Theater Phönix:

Wilder Ritt mit Friedrich Schiller

Oberösterreich
30.11.2019 16:00

Ein starkes Stück lieferte Regisseur Georg Schmiedleitner in seiner Theaterheimat Phönix mit „Schiller. Aufruhr und Empörung“ ab: Fast drei Stunden destillierte Weltliteratur des großen Dichters forderte das Publikum und passte auch nicht auf die Bühne, sondern schwappte in den Zuschauerraum, auf Gänge und Foyer über. Eine schauspielerische Tour de Force für das Ensemble und vor allem für Hauptdarstellerin Raphaela Möst, die über sich hinauswuchs.

Man wird herumgescheucht, neu platziert, soll stehen, sitzen, auf die Bühne spazieren: Georg Schmiedleitner achtete bei der Premiere seiner Schiller-Inszenierung im Linzer Theater Phönix darauf, dass die Zuseher ständig neue Perspektiven auf das Geschehen bekamen - bewegt sich der Körper, bleibt auch der Geist wach. Und das war nötig, denn „Schiller. Aufruhr und Empörung“ ist ein monströses Projekt. Florian Hirsch und das Theater Phönix haben längere Textpassagen aus sechs Schlüsselwerken des Dichterfürsten mit biografischen Gegebenheiten, Briefauszügen sowie aktuellen Zitaten von Greta Thunberg bis Donald Trump zu fast drei fordernden Theaterstunden verschmolzen. Schmiedleitner machte daraus einen wilden Ritt durch den Gedankenkosmos von Friedrich Schiller und spannte damit den Bogen zu aktuellen Geschehnissen.

Denn die titelgebende Empörung, die auch den obrigkeitskritischen Schiller bestimmte, wandelt an einem schmalen Grat entlang, kann Klimakritik genauso gebären wie rechtes Gedankengut. Das alles und noch viel mehr Futter fürs Hirn prasselt in diesem Stück auf die Zuseher ein. Vielleicht hätte man zugunsten des roten Fadens auf ein oder zwei der „Stücke im Stück“ verzichten können.

Die Darsteller Martin Brunnenmann, Anna Maria Eder, Markus Hamele, Felix Rank, Marion Reiser und Isabella Szendzielorz schlüpften jeweils in unzählige Rollen, bewiesen aber allesamt Textsicherheit und Wandlungsfähigkeit, wechselten auf der bewaldeten Bühne (Stefan Brandtmayr) binnen kürzester Zeit von Wilhelm Tell zu Maria Stuart (Kostüme: Cornelia Kraske). Nestroy-Preisträgerin Raphaela Möst verausgabte sich als Friedrich Schiller, wütete, zweifelte, hoffte mit Leidenschaft. Sie ist der Anker der Inszenierung, man hing an ihren Lippen bis zum mahnenden Finale.

Jasmin Gaderer/Kronen Zeitung

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