Scharfe Kritik

Klimademo-Polizeigewalt: Amnesty warnt vor Folgen

Wien
04.12.2019 06:01

Amnesty International Österreich hat am Mittwoch einen Kurzbericht zu den Vorfällen bei der Klimademo am 31. Mai 2019 in Wien veröffentlicht und darin erneut das Vorgehen der Polizei sowie den Umgang mit den Vorwürfen danach scharf kritisiert. Die Menschenrechtsorganisation forderte eine unabhängige Untersuchungsbehörde, die sich mit solchen Fällen auch rechtlich auseinandersetzen soll.

„Es ist für uns menschenrechtlich wahnsinnig wichtig, dass man an solchen Versammlungen teilnehmen kann, ohne sich vor der Polizei und vor allem vor Verletzungen fürchten zu müssen“, so der Geschäftsführer von Amnesty International Österreich, Heinz Patzelt. „Einsätze wie der bei der Urania bewirken genau das Gegenteil.“

„Nicht angemeldet, trotzdem legal“
Am 31. Mai hatten Aktivisten der Umweltschutzinitiativen Ende Geländewagen und Extinction Rebellion den Ring bei der Urania blockiert. Dabei hatten sie sogenannte Tripods, dreibeinige Türme, auf der Straße platziert, an die sich jeweils zwei Aktivisten gekettet hatten. Die Versammlung war nicht angemeldet, was laut Patzelt aber nichts zur Sache tut. „Die Anmeldung einer Versammlung dient nur dazu, dass sich die Exekutive besser darauf vorbereiten kann. Ist sie nicht angemeldet, ist die Versammlung trotzdem legal“, so der Amnesty-Chef.

Der Amnesty-Bericht prangert mehrere Umstände rund um den Polizeieinsatz bei der Klimademo an, darunter unter anderem ...

  • ... , dass die Versammlung viel zu schnell aufgelöst wurde und damit das Recht auf Versammlungsfreiheit per se verletzt worden sei.
  • Amnesty kritisierte weiters, dass einige Zwangs- und Gewaltmaßnahmen bei der Räumung unverhältnismäßig gewesen seien:

Unter anderem habe ein Aktivist laut Amnesty einen Mittelhandknochenbruch erlitten. Ein anderer Unbeteiligter wurde laut Amnesty in den „Schwitzkasten“ genommen. In weiterer Folge fixierten ihn zwei Beamte am Boden in Bauchlage mit dem Kopf unter einem Einsatzfahrzeug. Als sich der Wagen in Bewegung setzte, zogen die Beamten den Mann ruckartig weg. Obwohl die Identität des Mannes bekannt war, sei er von 16.20 Uhr bis 6.45 Uhr des darauffolgenden Tages festgehalten worden, heißt es in dem Amnesty-Bericht.

Ein anderer Aktivist sei ebenfalls mit Schmerzgriffen weggetragen worden, obwohl er sich nicht gewehrt habe. Er sei schließlich am Boden fixiert und mit Faustschlägen in die Nierengegend bearbeitet worden, weil er sich verspannt habe. 

Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte noch einen weiteren Fall eines Aktivisten, dem ebenfalls Verletzungen zugefügt worden sein sollen. Zudem war ein 22-jähriger Student verletzt worden. Er war zunächst wegen Widerstands angeklagt, wurde dann aber im Zuge eines Verfahrens freigesprochen.

  • In dem Bericht wird zudem gefordert, dass Polizisten die Dienstnummern bei solchen Einsätzen sichtbar tragen sollten. „Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun, außer Angst vor Beschwerden“, sagte der Amnesty-Geschäftsführer.
  • Der NGO-Boss warnte auch vor dem sogenannten Chilling Effect, bei dem durch solche Einsätze Furcht vor polizeilichen Maßnahmen entstehe, die Menschen davon abgehalten könne, an Demonstrationen teilzunehmen.

Ein generelles Problem sei, dass auch Anzeigen wegen Polizeigewalt bei der Polizei eingebracht werden müssten. Für Patzelt wäre eine unabhängige Untersuchungsbehörde ein klarer Vorteil für die Betroffenen. Die Volksanwaltschaft ist hingegen für den Amnesty-Chef keine Alternative, da sie keine Anklage- und Ermittlungsbehörde ist.

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