SPÖ-Parteitag

Faymann als Chef bestätigt – ÖVP scharf attackiert

Österreich
13.06.2010 09:09
Werner Faymann bleibt SPÖ-Chef - und das mit einem erstaunlich hohen Votum. Trotz Niederlagen-Serien bei den letzten Wahlen vertraute der Parteitag in Vösendorf mit 93,8 Prozent dem Vorsitzenden für weitere zwei Jahre die Partei an. Vor zwei Jahren hatte Faymann kurz vor der Nationalratswahl 98,4 Prozent erzielt. Der alte und neue SPÖ-Chef hatte sich der Basis davor mit einer klassenkämpferischen Rede empfohlen - in der auch der Koalitionspartner ÖVP nicht ungeschoren blieb.

Hitzig war der Parteitag nur, was die Temperaturen anging. In der Pyramide von Vösendorf herrschte ägyptisches Klima. Ob dadurch jeglicher Widerstand gegen den Kanzlerkurs ausblieb oder wegen dessen neuer Positionierung als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, bleibt ungeklärt.

Heftige Attacken gegen die ÖVP
Faymann versuchte jedenfalls getreu dem Parteitagsmotto "Zeit für Gerechtigkeit", den Kampf für Arbeitnehmer und Arme in den Vordergrund zu stellen. Dass die ÖVP die Mindestsicherung blockiert, wurde vom SPÖ-Chef heftig getadelt. Es gehe nicht an, nur Bankenpakete mit einem Lächeln zu begleiten, richtete der Kanzler dem Koalitionspartner aus und nahm vor allem dessen Klubobmann Karlheinz Kopf ins Visier: "Solche Leute brauchen wir nicht, die bei der Armutsbekämpfung eine Krot schlucken müssen."

Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka wiederum geriet ins Kanzler-Schussfeld wegen seines Feldzuges gegen die ÖBB: "Wir brauchen keinen Lopatka, um zu wissen, wie die Eisenbahn zu entwickeln ist." Dafür gebe es in der SPÖ mit Verkehrsministerin Doris Bures und Eisenbahn-Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl Leute, "die sich wirklich auskennen".

Auch Vizekanzler Josef Pröll blieb von Faymann nicht verschont. Sein Nein zur gemeinsamen Schule sei bald eine "personifizierte Einzelmeinung". Zudem reklamierte der SPÖ-Chef wieder den Posten des Finanzministers für seine Partei - weil man ja sehe, wo man mit ÖVP-Finanzministern hinkomme, wies Faymann auf den Schuldenstand Österreichs hin, der von Pröll sogar in Inseraten der Bevölkerung nahe gebracht werde.

Schützenhilfe durch SPD-Chef Gabriel
Dass Faymann lange Zeit nicht als glühender Europäer galt, versuchte er mit einer ausführlichen internationalen Passage zu wegzuwischen. "Wir müssen gegen den Strom antreten", warb der SPÖ-Chef für das geplante europäische Bürgerbegehren zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer: "Die Neoliberalen haben uns lange genug in die Irre geführt. Wir müssen stärker werden als sie."

Das Bürgerbegehren treibt der Kanzler mit dem Chef der deutschen SPD, Sigmar Gabriel voran. Der dankte ihm die Unterstützung mit dem Besuch der "politisch höchstbesetzten Sauna Österreichs", wie Wiens Bürgermeister Michael Häupl scherzte. In einer deutlich mitreißenderen Rede als jener Faymanns forderte der deutsche Gast Regeln für die internationalen Finanzmärkte und wehrte sich gegen Debatten über "Sozialschmarotzer und Sozialbetrüger", ähnliche Töne schlug später der zweite Gast, Martin Schulz, sozialdemokratischer Fraktionschef im Europaparlament, an.

Auch intern hatte Faymann an diesem Samstag nichts zu befürchten. Selbst der stets kritische steirische Landeshauptmann Franz Voves hielt still und gab sich damit zufrieden, dass sich der Kanzler mit ihm vor einem Transparent ablichten ließ, das sich gegen Spitälerschließungen in der Steiermark wandte. Dass Faymann Schließungsgedanken gar nicht mehr hochkommen lassen sollte, machte auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller klar. Vielmehr plädierte die Landeshauptfrau dafür, regionale Spitäler aufzuwerten. Eine Resolution gegen Spitalsschließungen wurde vom Parteitag einstimmig angenommen.

Mit 93,8 Prozent der Stimmen bestätigt
Schließlich hatte kaum noch mehr jemand Lust, sein Mütchen an der Wahlurne zu kühlen. Faymann erhielt 93,8 Prozent und damit etwas weniger als bei seiner ersten Kür vor zwei Jahren, als er kurz vor der Nationalratswahl mit 98,4 Prozent auf den Chefsessel gehoben worden war. Auch sämtliche anderen Präsidiumsmitglieder konnten sich klar behaupten. Durchgewunken wurden die neun Leitanträge, die unter anderem Finanztransaktionssteuer, vermögensbezogene Steuern und ein Bekenntnis zur gemeinsamen Schule enthielten. Etabliert wurde ein Reißverschlussprinzip für Wahllisten, mit dem der Frauenanteil sowohl in den Ländern als auch im Bund angehoben werden soll.

Kanzlerfest zum Abschluss - Gewitter nach Faymann-Rede
Nach der Hitze in der Vösendorfer Pyramide hatte es für SPÖ-Chef Werner Faymann am Abend beim Kanzlerfest erfrischende Abkühlung gegeben. Dabei war der Wettergott dem Parteichef recht gnädig und ließ ihn seine Rede vor den rund 3.500 Gästen noch zu Ende bringen. Fünf Minuten danach brach ein heftiges Gewitter über das Gartenhotel Altmannsdorf herein. Der Stimmung tat dies nach dem SPÖ-Parteitag am Samstag aber nur geringfügig Abbruch.

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