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Grubinger: „Es waren einmal schöne Dörfer“

Salzburg
24.11.2019 08:00

„Bei uns schaut’s eigentlich aus, wie wenn eine Kuh Dünnschiss gehabt hätte und die ganze Landschaft verspritzt mit ihren Siedlungsansätzen, mit ihren Chalet-Dörfern und Ähnlichem.“ Dieser Satz war am vergangenen Donnerstag in der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ zu hören.

Die Doku drehte sich um Siedlungsneubauten, Chalet-Dörfer, Appartment-Hotels und touristische Großprojekte im Oberpinzgau. Es war für mich eine Fortsetzung dessen, was schon die ganze Woche über im politischen Österreich die Schlagzeilen bestimmt hatte: Machtmissbrauch, Willkür, Korruption, fehlender Anstand, Moral und die grundsätzliche Frage darüber, ob Politik, Wirtschaft und unsere sogenannten Eliten überhaupt noch ein Gefühl dafür haben, was geht und was nicht.

Es darf erheblicher Zweifel angemeldet werden, ob die einstmals (es war 1980) von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger bildhaft skizzierten „sauren Wiesen“ wirklich trocken gelegt wurden.

Den Oberpinzgau kenne ich recht gut. Vor 25 Jahren habe ich mit meinem Vater in eigentlich jedem Dorf Station gemacht. Vormittags Workshop für Schülerinnen und Schüler - abends Konzert in der örtlichen Turnhalle. Krimml, Uttendorf, Mittersill, Piesendorf, Zell am See, Neukirchen, Bramberg.

Wunderschöne, idyllische Dörfer waren das damals, die mir den Eindruck vermittelten, dass dort Mensch und Natur noch in Einklang lebten.

Heuer bin ich wieder einige Male in der Region gewesen und war einigermaßen schockiert: Hotelburgen, Chalet-Neubauten, Baustellen allerorten, tägliche Verkehrskollapse an der B 168 und Ortschaften, die ich teilweise nicht wiedererkannte. Und dann die ORF-Doku Donnerstagabend, die meinen Eindruck aus dem Sommer bestätigte. Bürgerinnen und Bürger, die wütend gegen den Ausverkauf ihrer Heimat zu Felde ziehen. Betroffene, die aus Angst vor Repressalien nicht an die Öffentlichkeit gehen können, mutige Bürgerinitiativen die, trotz Einschüchterungen und Drohungen, Widerstand leisten und zumeist hilflose Kommunalpolitiker, die ratlos und auch ein bisschen überfordert zu sein scheinen. Und dazu Landespolitiker, die ankündigen, dass man jetzt endlich genau wissen wolle, wie viele Zweitwohnsitze es in Salzburg gäbe und außerdem in Zukunft viel härter gegen Missbrauch vorgegangen werde.

Da fragt man sich: Wer prägt seit Jahrzehnten die Salzburger Landespolitik? Wer trägt die Verantwortung für eine teils verfehlte Raumordnungspolitik, die Immo-Investoren, die auf Kosten der Einheimischen und der unwiederbringlichen Zerstörung der Natur das große Geld machten, Tür und Tor öffnete?

Jetzt wo Bürgerinnen und Bürger auf die Barrikaden gehen, zeigt man sich plötzlich geläutert und kündigt eine härtere Gangart an. Dabei hat man bei dem Treiben lange Spiel mitgespielt. Da half ein guter Draht ins Gemeindeamt oder die richtige Parteizugehörigkeit. Dann gingen die Verfahren auf einmal schneller.

Ich weiß schon, meist heißt es dann: „Alles nach Recht und Gesetz.“ Nur ist das viel zu wenig und außerdem ein Armutszeugnis für Entscheidungsträger, die mit gutem Beispiel voran gehen sollten. Aber es geht tiefer, es geht um mehr: Was ist anständig? Wie schützt man die Natur und damit unser natürliches Erbe, das wir an die nächsten Generationen weitergeben wollten? Geht es nur um maximalen Profit? Wo bleibt der Mensch? Eines ist doch klar: nur weil manches strafrechtlich nicht relevant ist, muss es moralisch noch lange nicht in Ordnung sein.

Aber die Bundespolitik lebt es ja vor. Da werden Casino-Vorstände mit Millionen-Gagen in den Urlaub verabschiedet, Ex-Politiker mit lukrativen Posten versorgt, teure Gelage mit Steuergeld veranstaltet, auf Ibiza österreichisches Wasser und Medien zum Verkauf angeboten, Gesetzesvorlagen mit Unternehmen im Vorfeld abgestimmt etc. Der versprochene neue Stil - es war Politik uralt. Zeit für Veränderungen.

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