Schuldenstreit in SPÖ

Alle wollen Veränderung – „aber niemand weiß, wie“

Österreich
28.11.2019 06:00

Die Stimmung in der SPÖ könnte nicht schlechter sein, es herrschen Verzweiflung und Ratlosigkeit. Nicht nur die Tatsache, dass bald bis zu 27 Mitarbeiter gekündigt werden, lässt die Wogen hochgehen, sondern auch die Art und Weise, wie dies kommuniziert wurde. Vor allem die Bundesländer drängen auf Veränderung, „aber niemand weiß, wie“, ist zu hören.

Auf offener Bühne will kaum jemand sagen, was er denkt. Aber unter Zusicherung der Anonymität sprudelt es aus den Roten nur so heraus. „Wir sind froh, dass Pamela Rendi-Wagner nicht die Vertrauensfrage stellt. Was sollten wir dann machen?“, sagt etwa eine Genossin aus Wien. Andernorts heißt es: „Die Situation hat Ausmaße angenommen, die nicht mehr koordinierbar sind.“ Oder auch: „Ich verstehe das Timing nicht.“ Gemeint ist der Zeitpunkt der Verlautbarung der Kündigungen - einen Monat vor Weihnachten.

Lercher fordert Solidarbeitrag von Abgeordneten und Funktionären
Was den Betroffenen ebenfalls sauer aufstößt: dass die Entlassungen einfacher Mitarbeiter in einem Atemzug mit teuren Beraterverträgen genannt werden. Parteirebell Max Lercher fordert einen Solidarbeitrag von Abgeordneten und Funktionären. Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil richtet aus, dass er „in erster Linie die hoch dotierten Beraterverträge beenden“ würde.

Berichtet wird, dass Andrea Brunner, die bisherige Bundesgeschäftsführer-Stellvertreterin, nicht ohne Grund das Handtuch geworfen hat. Brunner, die in der Partei äußerst beliebt ist, soll in den Sparkurs nicht eingeweiht gewesen sein.

Betriebsrat auf der Palme
Am Mittwochabend schaltete sich auch der SPÖ-Betriebsrat in die Debatte ein. Nach einer Belegschaftssitzung äußerte sich Chef Siegfried Sailer „besonders enttäuscht“, dass im Lauf des Jahres „keinerlei Bemühungen“ der Parteispitze verzeichnet worden seien, eine Kündigungswelle abzuwenden. Bereits im Mai seien finanzielle Schwierigkeiten und ein schlechtes Wahlergebnis absehbar gewesen: „Nun vor Weihnachten Maßnahmen in diesem Ausmaß zu ergreifen, ist bitterlich.“ Außerdem habe der Betriebsrat bisher keine Gelegenheit gehabt, sich über Auswahl und Anzahl der Betroffenen mit der Geschäftsführung auszutauschen.

Kern: Weniger Schulden hinterlassen als dargestellt
Für zusätzlichen Wirbel sorgt nun noch Verwirrung um die Höhe der Schulden. Laut Rendi-Wagner habe sie die Partei mit einem 14-Millionen-Euro-Minus übernommen. Jetzt widerspricht ihr Ex-Kanzler Christian Kern: Er habe die Partei mit einem Schuldenstand in der Höhe von 10,57 Millionen übergeben. Dafür gebe es Belege, so Kern zur „Krone“.

Der in der Kritik stehende Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch will dem Bundesparteivorstand am 9. Dezember ein „neues Finanzregulativ“ vorlegen. Ziel sei ein ausgeglichenes Budget für 2020 und ein Sanierungsplan für die Bundespartei. „Ansonsten sind wir wirtschaftlich nicht in der Lage, wieder auf die Gewinnspur zu kommen“, so Deutsch. Der Sanierungsplan sehe vor, dass die Bundesgeschäftsstelle bis 2025 schuldenfrei wird.

Doris Vettermann, Kronen Zeitung, und krone.at

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