SPÖ-Parteitag in NÖ

Faymann wird als Parteichef bestätigt und attackiert ÖVP

Niederösterreich
12.06.2010 17:40
Mit heftigen Attacken gegen den Koalitionspartner ÖVP hat sich SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann am Samstag beim Parteitag in der Vösendorfer Event-Pyramide den 700 Delegierten präsentiert. Danach wurde er als Parteichef bestätigt: Der Kanzler erhielt das Vertrauen von 93,8 Prozent der Stimmen, vor zwei Jahren hatte er kurz vor der Nationalratswahl 98,4 Prozent erzielt. Im Zentrum des Parteitags stand das Thema Verteilungsgerechtigkeit.

In seinem 45-minütigen Grundsatzreferat warnte der Regierungschef ausdauernd vor dem Neoliberalismus. Den Koalitionspartner kritisierte er vor allem wegen dessen Haltung zur Mindestsicherung. Für die SPÖ hätte Faymann gerne den Finanzminister zurück, freilich erst nach der nächsten Wahl.

Faymanns mehr solide denn mitreißende Rede fand trotzdem bei den Delegierten ordentlichen Anklang. Vor allem in jenen Passagen, in denen er die SPÖ gegenüber der ÖVP in Position brachte, konnte der Kanzler lange anhaltenden Beifall des Parteivolks gewinnen, speziell als er die Volkspartei wegen der Verknüpfung von Mindestsicherung und Transparenzdatenbank tadelte.

"Wir können die ÖBB auch ohne Lopatka entwickeln"

Ins Visier nahm der SPÖ-Chef da vor allem ÖVP-Hauptverhandler Karlheinz Kopf: "Solche Leute brauchen wir nicht, die bei der Armutsbekämpfung eine Krot schlucken müssen." Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka wiederum geriet ins Kanzler-Schussfeld wegen seines Feldzuges gegen die ÖBB: "Wir brauchen keinen Lopatka, um zu wissen, wie die Eisenbahn zu entwickeln ist." Dafür gebe es in der SPÖ mit Verkehrsministerin Doris Bures und Eisenbahn-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl Leute, die sich wirklich auskennen.

Auch Vizekanzler Josef Pröll blieb von Faymann nicht verschont. Dessen Nein zur gemeinsamen Schule sei bald eine "personifizierte Einzelmeinung". Zudem reklamierte der SPÖ-Chef wieder den Posten des Finanzministers für seine Partei - weil man ja sehe, wo man mit ÖVP-Finanzministern hinkomme, wies Faymann auf den Schuldenstand Österreichs hin, der von Pröll sogar in Inseraten der Bevölkerung nahe gebracht werde.

Kampf für Arbeitnehmer-Rechte als Leitmotiv

Leitmotiv des Faymann-Referats war freilich der Kampf für Arbeitnehmer-Rechte und gegen den Neoliberalismus: "Es ist die Zeit für Gerechtigkeit gekommen, weit über unsere Parteigrenzen hinaus", gab der SPÖ-Chef das Parteitagsmotto wieder. Dass das nicht einfach wird, versuchte der Kanzler seinen Delegierten mit Blick auf Europa klar zu machen, gebe es doch in der EU zwei Drittel konservative Regierungschefs: "Wir sind mit unserer Werthaltung in der Minderheit."

Ungeachtet dessen müsse man sich mit aller Härte ungerechten gesellschaftspolitischen Entwicklungen entgegenstellen: "Wir müssen gegen den Strom antreten", warb Faymann für das geplante europäische Bürgerbegehren zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer: "Die Neoliberalen haben uns lange genug in die Irre geführt. Wir müssen stärker werden als sie."

Ansonsten betonte Faymann einmal mehr bekannte Positionen, so schloss er etwa die Einführung der Studiengebühren aus, auch wenn "Schlaumeier" diese bereits wieder vorbereiten wollten, warb für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen sowie für eine Ausweitung der Neuen Mittelschule. Ausländerfeindlichkeit erteilte der SPÖ-Chef eine deutliche Absage.

Rudas gab die Richtung vor

Vor Faymanns Rede hatte bereits Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas die Richtung des Parteitages vorgegeben: "Jene müssen einen Beitrag zur Reparaturarbeit leisten, die diese Krise zu verantworten haben. Wir haben die Ideen und die Kraft, unser Land und Europa gerechter zu machen und heute ist der Tag, an dem wir das ganz deutlich zeigen wollen", erklärte sie.

Beim Betreten der Pyramide war Faymann von der SJ und der SPÖ-Linken empfangen worden, die mit Plakaten "Umverteilung" forderten. Die SPÖ-Linken übergaben ihm dabei einen "Schutzbrief - Die Umfallvorsorge". Vertreten war am Parteitag auch Parteiprominenz wie etwa Hannes Androsch und Beppo Mauhart. Neben den Regierungsmitgliedern und den Landesparteichefs nahm in der ersten Reihe auch Faymanns Vorgänger Alfred Gusenbauer Platz.

SPD-Chef Gabriel als Gastredner

In den neun Leitanträgen wird unter anderem über vermögensbezogene Steuern, eine Bankenabgabe und eine eingeschränkte Absetzbarkeit von Managergehältern geredet. Beschlossen werden soll auch ein Reißverschluss-Prinzip für die Erstellung von Wahllisten, um den Frauenanteil in Parlament und Landtagen zu erhöhen.

Als Gastreferenten haben die Sozialdemokraten den Chef der deutschen SPD Sigmar Gabriel gewonnen. Ist der Parteitag geschlagen, wird bei der SPÖ gefeiert. Faymann bittet die Delegierten und rund 2.000 Gäste zum traditionellen Sommerfest, das heuer wieder im Gartenhotel Altmannsdorf ausgetragen wird.

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