Zu zweit erdrosselt

Mann (71) getötet: Lebenslang für Ex-Frau und Sohn

Österreich
16.06.2010 16:32
Wegen des Mordes am Ex-Mann bzw. Vater sind eine 67-Jährige und ihr Sohn am Mittwoch am Landesgericht St. Pölten - nicht rechtskräftig - zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden, der 42-Jährige wird in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Angeklagten hatten - wenn auch nicht reumütig - gestanden, den 71-Jährigen am 21. Oktober 2009 in dessen Haus in Eichgraben (Bezirk St. Pölten) erdrosselt zu haben.

Staatsanwalt Karl Fischer hatte in seinem Schlussvortrag von einem "furchtbaren Verbrechen" gesprochen und eine sehr strenge Strafe gefordert. Er wies auf die "massive Tatbegehung" hin - der Todeskampf des 71-Jährigen habe Minuten gedauert - Motiv seien Neid und Habgier gewesen. Der 71-Jährige habe sein Leben nach der Scheidung in den Griff bekommen und hatte eine Lebensgefährtin, während seine Ex-Familie auf den Streit um das Haus fokussiert war.

Richterin Andrea Humer verwies in der Urteilsbegründung auf vorliegende Milderungsgründe wie die Geständnisse, wenn auch nicht reumütig. Erschwerend waren unter anderem die Brutalität der Tatbegehung.

Die Ex-Frau und der Sohn beschrieben den 71-Jährigen als "herrschsüchtig, tyrannisch und gewalttätig" - aus Sicht seiner Freundin und der Nachbarin sei er dagegen "liebenswürdig und zuvorkommend, ruhig und gutmütig" gewesen.

Ermittler sprechen von "amtsbekannten" Streitereien

Die Nachbarin verständigte die Polizei, nachdem sie einen "animalischen" Schrei gehört hatte, den sie "im Leben nicht mehr vergessen" werde. Den damaligen Angaben der ermittelnden Beamten zufolge war es seit der rund fünf Jahre zurückliegenden Scheidung des Paares immer wieder zu "amtsbekannten" Streitereien gekommen. Die Richterin verwies in der Verhandlung auf zahlreiche zivil- und auch strafrechtliche Verfahren, unter anderem wegen Besitzstörung, Nötigung und Körperverletzung. Die ersten Klagen unmittelbar nach der Scheidung waren allerdings von den Beschuldigten und nicht vom späteren Opfer.

Gesicht in Suppe gedrückt, Würgeattacke

"Die Angst war sein ständiger Begleiter", verwiesen beide Zeuginnen auf Handgreiflichkeiten, denen das Opfer seit der Trennung ausgesetzt gewesen war: vom gewaltsamen Eintauchen seines Kopfes in einen Teller mit Suppe bis zu einer vorangegangenen Würgeattacke, nach der er nach Aussage seiner Bekannten gesundheitlich angeschlagen war. Mutter und Sohn hätten auch den Carport mit einer mit Sand gefüllten Regentonne derart verbarrikadiert, dass der Mann nicht mehr darin parken konnte.

"Aufgelebt" sei er in den neun Monaten, als ein Betretungsverbot für seinen Sohn galt. Der Mann hatte seit der Scheidung in dem Einfamilienhaus in Eichgraben gewohnt, das offenbar alle besitzen wollten. Das war nach Angaben der Angeklagten der Grund, warum sie trotz der Kontroversen immer wieder zurückkehrten.

Opferrolle der Angeklagten gehört "ins Reich der Märchen"

Zuvor hatte die 67-Jährige Jahre des Leidens in einer schlechten Ehe geschildert. Warum sie dann 25 Jahre nach der Hochzeit - der Sohn war bereits 17 Jahre - in Eichgraben gemeinsam ein Haus als Alterssitz kauften, statt sich zu trennen, konnte die Angeklagte nicht schlüssig beantworten. "Er sagte immer, er macht uns fertig", meinte die 67-Jährige zu den Vorfällen nach der Scheidung. Dem hielt die Richterin entgegen, dass das Opfer offenbar aufgrund der gefühlten physischen Bedrohung mit der Nachbarin vereinbart habe, sie möge die Polizei rufen, wenn er um Hilfe schreie. Die Darstellung der Opferrolle der Beschuldigten verwies der beisitzende Richter, der der Frau ein hohes Maß an Selbstgerechtigkeit attestierte, ins Reich der Märchen.

Angeklagte gab Mordabsicht zu

Auslöser für die Tat war laut Anklage eine für den nächsten Tag am Bezirksgericht Neulengbach angesetzte Verhandlung gegen den Sohn wegen Körperverletzung. Mutter und Sohn fuhren an jenem 21. Oktober von der Wiener Wohnung in das - nach wie vor beiden Ex-Eheleuten gehörende - Haus in Eichgraben, das der Mann bewohnte. Mit dem Vorhaben, den 71-Jährigen umzubringen, wie die Angeklagte auf drängende Fragen der Richterin zugab und auch aussprechen musste. Das Opfer wurde gewürgt und zu Boden gedrückt, ehe der 42-Jährige einen Ledergürtel um dessen Hals schlang. Schließlich zogen beide zu.

Den 71-Jährigen umzubringen, sei eine gemeinsame Idee gewesen, weil sie - vor der Strafrechtsverhandlung - "nicht ein noch aus gewusst" hätten, meinte die Angeklagte. Der Sohn hatte "einen Schlussstrich setzen wollen". Wie sie sich beide danach gefühlt hatten, wollte das Gericht wissen. Er sei "einfach nur müde gewesen" - und irgendwie erleichtert, sagte der 42-Jährige. Er sei auch zornig gewesen, weil der Vater das Anwesen "heruntergewirtschaftet" habe. Beide gaben unmittelbar nach der Tat gegenüber der Polizei an, dass sie nichts bereuen würden – sie seien "von einem Tyrannen befreit", so die 67-Jährige.

"Sohn des Opfers hat schizoide narzisstische Züge"

Bereits 2008 war der 42-Jährige psychiatrisch begutachtet worden. Damals sprach er bereits von Suizid- und Mordgedanken. Gerichtspsychiater Werner Brosch sprach von einer schweren Persönlichkeitsstörung mit schizoiden narzisstischen Zügen und ungünstiger Zukunftsprognose. Das Urteil ist nicht rechtskräftig: Die Verteidigung des 42-Jährigen und seiner Mutter meldete Berufung an.

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