Umstrittenes Event

Rechte Tagung: Höbelt-Rede zu „Entgermanisierung“

Steiermark
21.11.2019 12:48

Ausgerechnet unmittelbar vor bzw. während der steirischen Landtagswahl findet in der Nähe von Graz eine umstrittene Herbsttagung von rechten Akademikern statt. Die Veranstaltung in Semriach, die am Freitag beginnt und bis zum Wahltag am Sonntag dauert, wird vom deutschen Institut für Staatsforschung zusammen mit dem Freiheitlichen Akademikerverband Steiermark organisiert. Das Thema lautet „Volk“, einer der Redner ist der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt, der über „Entgermanisierung“ referieren wird.

Das Institut für Staatsforschung IfS wurde unter anderem von dem rechten Verleger Götz Kubitschek gegründet und gilt als Denkfabrik der „Neuen Rechten“ in Deutschland. Die Anmeldung zur Veranstaltung erfolgt über den Grazer FP-Gemeinderat Heinrich Sickl, der schon als blauer Vermieter der Identitären in Graz Schlagzeilen gemacht hat. Am Donnerstag bedauerte Sickl die Kollision mit der Wahl: „Wir haben den Akademietermin schon vor einem Jahr angesetzt.“ Die frühere Wahl habe sich hingegen erst diesen Herbst ergeben.

Höbelt-Referat „Entgermanisierung? Österreich und Deutschland nach 1945“
Höbelt wird über das Thema „Entgermanisierung? Österreich und Deutschland nach 1945“ referieren. Linke Aktivisten haben aus diesem Anlass am Mittwoch eine Vorlesung Höbelts an der Uni Wien gestört und „Nazis raus“ skandiert. Die Aktivisten hielten im Hörsaal ein Banner mit der Aufschrift „Kein Raum für Nazis an der Uni“ hoch. Es wurden auch Zettel mit einer Auflistung von umstrittenen politischen Aktivitäten Höbelts verteilt. Von der ÖH der Uni Wien wird die nur wenige Minuten dauernde Aktion unterstützt. Die FPÖ forderte Konsequenzen für die Aktivisten.

„Volk“ als zentraler Begriff der Herbsttagung
Am Programm der Herbsttagung der Rechten stehen auch ein Vortrag des Juristen Thor von Waldstein über „Volk. Ein deutscher Begriff“, Nils Wegner spricht über die „Verzerrung des Volksbegriffs in den USA“ und Benedikt Kaiser über „Ethnizität und Exterritorialität“. Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek betonte, dass der Freiheitliche Akademikerverband keine Partei-Vorfeldorganisation sei.

Sickl weist Vorwürfe zurück
Dass seine Veranstaltung eine Tagung Rechtsextremer sei, weist Sickl zurück: „Diese Verortung liegt wohl daran, dass die befragten Experten dem linken Spektrum zuzuordnen sind.“ Auch die Nähe der Referenten zu den Identitären lässt er so nicht gelten: „Weil man einmal gemeinsam aufgetreten ist, heißt das noch nichts. Das erinnert mich ja schon an die ,Kontaktschuld‘ in der DDR.“

Bürgermeister fordert klärendes Gespräch
Am Donnerstag forderten viele Vertreter der Grazer Opposition den Rücktritt Sickls. Am Nachmittag meldete sich dann ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl - er ist in einer Koalition mit der FPÖ - mit einer Stellungnahme zu Wort: „Heinrich Sickl ist Gemeinderat einer Menschenrechtsstadt, deswegen fordere ich ihn auf, mir umgehend in einem persönlichen Gespräch seine für mich absolut nicht nachvollziehbaren Motive für solch eine Veranstaltung zu erklären. Sollte bei der Veranstaltung rechtsradikales Gedankengut und Ideen verbreitet werden, erwarte ich mir von Heinrich Sickl eine klare Distanzierung. Ich gehe davon aus, dass die Verantwortlichen in der FPÖ diese Angelegenheiten in ihren Reihen klären.“

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