rosa Stein gemeißelte Figuren von Menschen und Kamelen geben schon entlang des Weges einen Vorgeschmack, auf das zu Erwartende -, bevor der Blick auf den Eingang zur Nabatäer-Stadt fällt.

Als Geheimtipp kann man Petra, welches ab dem 1. Jahrhundert vor Christus zu florieren begann, wohl nicht mehr bezeichnen. Letzte Woche wurde die einmillionste Besucherin im heurigen Jahr begrüßt und gefeiert! Nichtsdestotrotz muss man einfach hin, wenn man schon die Gelegenheit hat, Jordanien zu besuchen - zählt es doch zu einem der sieben neuen Weltwunder der Welt. Wem das Gehen zu anstrengend ist, der kann sich auch mit einer Kutsche oder auf dem Rücken eines Esels, Kamels oder Pferdes transportieren lassen. Ob das unbedingt bequemer ist, sei dahingestellt, auf jeden Fall geht es schneller.

Zu bestaunen gibt es die Felsengräber, einen Opferplatz, auf einem Hochplateau gelegen, ein Theater, die Königsgräber, eine byzantinische Kirche und einiges mehr. Die prachtvollen Fassaden wurden allesamt von oben nach unten in den Sandstein gehauen. Von vielen existieren deshalb auch nur die oberen Teile, die Arbeit wurde eingestellt, als während des Baus festgestellt wurde, dass das Material an dieser Stelle nicht stabil genug war. Etwa in der Hälfte des 7. Jahrhunderts n. Chr. war die Stadt wieder verlassen, nachdem auch die Römer ihre Spuren hinterlassen und ein schweres Erdbeben wohl einen großen Teil zerstört hatte. Aber eben nicht alles. Das ausgeklügelte Wasserleitungssystem der Nabatäer zum Beispiel zeigt heute noch, wie außergewöhnlich Petra zu seiner Zeit gewesen sein muss.

Denn in einem Land, das zu 75 Prozent aus Wüste besteht, ist Wasser wohl einer der größten Schätze überhaupt. Das hat sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht geändert. „Die Jordanier sind am Verdursten!“, zeigt sich auch unser Reiseleiter Kifah besorgt. Nur an zwei Tagen der Woche (immer dienstags und samstags) fließt Wasser aus den Leitungen Jordaniens. Da heißt es, die riesigen Behälter, die man sogar auf den Dächern der Wohnhäuser in der Hauptstadt Amman sehen kann, zu füllen, um über die restlichen Tage zu kommen. Trinkwasser und welches zum Kochen muss gekauft werden.

Mit dem Jeep geht es dann durch die karge Wüste. Lange dauert es nicht, da knirscht es schon zwischen den Zähnen, und das Auto hinterlässt seine Spuren im Sand. Vorbei sind die Zeiten, als die Karawanen mit 1200 Kamelen durch das Wadi Rum zogen und sich anhand von Wandinschriften, die teilweise ca. aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. stammen, orientierten. Dennoch ist das Wadi immer noch Heimat von Beduinenfamilien, die hier ihre Zelte aufgeschlagen haben. Natürlich sind sie nicht mehr so groß wie zu Zeiten von Lawrence von Arabien. Der bekannte britische Offizier, Archäologe und Schriftsteller war Anfang des 20. Jahrhunderts immer wieder in dieser Gegend unterwegs – nachzulesen in seinem Buch „Die sieben Säulen der Weisheit“. Aber dennoch leben, auf das ganze Land verteilt, noch etwa 25.000 Jordanier ohne fixen Wohnsitz als Vollnomaden in der Wüste. Sie sind nicht registriert, versichert o. Ä., ihre Kinder besuchen keine Schulen, sie sind Analphabeten.

Langsam legt sich die Stille über die Weite der Wüste, die Sonne sinkt, die Temperaturen ebenfalls, ein sternenklarer Himmel zeigt sich. Zeit also, um das Nachtlager aufzuschlagen. Übernachtet wird, wie es hier üblich ist, im Zelt. Allerdings haben unsere nichts mit denen der Beduinen gemein, außer den Namen. Es sind vielmehr normale Hotelzimmer mit Bett, Dusche, WC und Klimaanlage (!). Doch hört man in der Nacht trotzdem die Geräusche, wenn sich der Wind in der Zeltplane verfängt und rund ums Lager zieht. Eine besondere Spezialität wird uns aber zuvor noch beim Abendessen serviert: Zarb, ein traditionelles Beduinengericht. In einem im Wüstenboden eingegrabenen Metallfass, das auch noch mit einer Plane und Sand bedeckt wird, werden Reis, Kartoffeln, Karotten, Huhn und Lamm langsam mindestens drei Stunden lang gegart. Kein Fast Food also. Und bei einem Tee und einem Tänzchen klingt der Abend gemütlich aus.

Weiter geht die Fahrt am nächsten Morgen gut erholt Richtung Norden. Auf dem Weg dorthin kreuzen viele historische und auch biblische Stätten unseren Weg. Die Königsstraße, die Verbindung Syriens mit dem Roten Meer, war früher die wichtigste Handelsstraße in diesem Gebiet, die schon in der Bibel Erwähnung fand. Die Nabatäer nutzten sie für ihre Warentransporte, und auch die Kreuzfahrer hatten ihre Burgen und Festungen, wie zum Beispiel Kerak und Shawbak, entlang dieser Strecke errichtet. Mit Blick auf Shawbak kann man heute im „kleinsten Hotel der Welt“ nächtigen. Ein alter VW-Käfer, bunt bemalt und mit einer dicken Matratze ausgestattet, wartet auf seine Gäste. 50 Dinar (etwa 63 Euro) für zwei Personen plus Frühstück und Abendessen kostet die Nacht. Wie zwei Personen da reinpassen sollen, bleibt allerdings ein Rätsel.

Vom Berg Nebo, auf ca. 800 Meter über dem Jordantal gelegen, sieht man bis nach Israel. Genau hier soll Moses gestanden und ins gelobte Land, welches er nie betreten durfte, geblickt haben. Gute 1200 Meter unter uns, an der Stelle, an der der Jordan ins Tote Meer fließt – es liegt etwa 400 Meter unterhalb des Meeresspiegels und ist somit die tiefste Stelle an der Erdoberfläche –, ist der Unterschied des Wassers von oben genau zu erkennen. Hier vermengen sich das Süß- und das Salzwasser. 33 Prozent Salzgehalt lassen keine Form von Leben zu. Dafür allerdings, wird ihm therapeutische Wirkung nachgesagt. Wie ein Ölfilm legt es sich auf die Haut, und nach dem Abduschen fühlt sich diese sogleich seidig-zart an. Wer sich noch etwas ganz Besonderes für die Schönheit und Jugendlichkeit gönnen möchte, cremt sich mit dem pechschwarzen Tote-Meer-Schlamm ein. Soll er doch den Hautalterungsprozess und das Entstehen von Fältchen verlangsamen und Feuchtigkeit spenden. Und wenn wir schon nicht den Heiligen Gral gefunden haben, so muss man eben zu anderen verjüngenden Mitteln greifen ...

Elisabeth Salvador, Kronen Zeitung

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