EU tief gespalten

Griechenland warnt vor „neuer Migrationskrise“

Ausland
21.11.2019 22:17

Mit eindringlichen Worten hat der für Bürgerschutz zuständige griechische Minister Giorgos Koumoutsakos am Donnerstag in Wien im Rahmen einer Konferenz zur Zukunft der EU-Migrationspolitik vor einer neuen, bevorstehenden Migrationskrise in Europa gewarnt. Die Union ist in der Frage weiter tief gespalten - das zeigte die Eröffnungsdiskussion, an der auch Minister aus Ungarn und Malta teilnahmen, einmal mehr sehr deutlich.

Es sei ein „dramatischer Anstieg“ der Ankünfte zu verzeichnen, erklärte Koumoutsakos bei der zweitägigen, von dem Thinktank „International Centre for Migration Policy Development“ (ICMPD) organisierten Konferenz. Zwar sei man nicht in der Situation wie 2015, doch entstehe eine „neue Krise“. Gerade die Länder an den EU-Außengrenzen würden alleine gelassen. Ohne Hilfe und Solidarität für eben diese Länder sei Migration aber nicht kontrollierbar, sagte er in Richtung des ungarischen Außenministers Peter Szijjarto, der zuvor dafür plädiert hatte, Migration endlich zu stoppen.

Ungarns Außenminister: Strikte Linie ist „Wille des Volkes“
„Wenn sie unsere Geschichte betrachten, werden sie sehen, dass es möglich ist, Migration zu stoppen“, so Szijjarto mit Blick auf die südliche Grenze. Und auch entlang anderer Migrationsrouten sei dies möglich, zeigte er sich überzeugt. Wenn Griechenland es nicht schaffe, seinen Schengen-Verpflichtungen nachzukommen, müsse es eben nach Hilfe fragen, entgegnete er seinem griechischen Amtskollegen lapidar.

Ungarn vertrete eine „sehr starke Anti-Migrationspolitik“, wofür es oft an den Pranger gestellt werde. Doch sei die strikte Linie nur der „Wille des Volkes“, so der Fidesz-Politiker. „Wir haben sehr klar gesagt, dass es keine legalen und humanitären Gründe gibt, zu uns zu kommen.“ Zwar sprach sich Szijjarto für stärkeren Grenzschutz aus, grundsätzlich solle Migrationspolitik aber in den Händen der Mitgliedsländer liegen und nicht bei der EU.

Migration sei eine „gemeinsame Herausforderung“, die „gemeinsame Lösungen“ brauche, widersprach Koumoutsakos, der mehrmals Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten einforderte. Die Frage sei: „Gehen wir den Weg gemeinsam oder werden wir den Zusammenhalt der EU wegen dieses so kritischen Themas auf die Probe stellen?“

Malta für „positiveren Ansatz“, Portugal profitiert von Migration
Für einen solidarischen, europäischen Weg sprachen sich auch der maltesische Außen- und Handelsminister Carmelo Abela sowie die portugiesische Staatssekretärin für Integration und Migration, Claudia Pereira, aus. Malta trete für einen „positiveren, aktiveren Ansatz“ und insbesondere ein „neues Narrativ mit unseren afrikanischen Partnern“ ein, so Abela. Zwar werde dieser Prozess mehr Zeit in Anspruch nehmen, doch sei er nachhaltiger.

Auch Pereira hob die positiven Effekte von Zuwanderung auf ihr Land hervor. So sei Portugal wegen der schrumpfenden, alternden Bevölkerung auf Migration angewiesen und habe auch budgetär - etwa durch Steuern und Sozialabgaben - stark profitiert. Die Regierung arbeite deshalb auch an Programmen, um legale Migration zu erleichtern und Integration etwa durch mehr Portugiesisch-Kurse zu verbessern. Für die Erinnerung, dass es bei der Diskussion über Migration „immer noch um Menschen“ gehe, erhielt Pereira spontanen Applaus aus dem Publikum.

„Migrationsmüdigkeit“ in der türkischen Bevölkerung
Von „Migrationsmüdigkeit“ in der Bevölkerung berichtete neben dem griechischen Minister auch der Vizeinnenminister der Türkei, Ismail Catakli. Knapp vier Millionen Syrer hielten sich derzeit in der Türkei auf. „Diese Leute sind bei uns seit acht Jahren, was machen wir mit ihnen? Weitere acht Jahre warten?“, fragte er.

Gleichzeitig plädierte er dafür, sich stärker mit den Wurzeln von Migration zu befassen. Europa könne noch so hohe Mauern bauen - das werde die Leute nicht davon abhalten, nach Europa zu streben, sofern sich nichts an der Situation in ihren Herkunftsländern ändere, gab Catakli zu bedenken. Die Türkei hatte in der Vergangenheit mehrmals damit gedroht, die „Tore nach Europa“ für die Asylsuchenden zu öffnen.

Von 17 europäischen Staaten getragene Denkfabrik
Das ICMPD, dem der frühere ÖVP-Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger vorsteht, ist eine von 17 europäischen Staaten getragene Denkfabrik.

Sie unterstützt die Regierungen bei der Suche nach tragfähigen Lösungen für die mit Migration verbundenen Herausforderungen.

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